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Schattenhaus

Schattenhaus

Titel: Schattenhaus
Autoren: Alex Reichenbach
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nicht täuschen. Wenn man vom jetzigen Stand ausgeht, muss man ja sagen, Sie haben die Ermittlungen bisher so richtig gegen die Wand gefahren.»
    «Wie bitte? Entschuldigung, Chef, aber ich habe Ihnen gerade die Lösung in drei Mordfällen geliefert!»
    «Ja, nur viel zu spät! Sie müssen doch zugeben, dass es in der Ermittlung die krassesten Pannen gegeben hat. Diese teure Rekonstruktion zum Beispiel, die hat überhaupt nichts gebracht. Von der Tatsache, dass wir monatelang mit diesem Preiß einen falschen Verdächtigen in Haft hatten, will ich gar nicht erst reden. Ich weiß, dafür können Sie am wenigsten, obwohl Sie mir ja kürzlich noch gesagt haben, der Preiß wäre von diesem Sarnau als Killer geheuert worden.»
    Winter verdrehte die Augen. «Das war Nötzels Hypothese. Ich war betreffs des Preiß immer der Meinung, dass die Indizien nicht ausreichen. Und was die –»
    «Ja, ja, jetzt haben Sie natürlich gut reden! Wenn Sie sich so sicher waren mit dem Preiß, hätten Sie gefälligst mal früher Alarm geschlagen, anstatt Nötzel in einen Prozess gehen zu lassen, der zum Fiasko wird. Wirklich, Winter. Hätten Sie anständig gearbeitet, wäre es nicht so weit gekommen. Ich habe selten solche Pannen erlebt. Dass der Revolver im Haus der Vogels war und nicht gefunden wurde! Dass gestandene Beamten sich von einem kleinen Mädchen anschmieren lassen!»
    «Chef, darf ich darauf hinweisen, dass ich zur Zeit der Tatortauswertung im Urlaub war.»
    «Ja, aber Sie haben doch hinterher übernommen.» Fock klopfte mit dem Zeigefinger auf die Tischplatte. «Hier vor mir haben Sie gesessen und drauf bestanden, dass Sie alles im Griff haben, obwohl Sie nicht von Anfang an dabei waren! Jetzt leugnen Sie mal nicht Ihre Verantwortung!»
    «Aha. Wenn statt mir der Herr Kettler die Ermittlungen geführt hätte, wäre es also besser gelaufen? Entschuldigung, Chef, wenn Kettler verantwortlich gewesen wäre, wüssten wir bis heute nicht, dass die drei Fälle überhaupt zusammenhängen. Den Sarnau hätten wir nie erwischt. Überhaupt, wenn Kettler die Vergiftung der Frau Feldkamp im Juni nicht als Unfall abgetan und sie anständig befragt hätte, wäre alles danach vielleicht gar nicht passiert.»
    «Ach, Winter, jetzt hören Sie doch auf, Sven Kettler für Ihre Fehler verantwortlich zu machen! Sie sind der Ermittlungsleiter. Sie haben dafür geradezustehen, was unter Ihrer Führung schiefläuft. So ist das nun mal im Leben. Und Ihre Abneigung gegen Sven Kettler ist schon pathologisch. Vielleicht liegt hier der Grund, warum nichts rundläuft in Ihrem Team. Übrigens, verraten Sie mir doch mal, wie wir das alles jetzt der Presse verkaufen sollen.»
    «Die Presse wird sich über die Sensation einer siebenjährigen Mörderin derart freuen», sagte Winter grimmig, «dass Ermittlungspannen für die überhaupt kein Thema sein werden.»
    «Da haben Sie allerdings recht», murmelte Fock und bekam einen träumerischen Blick.
    Winter sah die Reporterscharen vor sich, die sich auf die Jagd nach den Kindern machen würden. Fatalerweise. Wenn es überhaupt eine Chance gab, dass aus Merle noch ein normales Kind und später eine psychisch gesunde, verantwortungsbewusste Erwachsene wurde, dann wahrscheinlich nicht, wenn sie bei Schulkameraden und Lehrern als Serienmörderin bekannt war. Und der verschreckten, gänzlich unschuldigen kleinen Wolke würde es kaum gelingen, sich von dem Trauma der furchtbaren Erlebnisse zu befreien, wenn sie wochenlang an der Schwelle zum Kindergarten von einer Schar Boulevard-Journalisten umzingelt wurde, denen die Angst, ihren Job an einen noch skrupelloseren Kollegen zu verlieren, jeden Anstand nahm.
    Winter verriet Fock seine Bedenken. «Ehrlich gesagt, Chef», sagte er, «ich überlege zum ersten Mal in meinem Leben, ob wir Ermittlungsergebnisse gegenüber der Presse zurückhalten. Die Namen Merle und Wolke sind verdammt charakteristisch. Die Anonymität ist beim normalen Procedere nicht zu wahren. Wir müssen erst mal den Justiziar fragen, was die Persönlichkeitsrechte der Kinder betrifft. Vorläufig könnten wir es so machen, nur einen Teil der Ergebnisse rauszugeben, sodass es so aussieht, als ob wir vermuten, Frau Pfister wäre für alle Taten verantwortlich. Merle Vogel kann ja ohnehin nicht belangt werden.»
    Fock sah böse drein.
    «So», sagte er. «Mit diesen Worten haben Sie sich endgültig disqualifiziert. Ich habe gestern Abend dem Herrn Kettler noch gesagt, dass ich ihm nicht glaube, als der mir
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