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Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Titel: Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen
Autoren: Tanja Heitmann
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jetzt, wo du sechzehn bist«, erklärte Lena mir am Telefon, kein bisschen frustriert wegen meines Rückziehers. Wahrscheinlich saß mein Ersatz namens Julius schon auf dem Sofa und versprach ein besseres Unterhaltungsprogramm als ein schlichter Strandbesuch.
    Als ich nach dem Telefonat wieder ins Wohnzimmer kam, drehte sich immer noch alles um Rufus’ Zukunft. Es stellte sich gerade heraus, dass Reza bereits ihre Kontakte hatte spielen lassen und einen Job im Haus der Jugend klargemacht hatte. Normalerweise wäre Rufus angesichts so einer Bevormundung ausgeflippt, aber heute saß er nur wie dahingeschmissen auf dem Sofa und nickte brav. Ob er schlicht nicht die Energie aufbrachte, um sich zu widersetzen, oder ob ihm eine solche Ladung Realitätsbezogenheit einfach guttat, konnte ich nicht sagen. Vermutlich war es für ihn tatsächlich besser, seine Zeit mit einem unbezahlten Job im Haus der Jugend rumzubringen, als zuviel darüber nachzugrübeln, was er von Leuten mit Schwingen halten sollte. Mit den Kids Basketball zu spielen oder Hausaufgaben zu überwachen war ganz bestimmt das richtige Heilmittel gegen die Nachwirkungen seiner neuen Weltsicht.
    Gegen Nachmittag ließen meine fiesen Kopfschmerzen langsam nach und ich raffte mich dazu auf, meinen Bruder zu einem Spaziergang zu überreden. Zwar fühlte ich mich weiterhin verkatert von dem Zuviel an Erlebnissen der letzten Nacht und mir schossen die Gedanken nur so durch den Kopf. Trotzdem war es langsam an der Zeit, Rufus klarzumachen, was er da eigentlich zu sehen bekommen hatte, bevor er sich noch etwas Schreckliches auszudenken begann.
    Zuerst zickte er ein wenig herum. »Bist du bescheuert? Ich will bei dieser Hitze keinen Scheißspaziergang machen«, war so ziemlich das Netteste, was ich von ihm zu hören bekam. Damit hatte ich gerechnet und ließ entsprechend einfach nicht locker, bis wir auf den sonnigen Straßen von St. Martin unterwegs waren. Sprich: außerhalb der Hörweite meiner Eltern.
    Rufus nölte eine Zeit lang und ich musste mich schwer zusammenreißen, ihn deswegen nicht anzufahren. Ich verstand, dass er durcheinander war, aber mir ging es keineswegs besser. Noch immer glaubte ich den Windhauch zu spüren, mit dem Asami auf mich zugeflogen war.
    »Nun gib endlich Ruhe und lass mich erzählen«, forderte ich meinen Bruder auf. Zu meiner Verwunderung hielt er tatsächlich inne und blickte mich mit großen Augen an.
    »Ich weiß, wie es dir geht. Vermutlich wird es auch erst einmal nicht anders sein, wenn ich mit dem Erzählen fertig bin. Aber Bescheid zu wissen, ist auf jeden Fall besser, als sich weiter zu fragen, wieso Sam auf einmal Flügel gewachsen sind und wie er das mit deiner Gedächtnislücke hingekriegt hat.«
    Kurz zuckte Rufus zurück, dann nickte er ergeben. Ich sammelte mich einen Augenblick, dann fing ich an, ihm alles, was ich über die Schattenschwingen und die Sphäre wusste, zu erzählen. Nun, nicht alles. Meine Vermutungen über den Sinn der Versammlung ließ ich aus, schließlich wusste ich noch nicht, ob ich wirklich richtig gelegen hatte. Und auch was passiert war, während ich ohnmächtig gewesen war, erzählte ich lieber nicht. Es war einfach zu beängstigend.
    Als ich mit meinem Bericht fertig war, musste ich zugeben, dass Rufus es verhältnismäßig locker wegsteckte - aber eben nur verhältnismäßig. Andere hätten wahrscheinlich herumgeschrien und getobt, vielleicht sogar geweint oder alles schlichtweg geleugnet. Rufus sah dagegen nur so aus, als müsste er sich gleich übergeben. Ein paar Mal hatten wir auf unserem Spaziergang anhalten müssen, weil er die Hände vors Gesicht geschlagen und ein fürchterliches Stöhnen von sich gegeben hatte.
    »Ach, komm schon, das ist doch alles halb so wild«, flüsterte ich ihm zu, deutlich mutiger, als ich mich in Wirklichkeit fühlte. »Dann ist unsere Welt eben nicht die Einzige in diesem Universum. Du bist doch ansonsten immer ganz scharf auf Abenteuer, jetzt hast du mal ein echtes erlebt.«
    »Du willst mich wohl auf den Arm nehmen.« Rufus klang etwas schlapp, aber nichtsdestotrotz nahm er endlich die Hände vom Gesicht. »Das ist alles ganz grauenhaft. Sam mit Schwingen, das ist mir einfach’ne Nummer zu heftig. Warum bin ich Blödmann bloß allein auf dieser Steilklippe rumgestromert? Hätte ich nicht einfach zu Hause auf dich warten können, nachdem du mich versetzt hast? Ich hab mir übrigens tierische Sorgen gemacht, als du zu unserer Verabredung einfach nicht
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