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Schattengeschichten

Schattengeschichten

Titel: Schattengeschichten
Autoren: Hauke Rouven
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echter Scheißfilm“, sagt er.
    „Musst du ja nicht gucken.“
    Leise schließt Holger die Tür wieder.
    „Dein Bruder ist ein echter Kotzbrocken, manchmal.“
    „Immer ist er das“, erwidert Vincent, „aber er lässt uns seine Filme gucken.“
    „Das macht ihn auch nicht cooler.“
    „Mama sagt, er hat seine schwierige Phase, wegen dem ganzen schwarzen Zeugs und so, aber ich glaube, er will nur wichtig sein.“
    Insgeheim mag Lisa Vincents Bruder. Er ist schon erwachsen und hat Freunde, die aus Horrorfilmen entsprungen sein könnten. Er bezeichnet sich selbst als Grufti, oder so. Jedenfalls weiß er alles über Dämonen, Hexen und die Geschöpfe der Nacht. Das macht ihn mehr als cool. Aber Vincent darf das nie erfahren. Soviel ist sicher. Er ist und bleibt ihr bester Freund.
    Die Killerinsekten morden und zerfetzen. Die Kinder langweilen sich, weil es immer öder wird. Irgendwann gähnen sie um die Wette und gehen ins Bett. Heute gibt es keine Geschichten mehr zum Einschlafen. Heute träumen sie von nackten Frauen, die Dracula erst beisst, nachdem sie gestöhnt haben.

    II
    Am Samstag bereitet Susanne ein ausgiebiges Frühstück zu. Sie ist stets erfreut über Lisas Besuche und erfährt nichts von den nächtlichen Filmen. Holger muss am Hafen arbeiten. Die beiden Kinder wollen raus.
    Es ist nicht mehr so warm. Herbst erreicht die Großstadt. Unter Mutteraugen ziehen Vincent und Lisa Jacke, Mütze und Schal über. Feste Schuhe. Ein Kuss zum Abschied. Vincent verdreht die Augen.
    „Aber seid zum Abendessen wieder zurück“, sagt Susanne.
    „Klar“, antworten sie aus einem Mund.
    „Wo geht ihr denn hin?“
    Die beiden Kinder schauen sich an. Sie wollen an der Alster spazieren, gruselige Geschichten erleben, hier und da einem Passanten auflauern, sich in Gebüschen verstecken.
    „In die Stadt.“
    Lisa hakt sich bei Vincent unter und zieht ihn zur Tür.
    „Wir gehen Shoppen“, sagt sie. Stilles Einvernehmen unter Frauen. Susanne lächelt und räumt den Tisch ab.
    „Shoppen?“ fragt er auf dem Weg zum Bus.
    „Das sagt meine Mama immer, wenn Papa sie fragt, was sie gemacht hat.“
    Sie sehen ihren eigenen Atem.
    „Guck mal, ich rauche.“
    Lisa spitzt die Lippen und führt zwei Finger an ihren Mund, lässt den Arm wieder fallen. Vincent raucht Zigarre und muss dafür beide Hände benutzen, formt den Mund zu einem O.
    Lachend steigen sie in den Bus und setzen sich nach hinten. Zwei Reihen vor ihnen befindet sich ein kahlgeschorener Kopf. Eine Parkajacke versteckt den Hals. Der Mann ist groß und breit.
    „Guck´ mal“, flüstert Lisa, „ist das nicht Matthias´ Bruder?“
    „Der Schläger?“
    „Ja, den mein´ ich.“
    Als er aufsteht, um zu verschwinden, nehmen die beiden Schnüffler die Verfolgung auf. Bestimmt führt Matthias´ Bruder etwas im Schilde. Er geht die Straße in Fahrtrichtung weiter und biegt in einen Häusereingang. Nummer Zwei.
    „Hier ist ihr Geheimtreff“, sagt Lisa.
    „Ja“, bestätigt Detektiv Vincent und krault sich am nicht vorhandenen Bart, „Da könnten sie recht haben, Miss Marple.“
    „Da drüben ist eine Bank. Lass uns warten.“
    Doch die Beschattung gestaltet sich bald als schwierig, weil die beiden Hunger kriegen. Nur ein Besuch bei Jimmys kann dieses Problem beseitigen. Sie öffnen ihre Burger und siehe da... „Eingeweide.“
    „Uäh. Es lebt“, ruft Lisa und wirft ein Stück Brot über Vincents Kopf zu Boden. Klatsch!
    „Muss das sein?“ fragt eine Angestellte.
    Die Kinder lachen und die Welt ist gerettet. Ein kleiner Hund kommt vom Nachbartisch und frisst die Reste. Seine Augen glühen rot.
    „Da! Er hat es gegessen.“
    „Oh, mein Gott. Er muss schnellstens das Gegengift kriegen, sonst wird er zum...“
    „...Höllenköter“, schreit Lisa, springt auf und bespuckt ihn mit Sprite, „Das sollte helfen.“
    Ein paar Armbewegungen vertreiben die bösen Geister aus dem armen Geschöpf. Und wieder mal ist die Welt gerettet. So oft schon und niemand wird sich je erkenntlich zeigen. Nein, sie müssen sogar am Montag wieder zur Schule.
    „Was soll das? Wieso bespuckst du meinen Fifi?“
    Die alte Dame mit der bröckelnden Schminke knuddelt ihren Hund und wischt ihm das heilige Wasser aus dem Fell. Undankbares Volk. Die Geisterjäger nehmen die Spur auf, als sie geht. Sie wissen, dass der Hund sich verwandeln wird. Bald schon.
    „Sie ist um die Ecke.“
    „Schnell!“
    Noch bevor sie starten können, werden sie angerempelt, ziemlich hart. Vincent fällt
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