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Scepter und Hammer

Scepter und Hammer

Titel: Scepter und Hammer
Autoren: Karl May
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war eine Scheibe zerbrochen, so daß er hindurchlangen und öffnen konnte. Als er hinausgestiegen war und den Verschluß wieder bewerkstelligt hatte, trat Thomas auf ihn zu.
    »Gott sei Dank, Herr Doktor, daß Sie mit heiler Haut wieder pei mir sind! Die Hexe ist schon längst wieder heraus. Was hat es denn da drin gegepen?«
    »Das sollst Du später erfahren. Bis dahin aber erzählst Du keinem Menschen, was heut geschehen ist!«
    »Keinem einzigen; ich gepe gleich einen Eid darauf! Nicht einmal der guten Parpara Seidenmüller, die doch sonst Alles wissen muß!« – – –
Drittes Kapitel
Die Brüder Jesu
    Es war an demselben Abende. Der nach der Hauptstadt gehende Schnellzug mußte bald kommen, und die Reisenden im Wartezimmer erster und zweiter Klasse machten sich allmählich zum Aufbruche fertig.
    An einem der entfernt stehenden Tische saßen zwei Männer, deren Aeußeres nicht kontrastirender gedacht werden konnte. Der Eine, welcher die Uniform eines Obersten der Infanterie trug, war mit beinahe herkulischen Gliedmaßen begabt und überragte den andern, welcher außerordentlich klein und schwächlich gebaut war, beinahe um das Doppelte. Seine Gesichtszüge waren, wenn nicht roh, so doch außerordentlich eckig und kantig geschnitten und zeigten jene intensive Röthe, welche die Folge einer wohlbesetzten Tafel und eines ebenso gut gefüllten Kellers zu sein pflegt. Wenn es zugegeben werden muß, daß es Physiognomien gibt, welche zu einem zoologischen Vergleiche auffordern, so mußte man zugestehen, daß dieses Gesicht an denjenigen Wiederkäuer erinnerte, welcher in den Savannen der westlichen Hemisphäre wild gejagt und in Spanien zu aufregenden Kämpfen benutzt wird. Gewalt und Eigenwille waren deutlich in demselben ausgeprägt, und stier, wie die Augen blickten, mußte auch der Charakter sein, der wohl durch keine klärende und läuternde Schule gegangen war. Der Offizier machte ganz den Eindruck eines Mannes, der sich durch rohe Tapferkeit und Hintansetzung aller Gefahr vom niedrigsten Grade, wo eine bessere Bildung nicht verlangt wird, zu einer Charge emporgeschwungen hat, welcher er in intellektueller Beziehung sich nur mit Mühe gewachsen zeigen kann. Der Andere, dessen Bewegungen außerordentlich leicht und lebhaft waren, trug eine feine, durchweg schwarze Kleidung. Das bleiche, bartlose Gesicht hatte etwas freundlich Lauerndes und das Auge einen sicheren, durchdringenden Blick, dem wohl schwer etwas entgehen konnte, was es sich zu erfassen bemühte.
    »Also ein
self-man
sind Sie, Herr Oberst,« meinte der Kleine, »der Alles, was er ist und hat, sich selbst verdankt. Dann ist Ihr Weg voller Dornen gewesen und wird es später wohl noch mehr sein. Gerade in Ihrer Branche ist die Konnexion der Hauptfaktor des Vorwärtsschreitens.«
    »Der Teufel soll mich holen, wenn dies nicht wahr ist! Konnexion, Protektion und noch so manche andere ›ion‹ bringt manchen Laffen in die Höhe, der nichts vorzustellen vermag, als einen betreßten und bebrouillonten Taugenichts. Nur gut, daß es auch gewisse ›ions‹ gibt, bei denen diese Schlingels spurlos verschwinden, weil da nur der gebraucht werden kann, der einen ganzen Mann abgibt!«
    »Und diese ›ions,‹ welche sind es?«
    Der Offizier blickte sich vorsichtig um und flüsterte:
    »Dieselben, welche auch Sie meinen: Rebellion, Revolution. Lassen Sie es nur so bald wie möglich losgehen; ich bin mit Leib und Seele dabei und werde die mir angewiesene Stelle zur vollsten Zufriedenheit ausfüllen.«
    »So schnell, wie Sie wünschen, geht es allerdings nicht. Ein so großes und gefährliches Werk bedarf der sorgsamsten und umfassendsten Vorbereitungen.«
    »Pah! Ich bin vorbereitet und meine Jungens machen alle mit. Der Teufel soll mich holen, wenn ein einziger zurückbleibt!«
    »Sind Sie dessen sicher?«
    »Sicher? Welche Frage! Ich bin Oberst, und mein Regiment hat mir zu gehorchen.«
    »Gewiß, in den gegenwärtigen regulären Verhältnissen. Ob es Ihnen aber auch dann gehorcht, wenn diese Verhältnisse auf den Kopf gestellt werden, das ist eine Frage, welche nicht so leicht beantwortet werden kann.«
    »Dann bin ich erst recht meiner Sache sicher.«
    »Auch Ihres Offizierskorps?«
    »Vollständig. Es besteht aus lauter Männern, die, dem Bürgerstande entsprossen, in der Hefe stecken bleiben müssen, weil Ihnen die Vetter im Kriegsministerium fehlen. Gebt mir und Ihnen eine Gelegenheit zum Avancement, und der Teufel soll mich holen, wenn wir nicht unsere
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