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Schattengold

Schattengold

Titel: Schattengold
Autoren: Dieter Buehrig
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unter der Matratze einen ansehnlichen Haufen Geldscheine, den sich die Dame in hingebungsvoller Weise oben auf der Matratze verdient hatte. Raub als Motiv schloss Kroll aus. Vieles sprach in seinen Augen eher für einen Ritualmord, vielleicht begangen aus religiösem Wahn. War der Zettelmörder, dem er nun schon seit Längerem hinterher jagte, etwa ein Glaubensfanatiker, ein Fundamentalist?
    Mit der Münze konnte er nichts anfangen. Ein Kriminalexperte erklärte ihm, dass es sich um ein nicht besonders wertvolles Stück aus dem Mittelalter handele. Es in Zusammenhang mit dem Münzschatz zu bringen, kam ihm nicht in den Sinn. Warum auch, die Museumsdirektorin hatte den Verlust nicht gemeldet, weil sie um ihren guten Ruf fürchtete.
    Blieb als einziger Hinweis das merkwürdige Wort auf dem Zettel, kankana. Es fiel ihm nicht schwer, herauszufinden, dass das Wort aus dem Malagasy übersetzt so viel wie ›Wurm‹ bedeutete. Der Zusammenhang mit den anderen Todesfällen lag auf der Hand. Außerdem bestätigte der Laborbefund, dass der Zettel aus dem gleichen Etikettendrucker stammte wie in den anderen Fällen. Aber warum diese plötzliche Bestialität? Fühlte sich da jemand in die Enge getrieben? Und warum schickte er das grauenhafte Paket ausgerechnet an die Regionale Kriminalbehörde? Wollte der Täter falsche Fährten legen oder spielte er mit Kroll Katz und Maus?
    Rabeas Leiche wurde nie aufgefunden.

     

     

     

     

     

Kapitel 23: Spurensuche

    Der Oktoberregen der letzten Tage hatte an Kraft verloren und einem zaghaften, kalten Sonnenstrahl Platz gemacht. Dadurch warfen die kahlen Bäume in der Wallanlage lange Schatten auf den Park und den Stadtgraben. Die in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Gassen der Altstadt bekamen für knapp eine Stunde einen Zipfel der Sonne ab. Wie durch Zauberhand gelenkt, öffneten sich schlagartig die auf der Sonnenseite liegenden Butzenfenster. Frische, kühle Luft drang in die ansonsten muffig riechenden Dielen. In den ostwestlich verlaufenden Gassen tauchte der freundliche Lichtblick, wenn man Glück hatte, höchstens morgens oder nachmittags für ein paar Minuten auf. Dann lohnte es sich nicht, die Fenster zu öffnen.
    Krolls bescheidene Wohnung lag in einer solchen Quergasse. Um frische Luft zu schnappen, war er gezwungen, in die Bürgergärten zwischen dem Heiliggeisthospital und dem Füchtingshof, einem der schönsten Stiftshöfe der Stadt, zu gehen. Oder er spazierte entlang der Wallanlagen, die den südlichen Bauch von Lübeck wie ein grüner Gürtel einschnürten.
    Gestern erhielt Frau Grell einen Anruf von den Eltern des Mädchens mit den Mandelaugen. Sie hatten in ihrer Post ein kleines Päckchen ohne Absender gefunden. Es enthielt einen blaustichigen Rohdiamanten und ein Stück Papier mit der Bemerkung: ›Eine Träne Ihrer Tochter.‹
    Zuerst glaubten sie an einen geschmacklosen Scherz. Als sie den Stein aber zu einem Juwelier brachten, fielen sie aus allen Wolken. Er sollte mehr wert sein, als ihr gesamtes Hab und Gut zusammen. In ihrer Angst, in die dunklen Geschäfte einer Hehlerbande verwickelt zu werden, wandten sie sich an die Regionale Kriminalbehörde.
    Gleich am frühen Vormittag begab sich der Inspektor in deren nicht weit gelegene Wohnung nahe dem Burgtor und studierte den Zettel mit der merkwürdigen Botschaft. Für ihn gab es keinen Zweifel, es handelte sich um den gleichen Etikettendruck, wie auf den Zetteln mit der fremden Sprache, die man in Zusammenhang mit den Todesfällen der letzten Monate gefunden hatte. Das erkannte er jetzt schon, ohne das Laborergebnis abzuwarten.
    Als ihm die Eltern des toten Mädchens dann auch noch berichteten, dass sie seinerzeit auf der Polizeiwache eine Zeugenaussage bezüglich der Ereignisse in der Marienkirche gemacht hatten, stand für Kroll ein Zusammenhang zwischen dem Tod des Küsters und dem des Mädchens fest. Das bestätigte erneut seinen Verdacht, dass auch das Mädchen mit den Mandelaugen dem ›Zetteltäter‹ zum Opfer gefallen war.
    Aber warum? Wo war der Zusammenhang?
    Und wie war das junge Ding ums Leben gekommen? Im Labor hatte man nichts feststellen können. Jetzt, wo er sich sicher war, dass die madagassische Sprache mit im Spiel war: Konnte es nicht sein, dass das Mädchen mit einem unbekannten exotischen Gift, das von der fernen Insel stammte, ermordet wurde?
    Er nahm sich vor, einen Spezialisten vom Hamburger Tropeninstitut zu einer zweiten Obduktion heranzuziehen.
    Und außerdem: ein Rohdiamant, der
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