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Schach Mit Einem Vampir

Schach Mit Einem Vampir

Titel: Schach Mit Einem Vampir
Autoren: Dirk Krüger
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schreckliche Szenario sah, als er das gemeinsame Schlafzimmer betrat, stieg unbändige nie gekannte Wut in ihm auf. Eine Wut, die von Trauer genährt wurde und die ihn rasend machte. Denn Fraizer sah den ausgesaugten, blutleeren Leichnam seiner Christien am Boden liegen. Nur wenige Tropfen des Lebenssaftes rannen aus der furchtbaren Wunde am Hals. Er konnte ihr nicht mehr helfen, er war zu spät gekommen. Sie musste tot sein, denn ihr Herz, das sie Fraizer vor einigen Jahren als Beweis ihrer Liebe zu ihm geschenkt hatte, lag feucht glänzend im Kunstlicht der Schlafzimmerbeleuchtung neben ihrem Körper auf dem flauschigen Teppichboden. Keine zwei Schritte von ihr entfernt stand der Vampir. Seine abscheuliche Fratze war zu einem bizarren Grinsen verzerrt. In seiner Hand hielt er ein großes blutverschmiertes Fleischermesser. Fraizer erkannte es. Es stammte aus seiner eigenen Küche. An den Mundwinkeln des Untoten klebten dünne Fähnchen frischen Blutes.
    Christiens Blut! Fraizer rechnete jeden Moment mit der Attacke des Untoten, jedoch reagierte das Monstrum ganz entgegen seiner Erwartung. Der Vampir ließ einfach das Messer fallen und ging damit nicht auf den Detektiv los. Die blutverschmierte Klinge landete zu Füßen des Vampirs. Das Fallgeräusch wurde vom Teppich absorbiert. Fraizer spekulierte, ob der Untote nur überheblich war und ob er von seinen unnatürlichen Fähigkeiten so überzeugt war, dass er meinte, für den unvermeidlichen Kampf mit dem Detektiv keine Waffe mehr benötigen zu müssen. Nahm er ihn etwa nicht als ernst zu nehmenden Gegner wahr? Dieses Verhalten steigerte Fraizers unbändigen Zorn.
    „Verdammter Vampir! Ich lösche dich jetzt endgültig aus!“, entfuhr es dem Hausherrn wütend. Schon stürzte er mit langen Sätzen auf den grausamen Mörder zu. Es kam zu einem erbitterten Kampf. Bei dem folgenden Gerangel fiel Fraizer der Holzpflock zu Boden. Die beiden Kontrahenten schenkten sich nichts. Sie teilten Hiebe und harte Schläge aus. Tritte fanden ihr Ziel. Sie kämpften erbittert miteinander, bis es Fraizer für einen Augenblick gelang, sich aus dem harten Griff der Bestie zu befreien. Der Detektiv feuerte einige gezielte, zerstörerische Fausthiebe auf den Kopf seines Gegners ab. War der Vampir durch irgendetwas geschwächt worden, überlegte der Privatdetektiv verwundert. Hatte er durch den Schock, dem er durch den Verlust seiner Vampirbraut ausgesetzt wurde, Kräfte eingebüßt? Fraizer glaubte deutlich zu spüren, dass dem Vampir die brutale Stärke abhandengekommen war, die er noch in seiner steinernen Behausung unter der U-Bahn-Station an den Tag gelegt hatte. Und wo war seine erschreckende Schnelligkeit geblieben? Oder spielte er ihm nur etwas vor? Im Gegenzug konnte der Detektiv unzählige Attacken des Untoten parieren und treffsicher einige Schläge an den Kopf des Vampirs platzieren. Ein gewaltiger Schlag von Fraizer schleuderte den Unheimlichen gegen die Wand. Ein Ölporträt, das Fraizer vor Jahren von seiner Frau hatte malen lassen, ging dabei zu Bruch. Die Trümmerteile des Rahmens fielen zu Boden und die Leinwand fand Zerstörung unter den Schuhsohlen des Untoten. Der Vampir wirkte angeschlagen, benommen. Diese Situation nutzte Fraizer aus, um den improvisierten Pflock vom Boden aufzuheben. Mit einem Sprung war er beim Vampir und stieß das spitze Holz zwischen dessen Rippen. Der Durchbohrte heulte unter Qualen auf wie ein verwundetes Tier. Doch noch war er nicht vernichtet, das Herz des Unholds nicht durchbohrt. Keuchend und geschwächt sprach er seinen Bezwinger an, denn er ahnte es: Dies war sein sicheres Ende.
    „Schachmatt, Mister Fraizer. Sie haben unserem Spiel eine unerwartete Wendung gegeben. Ich gratuliere Ihnen. Und gleichzeitig bin ich Ihnen dankbar. Wofür, fragen Sie sich? Für … meine Erlösung. Denn eine Existenz ohne meine Braut wäre in Zukunft nur eine Qual für mich. Sie werden es selbst erfahren … Das Alleinsein ist der Fluch des ewigen Lebens. Jemanden zu finden, mit dem man wirklich zusammen sein möchte, ist schwieriger als alles andere …“ Ein tiefer Atemzug hob den Brustkorb des Vampirs. Dann nahm er unter furchtbaren Qualen seine Hände empor, umschloss mit ihnen fest den Holzstumpf, der aus seiner Brust ragte. Dessen Spitze steckte nur einige Zentimeter vor dem kalten Herzen des Vampirs. Fraizer fürchtete schon, die Schreckgestalt würde den Pflock wieder aus seinem Körper herausziehen, um dann den Kampf mit ihm wieder aufzunehmen.
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