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Schäfers Qualen

Schäfers Qualen

Titel: Schäfers Qualen
Autoren: G Haderer
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administrativen Dingen zu unterstützen?
    Als sich der Arzt umdrehte, flaute Schäfers aufwallender Ärger gleich wieder ab. Franz „der Knochen“ Konopatsch. Hatte sein Studium also doch noch fertiggebracht. Schäfer, der Konopatschs schroffe Art nur zu gut kannte, unterdrückte seinen Wunsch, ihn zu umarmen.
    „Hallo Knochen. Lange her …“
    „Schäfer. Ich habe dich nicht schon so früh erwartet“, sagte der Gerichtsmediziner trocken und ließ sein Gegenüber im Unklaren, ob er dessen berufsbedingtes Auftauchen oder seinen finalen Weg meinte.
    „In die Pathologie“, stieg Schäfer ohne Umschweife auf das rituelle gegenseitige Frotzeln ein, „so weit hat dich deine Vorliebe für den kühlen Frauentyp also gebracht.“
    „Gerichtsmedizin“, verbesserte ihn Konopatsch. „Also, willst du mich um Rezepte anschnorren, weil sie dir den Schlüssel fürs Asservat weggenommen haben, oder worum geht’s?“
    „Steiner“, beendete Schäfer ihre Begrüßungsparolen.
    „Steiner. Der eisern Gekreuzigte … na dann, ran an den Mann.“
    Er trank seinen Kaffee aus, stellte die Tasse auf ein Tablett neben dem Automaten und deutete Schäfer, ihm zu folgen.
    „Seid ihr mit der Obduktion schon fertig?“, fragte Schäfer den Rücken Konopatschs.
    „L’autopsie, c’est moi“, öffnete Konopatsch die Tür zum Leichenschauraum. „Und ja, ich bin fertig.“
    „Und? Das Loch im Kopf – oder sonst was?“
    „Beides. Er hat einen Schlag mit einem spitzen Gegenstand auf die Stirn bekommen. Dürfte ein Maurerhammer oder was in der Richtung gewesen sein, sind feine Metallspäne am Knochen. Schädel-Hirn-Trauma … hätte er möglicherweise überlebt, wenn er nicht aufgehängt worden wäre. Als der Bergführer und seine Truppe ihn gefunden haben, war er höchstens ein bis zwei Stunden tot. Das wäre sich noch ausgegangen. Aber am Kreuz zu hängen, ist eben keine stabile Seitenlage“, zog Konopatsch die Bahre aus der Kühlkammer und schlug das Leichentuch zurück.
    Schäfer schaute sich den Leichnam Steiners an, drehte sich um und ging zum Waschbecken, wo er sich die Hände wusch. „Also, woran ist er dann gestorben?“, fragte er Konopatsch, während er sich Fusseln des grünen Papierhandtuchs von den Fingern zupfte.
    „Herz. Erst der Schlag auf den Kopf, dann das Aufhängen, eine Schockreaktion, die durch die Sonne noch verstärkt wurde, und irgendwann wollte seine Pumpe nicht mehr.“
    „War er bei Bewusstsein?“
    „Kann ich dir nicht hundertprozentig sagen, ist aber gut möglich. Da der Schlag das Frontalhirn getroffen hat, ist er möglicherweise nur kurz bewusstlos gewesen und hat dann in etwa mitbekommen, was mit ihm passiert.“
    „Da war also jemandem das Umbringen nicht genug. Kreuzigen, das braucht doch seine Zeit, und leicht ist es sicher auch nicht, da achtzig Kilo anzubinden“, dachte Schäfer laut nach, während Konopatsch die Bahre zurück in die Kühlkammer schob.
    „Hat er eigentlich irgendwelche Kratzer, Hämatome oder …“
    „Spuren eines Kampfes, meinst du?“
    „Ja, schon gut, Fernsehpathologe. Also?“
    „Gerichtsmediziner, du Fernsehbulle. Nein. Er hat eine Prellung am Ellbogen, aber die dürfte er sich zugezogen haben, als er nach dem Schlag hingefallen ist. Die Blutergüsse und Abschürfungen an den Handgelenken sind vom Seil, mit dem er festgebunden worden ist. Spannende Sache, Major Schäfer.“
    Konopatsch begleitete Schäfer hinaus. Als sie vor dem Gebäude standen, um sich zu verabschieden, entschied sich Schäfer, dem Gerichtsmediziner vom zweiten Mord zu erzählen. „Ich nehme an, dass sie dir den Toten noch heute anliefern. Ruf mich an, sobald du ihn durchhast.“
    Schäfer gab Konopatsch seine Karte, ließ sich die des Mediziners geben und verließ das Klinikgelände. Auf dem Weg zum Bahnhof ging er in Gedanken noch einmal die Details ihres Gesprächs durch. Woher kannte Konopatsch eigentlich seinen Dienstgrad? Schließlich war Schäfer erst vor zwei Monaten befördert worden. Der Berktold-Mord. Ja, über den hatte Konopatsch wohl gelesen. Schäfer kaufte sich ein Zweite-Klasse-Ticket, holte seine Tasche aus dem Schließfach und ging zum Bahnsteig. In gut einer Stunde würde er in Kitzbühel sein.

6
    Schäfer stieg auf den Bahnsteig, stellte seine Tasche auf das Betonpflaster und sah sich um. Keiner da, der ihn abholte. Er hatte auch niemanden über seine Ankunftszeit informiert. Als er die Tasche wieder hochheben wollte, läutete sein Telefon.
    „Bergmann, was gibt’s?
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