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Schattenengel (Contoli-Heinzgen-Krimi)

Schattenengel (Contoli-Heinzgen-Krimi)

Titel: Schattenengel (Contoli-Heinzgen-Krimi)
Autoren: Mona Misko
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...
    ... Begann Fabio Koll das Gespräch, wobei er während der letzten Silben seine Stimme derart senkte, dass Anke das Gefühl beschlich, ihr Beruf hätte etwas Anzügliches an sich.
    „ Ja, ich bin Journalistin«, antwortete sie und versuchte, seine Aussprache des Wortes zu imitieren. Aber er schien es nicht zu bemerken, sah sie abschätzend an, lächelte weltmännisch, löste seinen Krawattenknoten und lockerte ihn mit ein paar gezielten Bewegungen ein Stückchen nach unten.
    „ Als hätte man eine Schlinge um den Hals, ich hasse Krawatten.«
    Anke lächelte scheinbar mitfühlend. Sie neigte den Kopf und bettete ihn in ihre Händen.
    „ Aber Sie müssen sie wohl tragen, Sie Armer.«
    Ihre Stimme schützte übertriebenes Bedauern vor.
    „ Ich langweile Sie, vermute ich?«
    „ Im Augenblick ja, aber vielleicht wird es ja spannender, wenn das Essen kommt.«
    Sein Gesicht wurde ernst. Anke bemerkte sogleich die abweisende Kälte darin. Er holte Luft, hob den Kopf und rollte seine Augen zur Decke.
    „ Es war Spaß, Herr Koll«, reagierte Anke hastig auf sein Verhalten, „tut mir leid, wenn ich aus der Rolle gefallen bin.« Es sich mit Lauras Bruder zu verscherzen, wäre womöglich nicht so gut. Zudem war sie von ihm fasziniert, obwohl er ihr nicht geheuer schien, oder etwa gerade deswegen. Also einlenken. „Sie machen sich große Sorgen um Ihre Schwester, hab ich recht?«, fragte sie teilnahmsvoll, wobei sie sich etwas vorbeugte, um mehr Nähe zu demonstrieren. Fabio reagierte, wie sie es erwartet hatte. Er lehnte sich ebenfalls etwas vor und begann sogleich mit einer fast beschwörenden Stimme zu erzählen.
    „ Sie ist schwierig, sensibel, hat immer noch etwas Kindhaftes, Unschuldiges an sich.«
    Anke holte sich das Bild der Frau im Krankenbett in den Kopf.
    „ Den Eindruck hab ich aber nicht. Auf mich wirkt sie ziemlich erwachsen.«
    „ Warten Sie, bis Sie Laura lebendig erleben«, lachte Fabio erheitert.
    Makaber .
    „ Wir hatten eine wundervolle Kindheit«, fuhr er fort, »aber unsere Eltern sind früh gestorben.« Als würde er den Schmerz darüber erneut fühlen, strich er sich mit der Hand über die faltenlose Stirn und atmete dabei dramatisch durch. „Ein Autounfall, unverschuldet«, setzte er nach einer kleinen Pause hinzu. Laura hat das Unglück nicht verkraftet. Irgendwie ist sie Kind geblieben, psychisch in der Altersstufe stehen geblieben, in der sie sich bei dem Unfall befand.«
    Anke sah ihn an, und er schien zu verstehen, was sie fragen wollte.
    „ Sie war zwölf.«
    „ Das tut mir leid.«
    „ Wie gesagt, bis dahin war unsere Kindheit wie im Bilderbuch.«
    Anke dachte an ihre eigene, wie wohlbehütet und vertrauensvoll sie aufgewachsen war. Eine starke Sehnsucht nach ihren Eltern meldete sich. Wie sie die beiden vermisste? Vor allem, seitdem sie nach Italien zurückgekehrt waren in die Ewige Stadt, Vaters Heimatort. Wie gerne würde sie sich in ihrem angeschlagenen Zustand in Mutters Arme schmiegen. Einfach nur ihre Stimme hören: „Mach dir erst mal die Lippen rot, dann sieht die Welt schon wieder anders aus.« Das hatte sie immer gesagt, wenn ihr Kind im fortgeschrittenen Alter traurig oder unglücklich gewesen war. Anke wusste, eines Tages würde sie spontan in den Flieger steigen und sie besuchen. Ihre Augen begannen, feucht zu schimmern. Ich werd doch jetzt nicht anfangen zu heulen? Sie wollte etwas Angemessenes sagen, aber es fiel ihr nichts ein. Einen Wimpernschlag lang überlegte sie, ob sie ihre Fragen stellen sollte? In der nächsten Sekunde schlichen ihre Zweifel davon.
    „ Sie glauben, dass Ihre Schwester sich deswegen umbringen wollte, weil sie immer noch als Zwölfjährige den Schock des Unfalls ihrer Eltern erlebt und nicht damit zurechtkommt?«
    Sein Verhalten, wie er unnötig an seinem Krawattenknoten nestelte, vermittelte Anke seine Angespanntheit.
    „ Niemand kennt Lauras Seele genau. Wie gesagt, sie ist ein komplizierter Mensch, aber ich liebe sie über alles.«
    Anke sagte nichts mehr darauf. Zudem wurde das Essen serviert. Schweigend begannen sie, zu speisen. Eine merkwürdige Ruhe entstand zwischen ihnen, obwohl die Geräuschkulisse erheblich war. Anke ergriff das Gefühl, die Stille am Tisch überbrücken zu müssen, so fragte sie zwischen zwei Bissen.
    „ Wie kommen Sie an den Namen Fabio, das klingt so ...«
    „ Italienisch?«, beendete er ebenfalls zwischen zwei Bissen ihren Satz. „Mutter Italienerin, Vater Deutscher.«
    „ Das ist ja lustig, bei mir
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