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Schattenturm

Schattenturm

Titel: Schattenturm
Autoren: Alex Barclay
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Sondereinsatztruppe und die Experten für Geiselverhandlungen stehen bereit …«, sagte Crane, doch niemand hörte ihm mehr zu.
    Joe rannte los.
    Donald Riggs hatte die Ecke Hundertvierundfünfzigste Straße erreicht. Er wippte auf dem Fahrersitz vor und zurück, während seine kräftigen Finger das Lenkrad umklammerten und sein Blick wachsam umherschweifte, ohne dass er etwas Ungewöhnliches bemerkte. Doch plötzlich war seine Aufmerksamkeit geweckt. Hinter ihm fuhr ein schwarzer Ford Taurus auf den Bordstein, und ein dunkelblauer Crown Vic überholte den Ford. Sofort schrillten in Riggs’ Innerem sämtliche Alarmklingeln. Er fuhr weiter, atmete flach und verringerte die Geschwindigkeit, bis er an der nächsten Ecke hielt. Das jäh einsetzende hektische Treiben ließ seine Anspannung weiter wachsen. Riggs sah, wie am Eingang des Parks zwei Männer aus dem Lieferwagen eines Paketdienstes stiegen. Sie eilten zur Rückseite des Wagens und rissen die Türen auf. Zwei Männer sprangen heraus. Im Innenspiegel beobachtete Riggs, dass nun auch der dunkelblaue Crown Vic wieder in sein Blickfeld rückte und mit einem riskanten Manöver auf die falsche Fahrspur wechselte.
    Riggs rutschte auf den Beifahrersitz, riss den Rucksack an sich, stieß die Tür auf, sprang aus dem Wagen und rannte in Richtung Park. Als Maller und Holmes Sekunden später mit kreischenden Reifen hielten, umstellten die vier FBI-Agenten in den Uniformen des Paketdienstes Riggs’ Wagen.
    »Los, los, los!«, brüllte Maller, als er sah, dass sie ein leeres Fahrzeug umstellt hatten. Die Männer stürmten in Richtung Park.
    »Du hast meinen Pieper benutzt!«, rief Hayley begeistert und zeigte auf den Gürtel, der um ihre Taille lag, sowie auf das schwarze Kästchen mit dem blinkenden gelben Licht. Ihre Mutter erhob sich verwirrt und hielt nach jemandem Ausschau, der ihr sagen konnte, was für ein Gerät das war, doch tief in ihrem Innern wusste sie die Antwort.
    Ihr flehender Blick fiel auf Joe.
    »Du Miststück, verdammtes Miststück …« Donald Riggs rannte keuchend durch den Park, den Rucksack unter den Arm geklemmt, und konzentrierte sich auf einen kleinen schwarzen Gegenstand in seiner Hand. Abrupt blieb er stehen, die Augen weit aufgerissen, den Blick leer. Seine körperlichen und geistigen Kräfte waren aufgebraucht. Als ein letztes Zucken durch seinen Körper ging, drückte der Daumen seiner rechten Hand instinktiv auf den Knopf des Auslösers. Elise Gray kannte ihr Schicksal. Ein letztes Mal umarmte sie ihre kleine Tochter und drückte sie verzweifelt an ihre Brust. »Ich liebe dich, mein Schatz! Ich liebe dich!« Dann zerriss die Explosion die beiden Körper. Ein ohrenbetäubender Knall ertönte. Das grelle Licht stach in Joes Augen, der fassungslos zusah. Ein grotesker Konfettiregen aus roten und weißen Fetzen, Blättern und Borkensplittern ging an der Stelle nieder, wo Mutter und Tochter noch Sekunden zuvor gestanden hatten.
    Joe war wie erstarrt. Er bekam keine Luft mehr. Wieder spürte er das Pochen und den Druck im Kiefer. Seine Augen tränten. Dann erst wurde ihm klar, dass sein Gesicht auf dem warmen Asphalt lag. Mühsam erhob er sich. Er zitterte am ganzen Körper.
    Das Funkgerät an seinem Gürtel gab ein statisches Knistern von sich.
    Maller meldete sich: »Wir haben ihn verloren, Joe. Er ist im Park, in der Nähe vom Spielplatz, und kommt auf dich zu …«
    Grenzenlose Wut erfasste Joe.
    »Deine Mama war kein braves Mädchen, Hayley! Deine Mama hat mich verscheißert!«, brüllte Riggs mit verzerrtem Gesicht und wühlte in der Innentasche seines Mantels, während er lief, so schnell er konnte.
    Plötzlich brach Joe zwischen den Sträuchern hervor, die 9mm-Glock im Anschlag, und schnitt Riggs den Weg ab.
    »Hände über den Kopf !«, brüllte er.
    Riggs hob den Blick. Sein Arm schnellte in hohem Bogen nach rechts und wieder zurück, als Joe ihm sechs Kugeln in die Brust verpasste. Riggs wurde nach hinten geschleudert, prallte auf den Rücken und lag regungslos da, starrte mit leerem Blick zum Himmel, die Arme ausgestreckt, die Handflächen geöffnet.
    Joe ging zu ihm und suchte nach einer Waffe, obwohl er wusste, dass er keine finden würde.
    In Riggs’ geöffneter Hand lag eine braun-goldene Anstecknadel: ein Wüstenbussard mit leicht geöffneten Schwingen und zur Erde gerichtetem Schnabel. Riggs hielt die Nadel im Tod so fest umklammert, dass sie sich in die Handfläche gebohrt hatte.

STAATSGEFÄNGNIS ELY, NEVADA
     
    Zwei Tage
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