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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz
Autoren: Ulrike Bliefert
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mich nicht so auf die Folter!«
    Â»Die Mühlbeck ist raus, um ’ne Vase zu holen, und ich hab ihr hinterhergerufen, dass sie die Rosenstängel unbedingt anschneiden muss. Bei frisch geschnittenen Rosen ist das zwar Unsinn, aber sie hat’s gemacht.«
    Â»Und in der Zwischenzeit bist du zum Aktenschrank, K wie Kowalski, Akte raus, Zeitungsausschnitt in den Kopierer, Akte wieder zurück und fertig?«
    Anatol nickte.
    Â»Wow!« Malin war beeindruckt. »Und ich hab am Anfang gedacht, du bist eher ’n Schiss…« Sie unterbrach sich erschrocken.
    Â»Schisser«, konstatierte Anatol. »Schon verstanden. Alles klar.« Er tat einen Moment lang so, als sei er beleidigt, dann lachte er bitter auf. »Was diese Psychosmarties so alles fertigbringen, was?«
    Â»Wieso? Bist du neuerdings auf Speed? Oder Happy Pills?«
    Â»Nee. Auf gar nichts. Erst mal. Wegen der Untersuchungen, die sie nächste Woche mit mir anstellen wollen. Ich schätze mal, auf bipolar oder schizo.«
    Â»Und?«
    Â»Ich bin weder das eine noch das andere.«
    Â»Aber?«
    Â»Nichts aber.« Anatol zuckte die Achseln. »Sollen die mich doch in die Röhre stecken und mir den Hirnkasten scheibchenweise durchleuchten, wenn’s ihnen Spaß macht.«
    Â»Was?! Sag mal, spinnst du? Willst du denn nicht so schnell, wie’s geht, wieder hier raus?«
    Â»Wozu? Ist doch super hier! Essen, Trinken, Wohnen umsonst und jede Menge Zeit, in Ruhe zu lesen.«
    Â»Aber du kannst doch nicht den Rest deines Lebens in der Psych verbringen!«
    Â»Kommt drauf an, wie lange das mit meinem Leben noch geht.«
    Â»Boah, jetzt fang bloß nicht wieder mit dieser Selbstmord-Nummer an! Wir haben schließlich ’ne Vereinbarung!«
    Â»Ja, schon, aber die geht nur bis …«
    Weiter kam er nicht. Der Kleinlaster von Beckers Garten- und Landschaftsbau zockelte geräuschvoll über das Kopfsteinpflaster und kam unmittelbar vor ihnen zum Stehen.
    Â»Svenni? Was ist denn los?« Anatol und der Fahrer begrüßten sich mit High five. »Seit wann arbeitet ihr denn am Wochenende?«
    Â»Mensch, Alter, wer spricht denn hier von arbeiten? Ich hol bloß ’n paar Steine und ’n bisschen Teichfolie. Für meine Datsche. Merkt in der Firma kein Schwein. Und braucht auch keiner zu wissen, kapiert?«
    Verschwörerisches Schulterklopfen.
    Â»Und der Pförtner?«
    Â»Der olle Siewers? Der weiß Bescheid. Der hört und sieht nichts, was er nicht sehen soll. Der hat nämlich ’n Schrebergarten. Und da… Na ja, da hat er ab und zu mal ’n bisschen was für mich zu tun.« Svenni grinste und zwinkerte Malin zu. »Eine Hand wäscht die andere, verstehste?«
    Â»Verstehe.«
    Â»Okay, dann helft mir mal aufladen.«
    Das ist glasklar Diebstahl , dachte Malin, während sie gemeinsam mit Anatol Pflastersteine aufklaubte und auf der Ladefläche verschwinden ließ. Und mit Schwarzarbeit hat der gute Svenni scheinbar auch kein Problem.
    Andererseits gab ihr die Klau-Aktion Gelegenheit, sich bei Svenni – stellvertretend für seine Kollegen – für die Bluna-Schirm-Freiluftkantine erkenntlich zu zeigen.
    Â»Was ist denn ’ne Datsche?«, wisperte Malin Anatol zu, während Svenni die Teichfolie ausrollte.
    Â»Wochenendhaus, Ferienhaus, Laube. Hat man in der DDR so genannt. Kommt aus dem Russischen. Datscha.«
    Â»Aha.« Ganz hinten in Malins Hinterkopf begann sich ein zunächst noch diffuser Gedanke zu bilden. »Wo liegt denn Ihre Datscha?«, fragte sie Svenni betont nebenbei.
    Â»Datsche«, verbesserte Svenni. »Am Großen Meer.«
    Noch ungenauer geht’s wohl nicht ! Malin verkniff sich eine entsprechende Bemerkung und sagte »Toll.«
    Â»Geht so. Das Grundstück ist super. Hab ich von meinem Opa geerbt. Aber das Haus ist abrissreif. Na ja, nächstes Frühjahr setz ich da ’ne Schwedenhütte drauf. Voll-Öko und super isoliert. Für nicht mal dreißigtausend.«
    Â»Cool.«
    Der Gedanke in Malins Hinterkopf nahm langsam Gestalt an.
    Kein Ausweis, kein Geld, kein nichts…
    Malin, hör auf damit! Das ist Wahnsinn!, redete sie sich innerlich zu. Unwillkürlich wanderte ihre Hand zu der Fotokopie unter ihrem Sweatshirt und von da aus weiter zu ihrer Jeanstasche.
    Dakota …
    Seit dem Unfall hatte sie ihren alten MP3-Player nicht mehr aus den Augen gelassen.
    Alles ist
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