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Schattenhaus

Schattenhaus

Titel: Schattenhaus
Autoren: Alex Reichenbach
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erzählte, Sie würden einen sexuellen Missbrauch durch den Verdächtigen Olsberg vertuschen wollen – nur weil Ihnen der Verdächtige so sympathisch ist. ‹Ich glaube kein Wort›, habe ich Kettler gesagt. Aber jetzt habe ich den Beweis, dass für Sie Vertuschung etwas ganz Normales ist. Dann will ich Ihnen mal was sagen, Winter. Mir bleibt jetzt nichts anderes übrig, als Sie vorläufig zu beurlauben. Gegenüber der Presse kann ich sagen, wir ziehen in dem Fall die Konsequenzen aus den Ermittlungspannen. Aber in Wahrheit geht es hier um etwas anderes, um dienstrechtliches Fehlverhalten. Seit gestern liegt mir sogar eine interne Anzeige gegen Sie vor, wegen eines schweren Dienstvergehens.»
    Winter brauchte eine Schrecksekunde, bis er reagieren konnte.
    «Dann lassen Sie mich doch mal raten, wer diese Anzeige erstattet hat! Sven Kettler, nicht wahr? Wer sonst? Der intrigiert hier seit einem halben Jahr gegen mich.»
    «Nein, Herr Winter, da täuschen Sie sich. Die Anzeige kam von einem anderen Kollegen.»
    «Was?»
    «Ja, sehen Sie, Sie sollten mal in sich gehen und nach eigenen Fehlern suchen, bevor Sie andere anschwärzen.»
    «Apropos anschwärzen! Ich lasse es nicht auf mir sitzen, dass Kettler gestern behauptet hat, ich wolle bei Olsberg einen sexuellen Missbrauch vertuschen. Der Punkt ist: Höchstwahrscheinlich hat da überhaupt kein sexueller Missbrauch stattgefunden! Und was Kettler gestern mitbekommen hat, war, wie ich Arno Ziering gefragt habe, ob er das genauso sieht. Ich habe aber gleichzeitig darauf hingewiesen, dass wir es davon abhängig machen müssen, was Merle Vogel uns erzählt. Die wäre ja das Missbrauchsopfer. Ohne eine Beschuldigung von ihr haben wir jedenfalls überhaupt keine Anhaltspunkte für Missbrauch, außer eben, dass der Olsberg selber uns erzählt hat, er habe sich an dem Abend vor der Tat, als Frau Feldkamp außer Haus war, um die Kinder gekümmert und –»
    «So, Winter, das reicht. Ich werde überprüfen, was Sie Ziering gesagt haben, aber das ist auch gar nicht der Punkt. Gehen Sie jetzt bitte. Sie sind von dieser Minute an beurlaubt. Sie hören von mir.»
    Fock wollte es tatsächlich wahrmachen. Und Winter konnte es einfach nicht glauben. Ihm kam das alles ganz unwirklich vor. Im Aufstehen brachte er noch hervor: «Sagen Sie mal, Chef, wie können Sie sich von einem intriganten, stinkfaulen Typen wie Sven Kettler die MK  1 kaputt machen lassen? Sie wissen doch genau, dass es Kettler war, der in diesem Fall am meisten Bockmist gebracht hat. Und jetzt geht es gegen mich?»
    «Winter, bitte, mir sind die Hände gebunden. Nach der Anzeige bleibt mir gar nichts anderes übrig.»
    «Dann darf ich Ihnen einen guten Rat geben, Chef. Besetzen Sie die vorübergehende Leitung der MK und der SoKo mit einem erfahrenen, kompetenten Beamten wie Arno Ziering oder irgendwem von der MK   2 ! Die sind alle gut. Aber lassen Sie nicht Kettler auf den Posten. Der wird immer den erstbesten Verdächtigen zum Täter stempeln, bloß weil er zu faul ist, weitere Ermittlungsarbeit zu machen. Schönen Tag noch. Ach ja, Chef, und vergessen Sie nicht, gegen den Tamm zu ermitteln – wegen Anstiftung einer Minderjährigen zu einem Kapitalverbrechen.»
    Winter war weitaus ruhiger, als er es sich bei einer solchen Katastrophe hätte vorstellen können.
    Zurück im Büro, bat er in einer Rundmail sein gesamtes SoKo-Team zu einer Besprechung in Aksoys und Mussos Büro.
    «Der Chef hat mich suspendiert», begann er, «weil irgendjemand eine Disziplinarbeschwerde gegen mich eingereicht hat. Ich habe keine Ahnung, worum es geht. Letztlich stecken wohl Intrigen eines gewissen Kollegen dahinter. Mir ist jetzt wichtig, dass wir den Fall trotzdem ordentlich abwickeln.» Sein Publikum nahm das mit schockiertem Schweigen auf, dann redeten plötzlich alle durcheinander. Bloß Glocke schwieg weiter, was Winters Verdacht erhärtete. Winter, der sich noch einmal wunderte, wie ruhig er war, führte das Gespräch bald zurück zum Fall, erzählte, was er heute früh erfahren hatte. Sie beschlossen, Hilal Aksoy würde Merle weiter befragen, auch über den Fall Feldkamp und mögliche sexuelle Übergriffe Olsbergs. Musso und Ziering würden die Ermittlungen gegen Carsten Tamm wegen Anstiftung einer Minderjährigen zu einem Kapitalverbrechen übernehmen. Glocke schlug sich selbst für keine Aufgabe vor und bekam auch keine.
    Auch danach konnte Winter sich nicht überwinden, nach Hause zu gehen. Er schrieb eine Mail an Fock,
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