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Schatten der Liebe

Titel: Schatten der Liebe
Autoren: Judith McNaught
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begonnen. Matt arbeitete tagsüber in einem Stahlwalzwerk, nachts und am Wochenende als Automechaniker; daneben machte er einen Fernkurs an der Indiana State University.
    Er lehnte sich über sie, stieß die Beifahrertür seines Wagens auf, und seine Stimme klang hart und unnachgiebig: »Entweder ich hole dich heute abend an der Eingangstür ab, oder du nimmst dir besser gleich etwas anderes vor.«
    »Aber was soll ich Daddy sagen, wenn er deinen Pritschenwagen in der Einfahrt sieht?«
    Ohne auf ihren überraschten Blick zu reagieren, antwortete Matt kühl: »Sag ihm, daß meine Limousine gerade in der Werkstatt ist.«

4
    Dezember 1973
    Langsam schob sich die lange Reihe schwerer Limousinen zu dem markisenüberdachten Eingang des Chicagoer Drake Hotels vor, wo jede kurz anhielt, um ihre jugendlichen Fahrgäste abzusetzen.
    Livrierte Portiers geleiteten die jungen Ankömmlinge in die Eingangshalle. Nicht ein Portier zeigte sich belustigt oder gar herablassend beim Eskortieren der jungen Gäste, die im maßgeschneiderten Smoking und Abendkleid erschienen. Schließlich handelte es sich hier nicht um gewöhnliche Kinder, die man für einen Schülerball oder Hochzeitsempfang herausgeputzt hatte und die sich von der ungewohnten Umgebung einschüchtern ließen. Es waren vielmehr die Kinder der reichsten und berühmtesten Chicagoer Familien; sie waren gelassen und traten selbstsicher auf. Lediglich die überschwengliche Begeisterung, mit der sie dem heutigen Abend entgegensahen, deutete auf ihre Jugend hin.
    Aus einem der hinteren chauffeurgesteuerten Wagen beobachtete Meredith die anderen jungen Leute beim Aussteigen. Wie sie waren alle hier, um an Miss Eppinghams jährlichem Dinner und Ball teilzunehmen. Heute abend würden Miss Eppinghams Schüler, die alle zwischen zwölf und vierzehn waren, die gesellschaftlichen Fertigkeiten unter Beweis stellen müssen, die sie in dem sechsmonatigen Kurs erworben bzw. verfeinert hatten - Fertigkeiten, die nötig waren, um sich charmant und anmutig in jener abgehobenen Sphäre bewegen zu können, der sie später als Erwachsene angehören würden. Deshalb mußten alle fünfzig Schüler, die hier in Abendgarderobe erschienen waren, diesen offiziellen Galaempfang absolvieren, sich dann zu einem zwölfgängigen Staatsbankett zu Tisch begeben und schließlich an dem Ball teilnehmen.
    Durch das Autofenster betrachtete Meredith die fröhlichen und erwartungsvollen Gesichter der anderen, die bereits in der Hotellobby versammelt waren. Sie war offenbar die einzige, die alleine gekommen war. Die anderen Mädchen kamen in Gruppen oder »in Begleitung« - oft eines älteren Bruders oder Cousins, der Miss Eppinghams Kurs bereits absolviert hatte. Neidisch musterte sie die eleganten Kleider der anderen Mädchen und sah, daß deren Haar kunstvoll aufgesteckt und mit Samtbändern durchflochten war oder von diamantbesetzten Spangen zurückgehalten wurde.
    Miss Eppingham hatte für den heutigen Abend den großen Ballsaal reserviert, und Meredith stieg mit klopfendem Herzen die Treppe der marmorverkleideten Hotelhalle hinauf. Ihre Knie zitterten. Auf dem Treppenabsatz erblickte sie die Tür zur Damentoilette und ging zielsicher darauf zu. In der Hoffnung, dadurch ihr Selbstvertrauen zu stärken, wandte sie sich drinnen sofort dem Spiegel zu. In Anbetracht dessen, was Lisa ursprünglich vorgefunden hatte, sah sie nicht einmal so schlecht aus. Ihr blondes Haar war auf der rechten Seite gescheitelt und wurde von einer Seidenblüte zurückgehalten. Meredith beschloß zu glauben, daß die Blume ihr ein mystisches, exotisches Aussehen verlieh, griff in die Tasche, holte Lisas pfirsichfarbenen Lippenstift heraus und malte sich vorsichtig den Mund an. Zufrieden mit dem Ergebnis, öffnete sie den Verschluß der Perlenkette und steckte sie in die Tasche. Dann nahm sie die Brille ab und stopfte sie zu den Perlen. »Wesentlich besser«, entschied sie optimistisch. Wenn sie nicht schielte, und wenn die Beleuchtung nicht zu hell war, bestand durchaus die Möglichkeit, daß Parker sie für ansehnlich hielt.
    Vor dem großen Ballsaal winkten sich die Eppingham-Schüler gegenseitig zu und standen in Grüppchen beisammen, aber niemand begrüßte sie oder rief ihren Namen und sagte: »Hoffentlich sitzen wir nebeneinander.« Sie konnten nichts dafür, Meredith wußte das. Schließlich kannten sich die meisten seit ihrer frühesten Kindheit; ihre Eltern waren befreundet, und sie hatten sich gegenseitig oft genug zum
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