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Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Titel: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse
Autoren: Tanja Heitmann
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zu stellen, einen Job gegeben hat und mich im Wohnwagen wohnen lässt. Wenn wir im November bei der Surfschule alles abgebaut und winterfest gemacht haben, werde ich mich am Hafen nach einem Gelegenheitsjob umhören. Da findet man eigentlich immer was. Darüber hinaus möchte ich jetzt noch nichts planen. Mir ist es wichtig, anzukommen, mich wieder als Bestandteil dieser Welt wahrzunehmen. Alles andere muss warten.«
    Meine Mutter kam mit einem Arm voll Astern zur Terrassentür herein, das Haar so leuchtend rot, als wäre sie selbst eine Herbstblume aus ihrem liebevoll gehegten Garten. Sofort nahm sie meinen Vater ins Visier, der gerade zu weiterer Überzeugungsarbeit ansetzen wollte.
    »Der Junge hat vollkommen recht, Daniel. In Sams Leben ist in den letzten Monaten so viel passiert, dass er jetzt erst einmal eine Besinnungsphase braucht, in der er sich neu sortieren und die Dinge überdenken kann. Dafür kann er den Schulalltag mit seinen Anforderungen und Prüfungen nicht gebrauchen. Genauso wenig wie er Tipps von einem Luftikus wie dir braucht, mein werter Herr Sohn.« Rufus zog eine Grimasse, wovon sie sich jedoch nicht beeindrucken ließ. »Also hört auf, auf Sam einzureden, und zwar alle beide.« Reza breitete ihre Beute auf dem Esstisch aus, dann kniff sie eine der blutroten Blüten ab und warf mir einen Blick zu. »Wenn überhaupt jemand Einfluss auf Sams Entscheidungen nehmen darf, dann bist du das als seine Freundin. Was wünschst du dir denn für seine Zukunft?«
    Nachdenklich hielt ich inne, während meine Mutter die Blüte hinter mein Ohr steckte. Obwohl Sam das Thema Zukunft beharrlich mied und ich ihn nicht bedrängte, weil ich schon zufrieden war, ihn bei mir zu haben, hatte ich mir nichtsdestotrotz den Kopf darüber zerbrochen. Es lag mir auf der Zunge zu sagen, dass ich wünschte, er würde einen hieb- und stichfesten Zehn-Jahres-Plan vorlegen. In der Hinsicht war ich ganz Daniels Tochter, wobei dieser Wunsch vor allem meinem Bedürfnis geschuldet war, Sam an St. Martin gebunden zu sehen. Wer eine Freundin, ein Zuhause und ein Studium in Aussicht hatte, kam hoffentlich nicht in Versuchung, sich woanders umzusehen … etwa in der Sphäre. Meine Angst, Sam zu verlieren, war so groß, dass ich ihn am liebsten in Ketten gelegt hätte. Was von Grund auf verkehrt und egoistisch war. In schwachen Momenten, wenn ich in meinem Bett lag und Nikolais kalte Augen so dicht vor mir sah, dass ich unwillkürlich zu zittern begann, oder wenn die schrecklichen Albträume von Blut und Silber mich heimsuchten, mochte eine solche Denke in Ordnung sein. Ansonsten war ich es sowohl Sam als auch mir schuldig, ihn seine Entscheidungen frei treffen zu lassen.
    Mir das vor Augen haltend, antwortete ich: »Ich möchte für Sam, dass er glücklich ist. Am liebsten natürlich an meiner Seite, aber falls er sich für ein Leben außerhalb von St. Martin entscheiden sollte, würde ich das akzeptieren.«
    »Und das ist der Moment, in dem ich mich verabschiede, um kotzen zu gehen.« Rufus sprang von der Sofalehne, als hätte er auf einer Sprungfeder gesessen. Auf dem Weg zur Treppe griff er noch rasch nach seinem Handy, das auf dem Beistelltisch lag.
    »Ist das eine Umschreibung dafür, dass du dich verziehen willst, um meine beste Freundin mit einem deiner Stalkeranrufe zu belästigen?«, rief ich ihm nicht sonderlich beleidigt hinterher. Inzwischen war ich an Rufus’ genervte Reaktionen auf meine Liebesbeziehung zu Sam gewöhnt. Immer noch nicht gewöhnen konnte ich mich hingegen daran, dass er auffällig oft mit Lena telefonierte. Obwohl er es vor mir zu verheimlichen versuchte, wusste ich genau, was er vorhatte, wenn er sich mit seinem Handy in die unmöglichsten Ecken verzog. »Richte ihr aus, dass ich sie anrufe, sobald Sam zurück zu seinem Kurs muss. In einer Dreiviertelstunde ist nämlich Flut.«
    Rufus blieb mitten auf der Treppe stehen und ich konnte ihm vom Gesicht ablesen, wie er die Möglichkeiten abwog, mir eine Retourkutsche zu erteilen, ohne dabei etwas über sein Verhältnis zu Lena zu verraten, das ich ihr anschließend auf die Nase binden könnte. Die beiden hielten sich nämlich nicht nur bedeckt, was ihre Beziehung zueinander anbelangte, es machte sogar den Eindruck, als wären sie selbst unsicher, was da genau ablief. Also begnügte sich Rufus mit einem bissigen »Sehe ich aus wie der Nachrichtendienst?«, ehe er sich schleunigst verzog.
    Unterdessen wechselte Sam noch ein paar Sätze mit Daniel darüber,
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