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Schadrach im Feuerofen

Schadrach im Feuerofen

Titel: Schadrach im Feuerofen
Autoren: Robert Silverberg
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»Noch nicht.«
    »Wie ich höre, geht es bei Avatara auch rasch vorwärts. Sie sagen, sie wären mit der Umorientierung von Mangus Parametern auf… auf diejenigen des neuen Spenders praktisch fertig. Wochen vor dem Zeitplan. Es macht mir Angst, Schadrach.«
    »Das sollte es nicht.«
    »Ich kann nicht umhin, daran zu denken… Was, wenn sie jemals wirklich die… Übertragung…«
    »Das werden sie nicht tun«, sagt er. »Sie wird nicht dazu kommen. Der Alte kann mich nicht entbehren, so wie ich bin.«
    »Niemand ist unersetzlich, vergiß das nicht. Wie viele andere Ärzte, meinst du, hat er schon in Bereitschaft? Komplett mit eingebauten Signalgebern und allem?«
    »Keinen einzigen.«
    »Weißt du das bestimmt?«
    »Buckmaster würde es wissen, wenn jemals ein Duplikatsatz von seinem telemetrischen System gebaut worden wäre. Er hat nie etwas davon gehört.«
    »Buckmaster ist tot.«
    Er läßt sie in dem Glauben. »Ich weiß, daß es keinen Nachfolger gibt, der irgendwo bereitsteht und darauf wartet, daß ich aus dem Verkehr gezogen werde. Der Vorsitzende ist von mir abhängig. Und ich habe das Gefühl, daß ich ihm in naher Zukunft noch viel unentbehrlicher sein werde. Ich mache mir Avatares wegen keine Sorgen, Katja.«
    »Ich hoffe, du weißt, was du tust.«
    »Das hoffe ich auch«, sagt er.
    Der Vorsitzende liegt bäuchlings auf dem Operationstisch, wach und bei vollem Bewußtsein. Gelegentlich wendet er den Kopf zur Seite, um verdrießlich die um ihn versammelten Ärzte anzustarren – Schadrach, Warhaftig und einen chinesischen Neurochirurgen namens Ma’lin. In den kleinen schwarzen Augen, hinter den faltigen Lidern fast verborgen, ist ein unverkennbarer Ausdruck von Angst. In zehn Minuten wird der chirurgische Laser in seine Schädeldecke bohren, und die Aussicht darauf versetzt ihn in gelinde Panik. Wären nicht die unerträglichen Kopfschmerzen, die mit schmerzbetäubenden Mitteln nur vorübergehend und unvollkommen gelindert werden können, dann würde dies alles nicht geschehen.
    Der Kopf des Vorsitzenden ist rasiert, und ohne Haar sieht er seltsamerweise viel jünger und energischer aus. Die Eintrittswinkel für den Laser sind mit Leuchtfarbe auf der Kopfhaut markiert.
    Nach eingehender Besprechung mit Doktor Ma’lin trifft Warhaftig die Vorbereitungen für den ersten Einschnitt. Die Strategie der Operation ist in dreitägigen Vorbesprechungen festgelegt worden. Sie werden die wichtigen Gehirnzentren unberührt lassen. Der Schädel wird oben an der Okzipitalkurve geöffnet, worauf das Drainagegerät unter dem vierten Ventrikel nahe der Me-dulla oblongata in den Hirnstamm eingeschoben wird. Dies ist nach einhelliger Meinung der beteiligten Ärzte der optimale Platz für das Ventil, der überdies den Vorteil hat, daß das Laserskalpell vom Sitz der Vernunft ferngehalten wird. Freilich könnte jeder chirurgische Ausrutscher der Medulla Schaden zufügen, die vasomotorische und kardiale Funktionen sowie andere lebenswichtige autonome Reaktionen steuert. Aber Warhaftig ist kein Chirurg, der sich Ausrutscher leistet.
    Er wirft Schadrach einen Blick zu. »Ist alles in Ordnung?«
    »Alles in Ordnung. Wenn Sie soweit sind, kann es losgehen.« Ma’lin berührt das Genick des Vorsitzenden, der nicht darauf reagiert. Auch ein scharfes Zwicken in den Hinterhauptansatz bringt keine Reaktion. Er ist unter örtlicher Betäubung, die durch Sonipunktur erzeugt wurde. Er nickt Warhaftig zu.
    Warhaftig nickt zurück. »Fangen wir an.«
    Er macht den ersten Schnitt.
    Der Patient schließt die Augen, aber Schadrachs innere Monitore verraten ihm, daß der alte Mann noch immer bei vollem Bewußtsein ist, gespannt und konzentriert wie ein sprungbereiter Leopard auf einem Ast. Die Kopfhaut wird zurückgezogen und von Klammern festgehalten. Warhaftig tritt zur Seite und läßt Ma’lin den Schädeleinschnitt machen. Der Chinese hat seit dreißig Jahren Gehirnoperationen ausgeführt und weiß besser als Warhaftig, wie viel Spielraum seine Schnitte haben dürfen. Innerhalb weniger Minuten ist ein Fenster ins Schädeldach geschnitten und der Hinterhauptteil des Gehirns freigelegt.
    Nun beginnt die Suche nach dem geeigneten Ort zur Unterbringung des Ableitungsventils. Statt eines Lasers gebraucht der Neurochirurg jetzt eine Hohlnadel, die mit flüssigem Stickstoff gefüllt und auf eine Temperatur von -360“C abgekühlt ist. Die Nadel gleitet in die Tiefen des Hirnstamms, gefriert die Gehirnzellen und tötet sie bei längerem
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