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Schattenengel (Contoli-Heinzgen-Krimi)

Schattenengel (Contoli-Heinzgen-Krimi)

Titel: Schattenengel (Contoli-Heinzgen-Krimi)
Autoren: Mona Misko
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schaltete Anke ihr Fernlicht aus. Konzentriere dich! Ihr Fuß wich etwas vom Gas. Die Wut über das, was womöglich an ihr vorbeigegangen, aber offensichtlich passiert war, und sie nicht wusste, warum und was es war, wechselte allmählich über in Untergangsstimmung. Ihrer Meinung nach waren Wolf und sie doch bisher in der gegenwärtig gelebten Form des Zusammenseins glücklich gewesen. Vor einiger, bereits länger zurückliegender Zeit, hatten sie und ihr Ehemann, der Psychologe Dr. Wolf Heinzgen, sich arrangiert und statt einer beinahe fälligen Scheidung eine gut funktionierende Ehe außerhalb der Norm gestartet. Ohne es zu wollen, lachte Anke auf, bevor sie außerhalb der Norm vor sich hinmurmelte. Bisher war es perfekt gelaufen, trotzdem schien sich unbemerkt Disharmonie eingeschlichen zu haben. Und ich Kuh hab's zu spät gemerkt.
    Wolf setzte mittlerweile durch sein abgekühltes Verhalten ein eindeutiges Zeichen. „Ich bin jetzt zweiundfünfzig«, hatte er geknurrt. Die Zeit ist reif, mit meiner Frau eine tatsächliche Ehe zu führen. Vielleicht könnte ich sogar noch Vater werden.« Fassungslos hatte sie sich bei seinen Worten an die Kehle gegriffen. Nichtsdestotrotz hatte er gnadenlos gesagt: „Getrennt zusammen ist vorbei, Anke, entweder - oder.« Zum wiederholten Mal ließ sie seine Worte nachklingen, bis sie endlich drauf kam. Die Tonlage. Etwas darin war ihr aufgefallen, jetzt wusste sie, was es gewesen war. Verzweiflung! Ein letzter Hilferuf, der häufig vor einem nahenden Ende ausgesandt wird.
    Ein Entweder - Oder wollte sie nicht akzeptieren. Ich lasse mich nicht erpressen! Ihr Stolz schickte seine ersten Tränen. Nein, nicht ich! Anke Contoli, die selbstbewusste, mitten im Leben stehende Frau mit einem hohen Maß an Anspruch an sich selbst. Und an andere, an meinen Job, an meine Welt. Auf diese positive Erkenntnis schniefte sie kräftig und wischte hastig das Augenwasser von der Wange.
    Getroffen und wütend bis ins Mark war sie vor weniger als vier Stunden aus dem Himmelbett gesprungen, ins Auto gestürzt und zu Peter Benders Beförderungsfeier in den Schießclub nach Bad Neuenahr gefahren. Beide waren hier Mitglied. Mit der Zunge fing sie die nächsten Tränen auf, bevor sie auf ihre Mundwinkel trafen. Der Gedanke an Trennung bohrte in ihrer Brust, schickte die ersten Zeichen dieses Nichts-dagegen-tun-können-Schmerzes. Es gab kein Heilmittel – nur die Zeit. Bereits einmal hatte sie ohne Wolf gelebt und war nicht gestorben. Bis er vor der Tür gestanden und sie sich erneut von ihm hatte erobern lassen. Wundervoll war das gewesen. Ihre Augen schwemmten über. Ihre Zunge kam nicht mehr nach, alle Tränen aufzufangen. Kitzelnd liefen sie ihr in den Halsausschnitt. Gott sei Dank war kaum Verkehr um diese späte Uhrzeit. Sie hatte Remagen beinahe passiert. Rechts nahm sie die Ausläufer der nächtlichen Beleuchtung des Bahnhofs wahr. In gut einer halben Stunde würde sie zu Hause sein. Und jäh geschah es. Der Schatten schoss auf die Fahrbahn, als wolle er sich flach auf die Straße werfen. Für den Bruchteil einer Sekunde sah Anke verschwommen im Scheinwerfer ihres VW-Cabrios mit ihren feuchten, brennenden Augen massig Haare, die sich wie durch einen Windstoß wehend aufstellten. Ein Gesicht, das erschrocken direkt in die Autolichter starrte. Der unwirkliche Schatten schien über den Boden zu fliegen und war genauso rasch aus Ankes Gesichtskreis verschwunden. Wie von Sinnen riss sie das Steuer nach rechts, gleichzeitig trat ihr Fuß die Bremse durch. Oh Gott, war da nicht eben rechts noch eine Mauer? Doch sie hatte Glück im Unglück. Ihr Wagen drehte sich an der Einfahrt zum Parkplatz neben den Bahngleisen einmal um die eigene Achse. Er schrammte dabei knapp an der mittig stehenden Laterne vorbei, und während ihr Wagen kreiste, vibrierte vom Heck ein dumpfer Aufschlag durch das Fahrzeug. Oh mein Gott! Das Quietschen der Reifen hörte Anke nicht. Ihr Herzschlag übertönte alles um sie herum. Ich habe jemanden überfahren. Ich habe ... Quer zur Fahrbahn kam ihr Wagen zum Stehen. Automatisch startete sie die Warnblinkanlage, ehe sie die Fahrertür aufstieß und auf die Straße sprang. Mist! Mist! Oh Gott, oh Gott, ich hab jemand überfahren! Oh mein Gott, Wolf. Wie ein Huhn ohne Kopf drehte sie sich in alle Richtungen. Keine Hilfe in Sicht. Blass wie ein Gespenst lief sie um den Wagen herum und einige Meter weiter vor zu der Gestalt, die so seltsam verkrümmt auf dem Pflaster lag. Anke hielt sich
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