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Schattengrund

Schattengrund

Titel: Schattengrund
Autoren: Elisabeth Herrmann
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Trixi sah aus, als könnte sie sich nicht entscheiden zwischen der Option, Nico die Augen auszukratzen, und der, sich um ihren Mann zu kümmern.
    »Vielleicht sollten wir uns erst einmal der Verletzten annehmen?«, fragte der Pfarrer.
    Lars Urban kam gerade mit einem Verbandskasten zurück. »Gute Idee. Zeigen Sie mir mal Ihre Hand, junge Frau.«
    Während Leons Vater Nico verarztete, hoben Leon und der Pfarrer Zach auf einen Stuhl. Er schien immer noch nicht ganz bei sich zu sein.
    »Vielleicht hat er eine Gehirnerschütterung?«, fauchte Trixi Zita an. »Du hättest ihn töten können!«
    »Ich glaube, Sie verwechseln da was.« Nico krempelte gerade ihren blutbefleckten Ärmel hoch. »Zita hat mir das Leben gerettet.«
    »Schlampe«, murmelte Zach.
    Sein Bruder sah kurz von Nicos Hand und dem Verband hoch. »Du solltest ruhig sein, ganz ruhig. Leon hat mir erzählt, was Fili an die Höhlenwand geschrieben hat. Ist das wahr?«
    »Natürlich nicht!«, brauste Zach auf. »Das haben die sich ausgedacht, um einen Schuldigen zu haben.«
    Leon war in drei Schritten am Tisch und fixierte Zach mit einem wütenden Blick. »Dann war es also auch der große Unbekannte, der Nico oben im Berg eingeschlossen hat?«
    »Seht euch seine Schuhe an«, sagte Nico. »Sie sind noch ganz feucht vom Schnee. Er war oben. Er hat Maik niedergeschlagen und mich wollte er sterben lassen. Nur, damit die Wahrheit nicht ans Licht kommt.«
    »Die Wahrheit!«, kreischte Trixi. »Welche Wahrheit?«
    Der Pfarrer räusperte sich. »Die, die du schon zwölf Jahre mit dir herumträgst, und vielleicht sogar schon etwas länger. Ich habe dir vorhin in der Kirche einen Rat gegeben. Und wenn du ganz ehrlich bist – du wolltest ihn nicht hören. Denn du hast ihn eigentlich nicht gebraucht. Du bist so weit.«
    »Was soll das?« Zach sah voller Abscheu von seiner Frau zu dem Seelsorger. »Macht ihr jetzt hinter meinem Rücken eine Gruppentherapie oder was?«
    »Ich verlasse dich.« Trixi holte tief Luft. »Ich weiß, was du getan hast.«
    »Was?«, brüllte Zach. »Was hab ich getan?«
    »Ich habe weggeschaut! Ich wollte es nicht wahrhaben, was für ein Schwein du bist. Ich dachte, wenn ich es ignoriere, ist es auch nicht da. Aber das stimmt nicht. Es hat mich ausgehöhlt. Ich bin nur noch was Leeres. Eine Hülle. Von mir ist nichts mehr übrig.«
    »Dann sauf nicht so viel!«
    »Dann hör du auf, dir dieses Zeug im Internet anzuschauen! Diese ekligen Sachen, diese perversen Seiten, auf denen Kinder sind, Kinder! Du Schwein! Ich hasse dich! Ich hasse dich!«
    Sie wollte sich auf ihn stürzen, aber dieses Mal war der Pfarrer schneller. Er zog Trixi von Zach weg und hielt sie fest. Sie brach heulend zusammen.
    Zach sah in provozierender Frechheit in die Runde. »Na und? Macht das keiner von euch? Oder habt ihr alle was Knackiges im Bett statt so einer Alten?«
    Trixi schluchzte auf. »Kinder!«
    »Junge Mädchen!«, giftete Zach. »Wenn du nicht aufhörst, mir kriminelle Dinge unterzujubeln, dann werde ich dich …«
    Er holte aus, Trixi zuckte zusammen. Lars und Leon wollten ihr zu Hilfe eilen, aber dieses Mal war der Pfarrer schneller. Mit dem rechten Arm drückte er Zach an den Türrahmen.
    »Wag es nicht, die Hand gegen Weib und Kind zu erheben!«
    »Ich hör mir das nicht mehr länger an!«, brüllte Zach. »Das ist doch Hexenjagd gegen mich! Ihr steckt doch alle unter einer Decke!«
    Nico wechselte einen schnellen Blick mit Leon. Der bückte sich und inspizierte Zachs Schuhe.
    »Warum sind sie nass? Du warst im Schnee heute.«
    »War ich eben draußen. Ist das ein freies Land oder was?«
    Lars Urban war fertig mit dem Verband. Nico hob ihre Hand und betrachtete die Bandage. »Das ist mal mindestens Körperverletzung.«
    »Und das da?« Zach deutete auf seinen Hinterkopf und dann auf Zita. »Die ist doch irre. Ihr alle seid irre. Verschwindet aus meinem Haus!«
    Er sprang auf und riss mit einer theatralischen Geste die Tür auf. Alle waren still. Scheiße, dachte Nico. Ich habe alles kaputt gemacht. Hätte ich doch bloß auf Leon gewartet. Jetzt steht Aussage gegen Aussage. Dieses Schwein wird niemals zur Rechenschaft gezogen. Was nutzt uns tauender Schnee an Stiefelsohlen? Er trocknet. Trixis Aussage ist nichts wert. Er wird den Rest seines Lebens sich und der Welt in die Tasche lügen. Sie spürte Leons Hand auf ihrer Schulter.
    Sein Vater stand auf. »Hast du Fili … Hast du dich an deiner Tochter vergriffen? Wenn ja, dann prügele ich dich aus dem Haus
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