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Schach Mit Einem Vampir

Schach Mit Einem Vampir

Titel: Schach Mit Einem Vampir
Autoren: Dirk Krüger
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Misstrauisch machte er deshalb einen Schritt auf den Untoten zu, um das Holz ganz durch dessen Herz zu stoßen. Doch das erledigte der Vampir überraschenderweise ganz von selbst. Mit einem heftigen Ruck trieb er sich das angespitzte Holz durch das Organ. Augenblicklich sackte der Schachspieler zusammen. In Sekunden übersprang sein Körper Stationen der Verwesung, die sonst Wochen, Monate und Jahre benötigten. Unter welkender Haut und zerbröselndem Fleisch zeigten sich die blanken Knochen. Doch auch diese zersetzten sich rasend schnell. Eine blutige, blasige Schleimschicht hüllte den Untoten ein, bis diese sich pulverisierte. Schließlich zerfiel der uralte Körper endgültig zu Staub. Nur die Kleidung des Vampirs blieb als Erinnerung der Schaudergestalt zurück. Es war vorbei. Dieser Vampir war für alle Zeiten vernichtet. Fraizer blickte noch einen kurzen Moment auf die staubigen Überreste des Ausgelöschten, dann drehte er sich der Leiche seiner Frau zu. Langsam kniete er sich neben sie nieder und streichelte ihr sanft über das zerzauste Haar. Ja, er trauerte um sie. Er hatte sie geliebt. Jedoch schien dieses Gefühl rasend schnell zu verschwinden. So, als würde ein welkes Blatt vom Winde verweht. Warum verhielt er sich nur so seltsam? Was war mit ihm los? Und wie hatte der Vampir seine letzten Worte gemeint, die nun noch einmal durch Fraizers Verstand hämmerten.
    „Schachmatt.“ Meinte er damit sein eigenes Ende? Ja, Fraizer hatte ihn vernichtet und die Worte passten zum Sprachgebrauch des Mörders, eben zum Schachspieler . Aber was meinte der Vampir, als er sagte: Sie werden es selbst erfahren … Das Alleinsein ist der Fluch des ewigen Lebens. Der Detektiv verspürte plötzlich Hunger. Das irritierte ihn vollends. War er denn nun auch vollkommen wahnsinnig geworden? Hatte ihn der Schachspieler mit seinem kranken Geist infiziert? Seine Frau lag tot und aufgeschnitten vor ihm. Ihr blutiges Herz lag neben ihr und er dachte nur daran, seinen Magen zu füllen? Dann erkannte er es … Es war der Blutgeruch, der in der Luft des Raumes hing, welches das Verlangen nach Nahrung in ihm weckte! Dieser Gedanke durchfuhr ihn wie ein heftiger Stromschlag. Fraizer sprang auf die Beine und er hob seinen Blick. Er wollte sein Gesicht im kleinen Spiegel an der Wand betrachten. Aber da folgte der nächste Schock für ihn. Denn er sah in dem Spiegel nur die Räumlichkeit, nicht aber sein Spiegelbild! Nun wurde ihm alles bewusst und eine furchtbare Erkenntnis überkam ihn. Die Worte des Vampirs ergaben urplötzlich einen erschreckenden Sinn. Fraizer dachte an seine Flucht aus dem unterirdischen Gefängnis. Da war der für einen Menschen unmögliche hohe Sprung, heraus aus seinem Gefängnis gewesen. Er entsann sich an den Tunnel, den er in vollkommener Dunkelheit, in einem rasend schnellen Tempo, durchlaufen hatte. So, als herrschte darin hellstes Tageslicht. Dabei hatte er eine Ratte zertreten, die ihm nicht mehr ausweichen konnte, weil er zu schnell für den flinken Nager war. Die vielen Passanten auf dem Bahnsteig, die ihn ignoriert hatten, obwohl er aus der Fahrröhre der U-Bahn kam. Auch sie hatten ihn nicht wahrgenommen, weil sein Tempo zu hoch gewesen war. Oder der erschrockene Taxifahrer, der bei seinem Anblick in panische Angst ausgebrochen war. Denn der Taxifahrer hatte in die spukhafte Fratze eines Vampirs geblickt! Hatte er ihn nicht wie ein Spielzeug aus dem Wagen gezogen? Einen erwachsenen Mann, um die neunzig Kilo schwer, geworfen wie einen Tennisball? Und schließlich der ausgewogene Kampf mit dem Schachspieler hier in seiner Wohnung. Fraizer wurde es schlagartig bewusst. Er war der Verlierer in diesem ausweglosen Spiel. So, wie es ihm die Bestie prophezeit hatte. Der Vampir hatte ihn, während er besinnungslos war, gebissen. Ihn mit dem Vampirvirus infiziert. Er hatte ihn zu dem gemacht, was Fraizer zuvor abgrundtief verabscheute.
    Schachmatt , hämmerte es wieder durch Fraizers Schädel. Denn jetzt war Steve Fraizer der Vampir, die Bestie.
    Als er hörte, wie sich die Polizeisirenen von Weitem rasch näherten, riss er sich aus seinen Gedanken los. Er akzeptierte überraschend schnell sein neues Dasein als Nachtwandler und verdrängte sein altes Leben als Mensch. Und er verdrängte die Personen, die ihm früher etwas bedeutet hatten. War die Vergangenheit überhaupt noch wichtig? Sicher, seine Frau würde er nicht so schnell vergessen können. Nicht ihre Liebe. Doch nun erwartete ihn das ewige Leben. Und
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