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Schatten ueber Innsmouth

Schatten ueber Innsmouth

Titel: Schatten ueber Innsmouth
Autoren: H. P. Lovecraft
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alten Gebäudes hinterlassen haben mußte, gesehen, auf welchem Weg ich auf die Straße gelangt war.
    Der offene Platz lag erwartungsgemäß im hellen Mondlicht, und in seiner Mitte sah ich die Reste einer parkartigen, mit einem Eisengeländer umfriedeten Grünfläche. Glücklicherweise war niemand in der Nähe, obwohl sich vom Stadtplatz her ein immer lauter werdendes Summen oder Dröhnen vernehmen ließ. Die South Street war sehr breit und führte mit leichtem Gefälle direkt zum Hafen hinunter, so daß man weit aufs Meer hinausschauen konnte. Ich hoffte, es möchte niemand aus der Ferne diese Straße hinaufschauen, während ich sie im hellen Mondlicht überquerte. Ich ging unbehindert weiter und hörte nichts, was darauf hätte schließen lassen, daß man mich entdeckt hatte. Ich schaute nach allen Richtungen und verlangsamte unwillkürlich für einen Augenblick meine Schritte, als ich unten am Ende der Straße das Meer sah, das phantastisch im gleißenden Mondlicht glitzerte. Weit draußen hinter dem Wellenbrecher war die dunkel schimmernde Linie des Teufelsriffs, und ich konnte nicht umhin, an alle die schrecklichen Legenden zu denken, die ich in den letzten vierunddreißig Stunden gehört hatte Legenden, nach denen dieser rauhe Felsen ein veritables Tor zu Regionen unergründlichen Grauens und unvorstellbarer Abnormität war.
    Und dann sah ich plötzlich auf dem fernen Riff in Abständen ein Licht aufblitzen. Es war ohne Zweifel eine Art Blinklicht, und bei seinem Anblick erfaßte mich blindes, von keinerlei Vernunft gebändigtes Entsetzen. Ich spannte unwillkürlich meine Muskeln, um in panischer Angst zu fliehen, und nur eine gewisse unbewußte Vorsicht und eine beinahe hypnotische Faszination hielten mich zurück. Zu allem Unglück sandte jetzt die hohe Kuppel des Hotels, das hinter mir gegen Nordosten aufragte, eine Serie analoger, jedoch in anderen Abständen aufblinkender Lichtblitze aus, die nichts anderes sein konnten als ein Antwortsignal.
    Ich gewann die Kontrolle über meine Muskeln zurück und machte mir aufs neue klar, wie deutlich ich zu sehen sein mußte;
    sogleich verfiel ich wieder in die raschere und vorgetäuscht watschelnde Gangart, schaute aber weiter auf das höllische, unheildrohende Riff hinaus, solange noch die South Street den Blick auf das Meer freiließ. Was das Ganze zu bedeuten hatte, konnte ich mir nicht vorstellen, es sei denn, es handelte sich um irgendeinen seltsamen Ritus im Zusammenhang mit dem Teufelsriff oder um Leute, die mit einem Boot zu diesem unheimlichen Felsen hinausgefahren waren. Ich wandte mich jetzt nach links, an der verwahrlosten Grünfläche vorbei, und schaute noch immer auf den gespenstisch im Licht des Sommermondes glänzenden Ozean hinaus und beobachtete das geheimnisvolle Blinken dieser namenlosen, unerklärlichen Leuchttürme. Und dann kam jener Eindruck, der schrecklicher war als alles andere, der mich vollends meiner Selbstbeherrschung beraubte und mich wie wahnsinnig in südlicher Richtung losrennen ließ, vorbei an den schwarzen, gähnenden Türöffnungen und fischäugig starrenden Fenstern dieser alptraumhaften Straße. Denn als ich genauer hinschaute, sah ich, daß die mondbeschienene Wasserfläche und das Ufer alles andere als leer waren. Vielmehr wimmelte es überall von unzähligen Gestalten, die auf die Stadt zuschwammen; und selbst aus der großen Entfernung und in dem einen kurzen Augenblick konnte ich erkennen, daß die auf und ab tanzenden Köpfe und wirbelnden Arme in einer Weise fremdartig und anormal waren, wie man es kaum beschreiben oder bewußt formulieren kann.
    Doch meine kopflose Flucht war zu Ende, bevor ich auch nur die nächste Kreuzung erreicht hatte, denn zu meiner Linken hörte ich jetzt das Geschrei und Getrappel organisierter Verfolgung. Ich vernahm Schritte und gutturale Rufe, und ein Auto keuchte mit ratterndem Motor die Federal Street entlang. Im Nu hatte ich all meine Pläne umgestoßen denn falls die Straße nachSüden vor mir blockiert wurde, mußte ich natürlich einen anderen Ausweg aus Innsmouth finden. Ich verbarg mich in einem Hauseingang und überlegte, was für ein Glück ich gehabt hatte, daß ich den mondhellen Platz hinter mich gebracht hatte, bevor die Verfolger die Parallelstraße entlanggekommen waren.
    Eine zweite Überlegung war weniger tröstlich. Da die Verfolger auf einer anderen Straße waren, bestand kein Zweifel, daß sie nicht unmittelbar hinter mir her waren. Sie hatten mich nicht gesehen,
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