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Schattenschmerz

Schattenschmerz

Titel: Schattenschmerz
Autoren: Rose Gerdts
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sie kam ihm zuvor. «Gar nicht so übel, Germershausen. Jetzt musst du es nur noch glauben.» Sie winkte ihm zu. «Viel Glück.»
    Hasso von Germershausen riss die Arme hoch, als wollte er die Frau packen und schütteln.
    «Was willst du, du Hexe? Dass ich hier vor dir in die Luft fliege?» Seine Stimme überschlug sich. «Du bist ja verrückt!»
    Sie pfiff durch die Zähne. «Wenn ich verrückt bin», sagte sie und betonte jedes einzelne Wort, «was bist du dann?»
    Dann beugte sie sich zu dem Stativ runter, schaute demonstrativ durch den Sucher der Kamera und justierte das Gestell neu.
    «Mach ein freundliches Gesicht, Germershausen. Schon bald werden dich Millionen Menschen im Internet bewundern.»
    Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, ging sie in die Hütte zurück und zog die Tür hinter sich zu.
    «Neiiiiin!»
    Der langgezogene Schrei verhallte zwischen den Bäumen. Das Letzte, was Hasso von Germershausen von der Frau sah, war ihre Hand, die die Holzläden vorm Fenster zuzog und verriegelte.
    Dann war er allein.

[zur Inhaltsübersicht]
    44
    Im letzten Moment riss Steenhoff das Lenkrad nach rechts, um einer sandigen Vertiefung im Feldweg auszuweichen. Gleich nachdem die vier Ermittler in ihren Fahrzeugen von der Hauptstraße abgebogen waren, hatten sie die Scheinwerfer an ihren Wagen ausgeschaltet. Wolken überzogen den fahlen Halbmond. An manchen Stellen sahen sie kaum die Hand vor Augen. Petersen hatte schließlich vorgeschlagen, dass die Beifahrer mit einer Taschenlampe vorangingen und den Weg notdürftig ausleuchteten.
    Auf diese Art brauchten sie fast eine Viertelstunde, bis sie in die Nähe der von dem Pfleger beschriebenen Hütte kamen.
    Rund hundert Meter vor ihrem Ziel stiegen sie aus ihren Fahrzeugen, löschten das Licht und sprachen sich flüsternd ab. Dann gingen sie in Zweiergruppen los. Hans Jakobeit und Michael Wessel sicherten Steenhoff und Petersen. In der Dunkelheit blitzte Wessels Waffe für Sekundenbruchteile auf. Die letzten Meter bis zum Grundstück des Pflegers liefen sie nur noch geduckt.
    Es war weit nach Mitternacht. Dunkel und verlassen lag die Hütte vor ihnen. Nichts deutete darauf hin, dass sich Maren Krohn an diesem abgelegenen Ort mit ihrem Gefangenen aufhielt.
    Minuten verstrichen. Nichts schien sich an dem stillen Bild vor ihnen zu verändern.
    «Ich gucke mir die Hütte mal genauer an. Ihr sichert mich», befahl Steenhoff.
    «Immer zu zweit», erinnerte ihn Petersen an eine der Regeln aus ihrer Ausbildungszeit. Sie erhob sich und wollte ihm nachgehen. Wessel hielt sie an der Schulter fest.
    «Ich gehe mit Frank», sagte er bestimmt. Bevor Petersen protestieren konnte, glitt er an ihr vorbei und eilte Steenhoff hinterher.
    «Was soll das?», zischte Petersen.
    Hans Jakobeit zuckte die Schulter. Angestrengt schaute er wieder in die Richtung, in die die beiden Männer gelaufen waren. Dann gab er ihr plötzlich einen leichten Stoß mit dem Ellenbogen.
    «Jetzt wir», flüsterte er.
     
    Vorsichtig näherten sich Steenhoff und Wessel der Hütte.
    Sie hatten die Hälfte des Weges fast hinter sich gebracht, als sie das Wimmern eines Menschen zusammenzucken ließ. Ein Schauer lief Steenhoff über den Rücken.
    Wessel deutete mit seiner Waffe auf etwas, das im ersten Moment in der Dunkelheit wie ein Findling aussah. Als sie näher gingen, erkannten sie, dass es kein Stein, sondern ein Mensch war. Der Mann kauerte am Boden, die Arme eng um den zitternden Körper geschlungen. Er war nur mit einer Radlerhose und einem dünnen Trikot bekleidet. Das Wimmern wurde lauter.
    «Germershausen!», entfuhr es Steenhoff aus purer Erleichterung lauter als gewollt.
    Mit wenigen Schritten waren sie bei ihm. Wessel sprach den Mann leise an und beugte sich zu ihm herunter.
    Steenhoff ließ währenddessen die Hütte und das umliegende Gelände nicht aus den Augen. «Ist er verletzt?», erkundigte er sich leise.
    «Nein. Sieht nicht so aus.»
    Wessel sagte etwas zu Hasso von Germershausen, das Steenhoff nicht verstand. Zugleich legte er ihm eine Hand auf den gekrümmten Rücken.
    Die Laute, die der Unternehmer ausstieß, hatten nichts Menschliches an sich.
    «Was ist mit ihm?», fragte Steenhoff irritiert.
    «Scheint völlig fertig», antwortete Wessel knapp. «Vielleicht ein Schock. Ich glaub, er ist stark unterkühlt.»
    Hinter sich hörten sie Petersens Stimme. «Hier. Gebt ihm meine Jacke.» Flink zog sie sich ihre Lederjacke aus und reichte sie Wessel. Dann begann sie sanft, auf den Mann
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