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Scatterheart

Scatterheart

Titel: Scatterheart
Autoren: Lili Wilkinson
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zusammen.
    Thomas blickte auf seine Fußspitzen.
    »Zieh dich um«, befahl Arthur Cheshire seiner Tochter.
    »Ich muss mit Mr Behr reden.«
    Die Männer gingen ins Speisezimmer. Hannah kauerte auf der Treppe und versuchte etwas zu verstehen. Die Stimme ihres Vaters klang leise und aufgebracht.
    »… wenn sie jemand so gesehen hätte …«
    Mr Behrs Antwort war ein Murmeln. Arthur Cheshire setzte seine Strafpredigt fort.
    »… große Erwartungen an meine Tochter … einen vermögenden Mann …«
    Hannah biss sich auf die Lippen und schlich auf ihr Zimmer, um sich umzuziehen.
    Nach ungefähr einer Stunde ließ ihr Vater sie ins Speisezimmer rufen. Bevor sie eintrat, kniff sie sich in die Wangen und strich ihre Haare glatt.
    Der Vater saß in einem Sessel und las die Zeitung. Vor ihm stand ein großes Glas Brandy.
    »Guten Morgen, mein Schatz«, sagte er geistesabwesend.
    »Es ist Nachmittag, Papa.«
    »Wirklich?« Er blickte hoch. »Wer hätte das gedacht.« Er streckte die Hand nach seinem Glas aus.
    Adams, der Diener, betrat das Zimmer. Ihm folgte Lettie, das Hausmädchen. Sie stellten silberne Platten und weiße Porzellanschüsseln mit eingelegten Heringen, Rührei, kaltem Braten und hauchdünn geschnittenem Schinken auf das weiße Leinentischtuch. Arthur Cheshire bedeutete Adams ihm nachzuschenken.
    »Ist es gestern Abend spät bei dir geworden, Papa?«, fragte Hannah und nahm am Tisch Platz.
    »Teuflisch spät«, erwiderte ihr Vater und füllte seinen Teller. Er schaufelte Rührei in sich hinein und spülte mit Brandy nach. Dann blickte er seine Tochter an und kniff die Augen zusammen. »Mein Engel, du musst wissen, dass ich sehr enttäuscht von dir bin.«
    Hannah knetete das Tischtuch zwischen ihren Fingern. Ihr war zum Heulen zumute.
    »Papa, bitte lass Thomas nicht gehen.«
    Arthur Cheshire zog seine sorgfältig gezupften Augenbrauen hoch. »Ich habe mit
Mr Behr
ausführlich über seine … Erziehungsmethoden gesprochen. Sie sind völlig unangemessen für eine junge Dame von Stand.«
    Hannah schwieg.
    »Als ich ihn anstellte«, fuhr Arthur Cheshire fort, »hatte ich ihm ausdrücklich erklärt, welche Art von Erziehung ich für dich wünsche.«
    »Aber Papa«, sagte Hannah. »Thom… Mr Behr ist ein ausgezeichneter Lehrer. Er hat mir wunderbare Dinge beigebracht.«
    Arthur Cheshire runzelte die Stirn. »Genau das ist das Problem«, sagte er. »Für eine junge Dame von Stand ist es völlig unerheblich, etwas über die heidnischen Götter der Ägypter oder die Reisen des Marco Polo zu wissen. Unerheblich und unerwünscht.«
    Hannahs Unterlippe bebte.
    »Hannah, du musst endlich begreifen, dass du dich sittsam und würdevoll benehmen musst, wenn du einen guten Ehemann bekommen willst.«
    Hannah sah ihn an. »Einen Ehemann?«
    Arthur Cheshire lächelte. »Natürlich, mein Schatz. Das willst du doch auch?«
    Sie nahm sich eine Scheibe Schinken.
    »Du bist eine bildschöne junge Dame«, sagte ihr Vater.
    »Du kannst dir einen wirklich vornehmen Mann angeln.« Hannah riss den Schinken in dünne Streifen. War sie wirklich schön?
    Ihr Vater beugte sich vor und tätschelte ihr Knie. »Wir werden einen reichen Mann für dich finden. Du wirst in einem herrschaftlichen Haus in Mayfair wohnen, mit Kutschen und fünfzig Dienern. Und du wirst die besten Gesellschaften geben, die London je gesehen hat.«
    Hannah dachte eine Weile darüber nach. Es klang märchenhaft.
    »Aber was ist mit Mr Behr?«, fragte sie.
    »Er wird zum Monatsende aufhören.«
    Hannah erstarrte, die Hand halb zum Mund geführt.
    Dann legte sie den Schinken wieder auf den Teller.
    Ihr Vater seufzte. »Du bist fast fünfzehn, Hannah. Viel zu alt für einen Hauslehrer.«
    »Oh«, machte Hannah und überlegte, was sie den ganzen Tag ohne Thomas Behr tun sollte.
    »Du wirst viel zu beschäftigt sein, wenn du Tanztees besuchst und reiche Männer kennenlernst.«
    »Ja, Papa«, sagte Hannah.
    »Ich werde Hauslehrer für dich engagieren, die dir die Dinge beibringen, die ein junge Dame wirklich braucht. Tanzen, Klavier spielen, Malen. Und wenn du dann fünfzehn bist, wirst du in die Gesellschaft eingeführt.«
    Hannah schwieg.
    »Übrigens«, sagte Arthur Cheshire, »Mr Harris kommt zum Abendessen. Zieh dir etwas Nettes an.«
    Hannah verzog das Gesicht. Mr Harris war ein dicker, asthmatischer Mann, der mit Arthur Cheshire Karten spielte. Er war mindestens fünfzig Jahre alt, sein Gesicht war immerzu gerötet und er schwitzte unaufhörlich.
    »Du musst wissen,
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