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Schadrach im Feuerofen

Schadrach im Feuerofen

Titel: Schadrach im Feuerofen
Autoren: Robert Silverberg
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vorbehalten ist.
    Das erste, was sie sagt, nachdem sie einen freien Tisch gefunden und sich gesetzt haben, ist: »Ich habe nicht geglaubt, daß du jemals zurückkommen würdest.«
    »Ich hatte nie die Absicht, unterzutauchen. Ich wollte nur für eine Weile aus allem herauskommen und Zeit haben, mir eine Strategie auszudenken.«
    »Und ist dir das gelungen?«
    »Ich hoffe es. Bald werde ich es genauer wissen.«
    »Ich werde dich nicht mit Fragen behelligen.«
    »Dafür bin ich dir dankbar.«
    Sie lächelt. »Es freut mich, daß du wieder da bist. Nur mache ich nur Sorgen wegen der Gefahr, in der du schwebst.«
    »Wenn ich mir keine Sorgen mache, warum solltest du?«
    »Das brauche ich nicht zu beantworten.« Sie beugt sich vor und blickt ihm forschend in die Augen. »Ich habe dich vermißt, Schadrach. Es erstaunte mich, wie sehr ich dich vermißte. Aber du hast es nicht gern, wenn ich so etwas sage, nicht wahr?«
    »Wie kommst du auf die Idee?«
    »Deine Miene. Du machst ein so unbehagliches Gesicht. Aus meinem Mund magst du keine sanften Worte hören. Du meinst, zu einem forschen, scharfen Typ wie mir paßt das nicht.«
    »Ich bin es einfach nicht gewohnt, dich von der Seite zu sehen. Sie ist mir nicht vertraut.«
    »Wahrscheinlich gefällt es dir nicht einmal, daß ich in einem Kleid gekommen bin. Aber wenn du willst, kann ich wieder die andere Katja sein und mir den Labormantel überziehen.«
    Es hört sich beinahe an, als meine sie es ernst.
    Er nimmt ihre Hand. »Hör auf damit«, sagt er. »Du siehst gut aus.«
    »Danke.«
    Sie entzieht ihm die Hand.
    »Wirklich. Ich hätte es gleich sagen sollen, nicht wahr? So geht das Spiel. Und nun mußt du sagen…«
    »Wir sollten einander nichts vorspielen, Schadrach. Einverstanden?«
    »Einverstanden. Hast du dieses ausgeschnittene Kleid für mich angezogen, oder für dich?«
    »Für uns beide.«
    »Ah. Einfach, weil es dir Spaß machte, nicht? Weil dir danach war, als femme fatale zu erscheinen. Richtig?«
    »Richtig«, sagt sie. »Was dagegen?«
    »Nein, warum?«
    »Ist es erlaubt, dir zu sagen, daß ich dich vermißt habe? Du solltest mich nicht zwingen, eine Art von Maschine zu sein, Schadrach. Erwarte nicht, daß ich immer dem Bild gleiche, das du dir von mir machst. Ich verlange nicht, daß du mir sagst, du hättest mich vermißt. Aber gib mir das Recht, auszudrücken, was ich empfinde. Gib mir das Recht, gelegentlich albern zu sein, sentimental oder inkonsequent, wenn mir danach ist. Ohne dir gleich Gedanken zu machen, welches nun die richtige Katja sei. Ich bin immer die richtige Katja, wer immer ich im Moment sein mag. War?«
    »Klar«, sagt er und ergreift wieder ihre Hand, und diesmal läßt sie ihn gewähren.
    Nach einer kleinen Weile sagt er: »Was ist hier passiert, während ich fort war?«
    »Ich nehme an, du bist über die Kopfschmerzen des Vorsitzenden im Bilde.«
    Er nickt. »Deshalb kam ich vorzeitig zurück. Sowie ich in Peking die ersten telemetrischen Impulse von ihm empfing.«
    »Ist es was Ernstes?«
    »Wir werden operieren müssen«, sagt er. »Sobald eine Spezialanfertigung zur Verfügung steht, die ich bestellt habe.«
    »Ist Gehirnchirurgie besonders riskant?«
    »Nicht so riskant, wie du vielleicht meinst. Aber dem Alten gefällt die Vorstellung ganz und gar nicht: Laser, die in seinem Gehirn herumstochern und so weiter. Ich habe ihn vor einer Operation nie so besorgt und ängstlich gesehen. Aber er wird keinen Schaden nehmen. War sonst noch was los?«
    »Das Begräbnis.«
    »Ja, ich weiß. Ich war gerade in Jerusalem oder in Istanbul. Später sah ich einige Fotos.«
    »Es war monströs«, erzählt Katja. »Die Veranstaltungen und Feierlichkeiten zogen sich über Tage hin. Der Himmel weiß, wie viel das Ganze gekostet hat. Alles kam praktisch zum Stillstand, während die Reden, die Paraden, die militärischen Schaustellungen abliefen, das ganze feierliche Gepränge. Und der alte Mann saß die ganze Zeit in der Ehrenloge auf der Tribüne und hatte seine Freude daran.«
    »Was für ein Jammer, daß es mir entgangen ist.«
    »Ich kann mir vorstellen, wie gebrochen du warst.«
    »Ja, schrecklich.« Sie lachen. »Was gab es sonst?« fragt er. »Wie geht es mit deinem Projekt voran?«
    »Sehr gut. In den letzten drei Wochen haben wir größere Fortschritte gemacht als in den drei Monaten zuvor.«
    »Gut. Ich möchte, daß dein Projekt als erstes fertig wird.«
    »Hast du nach deiner Rückkehr mit Nicki Crowfoot gesprochen?«
    »Nein«, sagt er.
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