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Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Titel: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse
Autoren: Tanja Heitmann
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den Levanders nicht nett? Hast du deshalb so eine miese Laune? Ach, komm schon, Sam, hör auf, mich zu ignorieren, und quatsch ein paar Takte mit mir. Du machst es uns beiden ganz schön schwer mit deiner Sturheit. Schau mal, wenn du mich ständig nur anschweigst, dann muss ich mir meine Infos eben von woanders herholen. Und dann reime ich mir zwangsläufig einiges selbst zusammen. Das ist mein Job, verstehste? Ich muss nun einmal was bei meiner Zeitung abliefern. Mir schwebt gerade folgender Artikel fürs morgige Blatt vor: › Nach der ersten Willkommensfreude, die Samuel Bristol ( 18 J.) nach seiner Rückkehr entgegengebracht wurde, kippt die Stimmung. Denn der junge Mann hält gegen jede Vernunft daran fest, über die Monate seiner Abwesenheit zu schweigen, obwohl er vielen Menschen damit Kummer zufügt. Sogar vonseiten der Familie seiner Freundin Jessica schlägt ihm mittlerweile Verdruss entgegen. ‹«
    »Sie haben vergessen, hinter ›Jessica‹ eine Klammer mit der Anmerkung ›Name von der Reaktion geändert‹ einzufügen. So gut haben Sie Daniel Levander doch bereits kennengelernt, dass Sie weder seinen Namen noch den eines Familienmitglieds in Ihren Lügenmärchen erwähnen dürfen. Sie hätten besser auf Ihre sichere Quelle hören sollen, dass der Mann ein harter Brocken ist, dann wäre Ihnen eine Abmahnung erspart geblieben, Kraachten.«
    Kaum hatte ich den Satz zu Ende gebracht, da hätte ich mich auch schon in den Hintern beißen können. Warum hielt ich nicht meinen Mund? Das war nämlich die einzige Möglichkeit, wie man mit diesem schmierigen Lokalreporter fertigwurde.
    Seit der Pressekonferenz, die nach meinem unverhofften Wiederauftauchen von Polizei und Staatsanwaltschaft abgehalten worden war, hatte ich einiges an Journalisten kennengelernt. Die meisten waren professionell und ließen von mir ab, sobald sie merkten, dass ich außer der offiziellen Version der Ereignisse an der Klippe nichts erzählen würde. Vermutlich war meine Geschichte für ihre Blätter ohnehin nicht spektakulär genug, und sie wollten lieber noch einen Strandspaziergang machen, als sich mit einem einsilbigen Kerl wie mir herumzuplagen, der vermutlich gar kein Geheimnis verbarg, sondern sich lediglich mit Schwarzarbeit über Wasser gehalten hatte, bevor ihn das Heimweh zurücktrieb. So klangen dann auch die meisten ihrer Artikel und ich war ausgesprochen froh darüber.
    Nur Joffe Kraachten von St. Martins »Treibgut«, einem gewöhnlichen regionalen Wochenblatt, das hauptsächlich über Schultheateraufführungen und die Verwüstungen bei unangemeldeten Strandpartys berichtete, wollte sich mit so einer langweiligen Story nicht zufriedengeben. Vielmehr hatte nach meiner Wiederkehr ein ansonsten brachliegender journalistischer Instinkt bei Kraachten angeschlagen. In meiner Geschichte sah er seine große Chance auf einen Karrieresprung. Den Kontakt zu einer größeren Zeitung gab es schon, wie er nicht müde wurde, mir unter die Nase zu reiben. Ob das nun stimmte oder nicht, er hing jedenfalls an meiner Spur wie ein Bluthund, und wenn ich ihn nicht rasch abschüttelte, würde er am Ende noch etwas herausfinden, das wirklich über die Grenzen von St. Martin hinaus für Wirbel sorgte.
    Da ich mich weigerte, mich mit Kraachten zu unterhalten, geschweige denn seine aufdringlichen Fragen zu beantworten, hatte er so ziemlich jeden einzelnen Menschen angesprochen, der jemals etwas mit mir zu tun gehabt hatte. Das eindrucksvollste Ergebnis seiner Recherche bestand in einem Interview mit meiner Schwester Sina, die mir später unter Tränen erzählte hatte, wie Kraachten sie vorm Kindergarten abfing, als der vierjährige Kasper gerade, von einem Wutanfall heimgesucht, auf dem Gehweg lag und um sich trat. Obwohl Sina ihm lediglich steckte, dass ich mich ihr gegenüber niemals über meinen Vater beklagt und auch ansonsten keinerlei Anzeichen eines Problems hätte erkennen lassen, kamen ihre Äußerungen in dem Artikel, der angeblich den Hintergrund von Jonas’ Tat beleuchten sollte, vollkommen anders rüber. Darin war Sina eine labile Frau aus sozial schwachen Verhältnissen, die die Gewalttaten ihres alkoholkranken Vaters an ihrem jüngeren Bruder willentlich verheimlicht hatte und damit Verantwortung an dem trug, was schließlich in einer nächtlichen Messerstecherei endete.
    Allein die Unterstellung war komplett hirnrissig. Weder Sina noch ich hatten eine Ahnung davon gehabt, dass Jonas so weit gehen würde. Wie auch? Erst als
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