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Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman

Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman

Titel: Saxnot stirbt nie - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Zweiter Roman
Autoren: Gordian Robert
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dass Männer ein Boot zu Wasser ließen. Sie stießen es in Stromrichtung vorwärts. Ein rauer Zuruf ertönte. Sie sprangen hinein und begannen, aus Leibeskräften zu rudern.
    „Zum Teufel!“, rief Odo. „Das ist die Fähre! Wir müssen sie aufhalten. Sonst wird es für heute zu spät!“
    Er rannte hinunter zum Wasser, schwenkte die Arme und brüllte: „Zurück!“
    Aber das Boot war schon von der Strömung erfasst und trieb rasch zur Mitte des Flusses. Es war ein langes, flaches Boot mit hoch aufragendem Vordersteven. Der bärtige Fährmann stemmte sich gegen das Steuerruder, um nicht allzu weit abgetrieben zu werden. Dabei schrie er etwas, das wegen des starken Windes nicht zu verstehen war, und deutete zum anderen Ufer. Dort wartete ein bunter Haufen von Männern, Frauen, Kindern und Tieren.
    Odo war wütend und zog sein Schwert.
    „Hol über, Kerl! Das ist ein Befehl im Namen des Königs! Willst du, dass ich dich auf diese Klinge spieße?“
    Auch ich war inzwischen zum Ufer hinunter gestapft.
    „Was schreist du noch?“, rief ich. „Es ist zu spät. Wenn sie zurück sind, wird es dämmern. Wie sollen wir dann noch da drüben vier oder fünf Meilen hinter uns bringen?“
    „Das schaffen wir, Vater! Ich hab keine Lust, zum dritten Mal in einer stinkenden Herberge zu nächtigen. Wir setzen heute noch über, aber vorher werde ich diesem Schuft von Fährmann, der es wagt, den Befehl eines Königsboten …“
    Er verschluckte die Drohung und schwieg überrascht. Aus dem Hause war eine Frau getreten, rotwangig, rund, mit blonden Löckchen, einen rasch übergeworfenen Umhang um die Schultern, den sie im Gehen mit einer Fibel befestigte. Ihre Röcke raffend, unter denen sie Strümpfe und Schuhe mit glänzenden Schnallen trug, eilte sie uns geschäftig entgegen
    „Heil Euch, edler Herr! Und auch Euch, Vater!“, sagte sie, indem sie ganz unbefangen vor uns stehen blieb und von einem zum anderen blickte. „Gewiss seid Ihr müde von der Reise und sehnt Euch nach einem trockenen Plätzchen. Tretet ins Haus ein! An einer guten Mahlzeit soll es nicht fehlen. Auch Eure Tiere wird man versorgen. Erweist uns die Ehre und folgt mir!“
    Die Frau hielt diese kurze Ansprache in der eigentümlichen Art, mit der sich die Sachsen in der lingua theotisca ausdrücken. Am ersten Tag verstand ich fast gar nichts. Als gebürtiger Ostfranke und als Fuldaer Mönch hatte ich allerdings oft mit Sachsen zu tun gehabt und konnte mich schnell wieder an ihre Sprache gewöhnen. Odo, der Westfranke, hatte auch jetzt noch seine Schwierigkeiten. Doch war natürlich nicht schwer zu erraten, was uns die hübsche Wirtin anbot. Eifrig stimmte er allem zu, was sie sagte, wobei er sie wohlgefällig musterte.
    „Wollten wir nicht heute noch weiter?“, wandte ich spöttisch ein.
    „Wo denkst du hin?“, rief Odo. „Wie sollten wir jetzt noch drei bis vier Meilen schaffen! Es wird ja bald Nacht!“
    So riefen wir unsere Begleiter und durchschritten nacheinander die niedrige Tür der Schänke: Odo, der sich tief bücken musste; dann ich, der ich mühelos aufrecht hindurch kam; Rouhfaz, unser fadendünner, glatzköpfiger Diener und Schreiber; Fulk, der schweigsame alte Krieger, der unseren Wachtrupp befehligt; schließlich seine drei Männer, brave, etwas einfältige, aber waffentüchtige Burschen.
    Wir wurden angenehm überrascht. Das Haus war erst vor kurzem erbaut worden, alles wirkte neu und sauber. Die mächtigen Firstsäulen in der Mitte waren vom Rauch noch kaum geschwärzt. Rund um den Herd standen gescheuerte Tische und Bänke, der Boden war sorgsam mit Häcksel bestreut, an den Wänden sah man blank poliertes Geschirr und Gerät. In langer Reihe hingen an eisernen Haken Schinken und Würste zum Räuchern von der Decke. Ein paar Hunde strichen umher, doch Pferde, Kühe, Schweine, Hühner und Gänse, in dieser Gegend meist Hausgenossen der Menschen, hatten anscheinend keinen Zutritt. Unsere Tiere wurden von Knechten hinter das Haus geführt, wo ich Stallgebäude und Speicher gesehen hatte.
    Nichts Angenehmeres gibt es, als nach einem Tag voller Widrigkeiten in ein gastliches Haus zu kommen. Wir ließen uns auf den Bänken nieder, legten das Schuhwerk ab und streckten die nassen Füße zur Herdflamme hin. Im Kessel brodelte eine Fleischsuppe. Mägde füllten Krüge mit Bier. Eine fröhliche Unterhaltung begann. Odo scherzte mit der Wirtin, der das sichtlich nicht unangenehm war.
    „Weißt du, an wen sie mich erinnert?“, sagte er
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