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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond
Autoren: Lynn Flewelling
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auf Ivywell, kümmerst dich um Sir Alecs Interessen und besorgst Pferde für das skalanische Heer«, antwortete Micum und blinzelte Alec verschmitzt zu. Ivywell war das frei erfundene mycenische Landgut, das Alec von seinem landverwurzelten und ebenso frei erfundenen Vater bekommen hatte. Dieser mutmaßliche Gutsherr hatte Lord Seregil von Rhíminee angeblich zum Vormund seines einzigen Sohnes bestellt. Seregil und Micum hatten sich Geschichte und Titel gleichermaßen eines Nachts bei einem guten Wein ausgedacht, um Alecs plötzliches Auftauchen in Rhíminee plausibel zu erklären. Angesichts des unbedeutenden Titels und der ebenfalls uninteressanten Örtlichkeit hatte niemand ihre Geschichte je angezweifelt.
    »Was erzählt man sich von der Katze von Rhíminee?«, fragte Seregil.
    Micum lachte. »Nach etwa sechs Monaten ging ein Gerücht um, sie müsse tot sein. Du bist vermutlich der einzige Dieb, der je von den Edelleuten betrauert wurde. Ich nehme an, sie haben sich nach deinem Verschwinden furchtbar gelangweilt.«
    Dies war ein weiterer Grund, nicht mehr zurückzukehren. Seregils heimliche Tätigkeit als die Katze hatte ihm seinen Reichtum beschert. Die Arbeit als einer von Nysanders Wächtern hatte seinem Leben Sinn und Ziel gegeben, während die Rolle des geckenhaften Lord Seregil, die er in der Öffentlichkeit zu spielen pflegte und die ihm als Einzige geblieben war, ihn zunehmend belastet hatte.
    »Ich denke, ich sollte das Haus verkaufen, aber ich bringe es nicht übers Herz, Runcer einfach auf die Straße zu setzen. Es war immer mehr sein als mein Zuhause. Vielleicht überlasse ich es deiner Elsbeth, wenn sie ihre Ausbildung im Tempel beendet hat. Sie würde ihn dort behalten.«
    Micum tätschelte Seregils Handrücken. »Das ist ein netter Gedanke, aber wirst du die Villa nicht selbst irgendwann wieder brauchen?«
    Seregil starrte auf die große, von Sommersprossen übersäte Hand, die auf der seinen lag, und schüttelte den Kopf. »Du weißt, dass dieser Fall nie eintreten wird.«
    »Wie sieht es in Watermead aus?«, fragte Alec.
    Micum lehnte sich zurück und schob die Hände in seinen Gürtel. »Uns geht es gut, abgesehen davon, dass wir euch zwei vermissen.«
    »Ich habe euch auch vermisst«, gestand Seregil. Watermead war ihm zu einem zweiten Zuhause geworden, Kari und ihre drei Töchter zu einer zweiten Familie. Sie hatten Alec wie einen der ihren bei sich aufgenommen, von dem Tag an, als der Knabe zum ersten Mal einen Fuß über ihre Schwelle gesetzt hatte.
    »Elsbeth ist immer noch in Rhíminee. Im letzten Winter ist sie an der Seuche erkrankt, aber sie ist wieder ganz gesund geworden«, fuhr Micum fort. »Das Tempelleben bekommt ihr gut. Sie denkt daran, sich weihen zu lassen. Kari hat mit den beiden Kleinen alle Hände voll zu tun, aber Illia ist inzwischen alt genug, ein wenig mitzuhelfen, und das ist gut so. Seit Gherin laufen gelernt hat, versucht er, mit seinem Pflegebruder mitzuhalten, und dieser Luthas zieht das Unheil nur so an. Eines Morgens hat Kari die beiden auf halbem Wege zum Fluss erwischt.«
    Seregil lächelte. »Ich schätze, das ist nur der Vorgeschmack auf das, was noch kommen wird, mit dir als Vater.«
    Sie schwatzten noch eine Weile, tauschten allerlei Neuigkeiten aus, so als wäre dies ein ganz gewöhnlicher Besuch. Aber bald wandte sich Seregil an Beka.
    »Ich denke, du solltest mir mehr über die Sache erzählen. Du sagst, Klia ist für dieses Unternehmen verantwortlich?«
    »Ja. Die Urgazhi-Turma stellt ihre Ehrengarde.«
    »Aber warum Klia?«, fragte Alec. »Sie ist die Jüngste.«
    »Ein zynischer Mensch könnte behaupten, dass sie damit am leichtesten zu entbehren ist.«
    »Sie oder Korathan. Einen von beiden hätte ich jedenfalls gewählt«, sinnierte Seregil. »Sie sind die Klügsten in dem ganzen Haufen, verfügen über Autorität und haben sich erfolgreich im Kampf bewiesen. Ich nehme an, Torsin ist zusammen mit einem oder zwei Zauberern ebenfalls dabei?«
    »Lord Torsin ist bereits in Aurënen. Was die Zauberer angeht, so sind sie auf dem Schlachtfeld dieser Tage ebenso unverzichtbar wie die Generäle, darum hat sie nur Thero mitgenommen«, antwortete Beka, und Seregil wusste, dass sie ihn in Erwartung seiner Reaktion aufmerksam beobachtete.
    Und das aus gutem Grund, dachte er. Thero war sein Nachfolger als Schüler Nysanders geworden, nachdem er selbst in dieser Eigenschaft versagt hatte. Sie hatten sich auf Anhieb nicht ausstehen können und waren sich über
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