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Schachfigur im Zeitspiel

Schachfigur im Zeitspiel

Titel: Schachfigur im Zeitspiel
Autoren: Philip K. Dick
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weshalb du ein so besorgtes Gesicht machst, Jim«, sagte sie mit leiser Stimme. »Du hast gesehen, wie sie meinen Vater getötet haben. Ich will dir sagen, weshalb sie es getan haben. Du befürchtest, daß es der irre Fanatismus der Familie ist, der sich in einer weiteren Generation zeigt. Du täuschst dich. Sie haben Corith getötet, weil sie damit dein Leben retten konnten. Wenn er am Leben geblieben wäre, hätte er dich vernichtet. Ich wußte das, und die Kinder wußten es auch. Sie haben gesehen, daß du unfähig warst, es zu tun, und dafür bewundern sie dich noch mehr. Das war ein Beweis höchstmöglicher Ethik. Aber du bist ihnen zu wertvoll, um zuzulassen, daß dir irgend etwas zustößt. Ihre ganze Weltanschauung basiert auf dem, was ich ihnen über dich erzählt habe, und darauf, was sie selbst gesehen haben. Du mit deinen Werten, deiner humanen Ethik, deinem Bewußtsein für andere hast sie geformt, und durch ihren Beruf wirst du diese Gesellschaft verändern, auch wenn du selbst nicht mehr hier bist.«
    Eine Zeitlang sprach keiner von ihnen.
    »Du warst eine gewaltige und unwiderlegbare Lektion für diese Gesellschaft«, sagte Loris.
    Darauf konnte Parsons nichts sagen.
    »Und dein Beruf war dies ebenfalls«, fügte Loris hinzu.
    »Danke«, sagte er schließlich.
    Die drei lächelten ihn mit großer Zärtlichkeit an.
    Und mit Liebe. Sie sind meine Familie, sagte er sich. Und in diesen Kindern lebt das Beste von uns beiden, von Loris und mir.
    »Willst du jetzt gleich in deine Zeit zurückkehren?« fragte Loris auf ihre rücksichtsvolle, reife Weise.
    Er nickte. »Ich nehme an, das sollte ich.«
    Eine bedrückende und traurige Enttäuschung zeigte sich auf den Gesichtern der Kinder, aber sie sagten nichts, sondern akzeptierten seine Entscheidung.
    Wenig später schickte Loris Grace und Nathan hinaus, damit sie mit Parsons noch ein paar Minuten allein sein konnte.
    »Werde ich je hierher zurückkommen?« fragte er sie direkt.
    »Das sage ich dir nicht.« Sie bewahrte Haltung.
    »Aber du weißt es.«
    »Ja«, sagte sie.
    »Warum willst du es mir nicht sagen?«
    »Ich will dich nicht in deiner Entscheidungsfreiheit einschränken. Wenn ich es dir sage, wirkt es wie vorherbestimmt, dir aus den Händen genommen. Aber natürlich wäre es trotz allem immer noch deine Entscheidung – so wie es deine Entscheidung war, meinen Vater nicht zu töten.«
    »Glaubst du, daß diese Wahlmöglichkeit tatsächlich existiert? Vielleicht ist sie nur eine Illusion.«
    »Ich glaube, daß sie echt ist.«
    Dabei ließ er es bewenden.
    »In einer einzigen Angelegenheit allerdings hast du keine Wahl«, fuhr sie fort. »Du weißt Bescheid, du weißt, was noch zu tun bleibt. Natürlich kannst du das genausogut hier wie auch in deiner eigenen Zeit tun.«
    »Ja«, stimmte er zu. »Aber ich würde es lieber dort tun.«
    Loris stand auf und sagte: »Ich bringe dich zurück. Willst du die Kinder noch einmal sehen, bevor du gehst?«
    Er zögerte. »Nein«, entschied er. »Mein Gefühl sagt mir, daß ich zurückkehren muß. Und wenn ich sie jetzt noch einmal sehe, dann werde ich mein Vorhaben wahrscheinlich nicht ausführen.«
    Nüchtern sagte Loris: »Wir haben fast zwanzig Jahre ohne dich gelebt, und für dich ist nur rund eine Stunde vergangen. Wenn du dich entschließt, zu uns zurückzukehren, wirst auch du einen Zeitraum von zwanzig Jahren hinter dir haben. Aber …« Sie lächelte. »Aber für uns werden nur ein paar Tage vergehen, verstehst du?«
    »Ihr werdet nicht lange warten müssen«, sagte er.
    Loris nickte.
    »Wie eigenartig«, sagte er. »Zwei Familien zu haben und das in verschiedenen Perioden der Geschichte.«
    »Siehst du es so – daß du zwei hast? Ich sehe nur eine. Hier, bei den Kindern. Weit zurück, in deiner eigenen Zeit, hast du zwar eine Frau, aber keine Familie.« Ihre Augen funkelten in der vertrauten Entschlossenheit.
    Parsons sagte: »Du bist eine schwierige Person. Das Leben mit dir wird nicht einfach sein.« Er sprach halb scherzend, trotzdem jedoch mit einer gewissen Ernsthaftigkeit.
    »Dies hier ist ein schwieriges Zeitalter«, konterte Loris.
    Das konnte er kaum bestreiten.
    Als sie auf das Zeitschiff zugingen, sagte Loris: »Hast du Angst vor den Problemen, die dich hier erwarten? Nein, ich weiß, das hast du nicht. Was dich betrifft – du hast keine Angst. Du wärst uns eine große Hilfe.«
    Sie betraten das Schiff, und sie schloß die Tür hinter ihnen. »Was ist mit Helmar?« fragte er. »Ist er noch
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