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Saupech (German Edition)

Saupech (German Edition)

Titel: Saupech (German Edition)
Autoren: Veronika A. Grager
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mit nach Hause nahmen, bildete einen nicht gerade unerheblichen Anteil am Umsatz.
    »War der Pecherhof in der Monarchie Hoflieferant?«, hatte gestern ein älterer Herr, tiefbraun mit weißem Spitzbart und blank poliertem Schädel, gefragt und dabei auf das in die Jahre gekommene Firmenschild gedeutet, auf dem »K & K Harzverwertung« stand.
    »Nein, meines Wissens nach nicht. ›K & K‹ steht für Kinaski und Kinaski, Vater und Sohn.«
    »Ach so!« Enttäuschung war in der Stimme des Mannes mitgeschwungen.
    Eigentlich stand es ja mal für die Kinaski-Brüder, Karl und Klaus. Aber Klaus war vor mehr als zwanzig Jahren einfach abgehauen und hatte ihn mit den Schulden und dem Pecherhof sitzen lassen. Nicht eine Zeile war er ihm in all den Jahren wert gewesen. Karl hatte oft darüber nachgedacht, was wohl der Grund dafür gewesen sein mochte, dass sein Bruder alles liegen und stehen lassen hatte und ohne ein Wort verschwunden war. Vielleicht hatten die Leute ja recht, die meinten, er sei vor der Gundi geflüchtet, die behauptet hatte, von ihm schwanger zu sein, und verlangte, dass er sie heiratete. Als Klaus verschwand, verschwand seltsamerweise auch ihre Schwangerschaft. Angeblich hatte sie aus lauter Kummer das Kind verloren. Vielleicht war es ja wirklich so gewesen, eher jedoch nicht. Aber die Gundi war schon eine Nummer. Denn kurz darauf hatte sie sich den Sohn des Bürgermeisters geangelt. Mit dem gleichen windigen Trick.
    Vielleicht sollt ich mir für meine Kunden doch eine hoffähige G’schicht ausdenken, sinnierte Karl Kinaski. Würde ja keinem wehtun. Und für das Geschäft wäre es vermutlich förderlich. Außerdem sollte er auch erwähnen, dass sie seit Menschengedenken das Kolophonium für die Wiener Symphoniker lieferten. Natürlich auch für andere Orchester. Aber dieses war weit über die Grenzen Österreichs hinaus bekannt. Und seinen Weihrauch bestellte sogar der Vatikan. Die Propolis-Creme war ein Wahnsinn für die Haut, wobei er Propolis von einem Imker in Langebichl bezog. Und seine Waschperlen fürs Gesicht erst! Auch die hartnäckigste Akne verschwand, wenn man statt Seife oder irgendwelcher sauteuren Cremes die Waschperlen benutzte. Aber was nützte das alles, wenn es so wenig Leute wussten?
    Er musste mehr Hirnschmalz und mehr Geld in seine Werbung investieren. Die Geschäfte gingen nicht schlecht, aber gut war auch anders. Eigentlich sollte sich Mario, sein Sohn, um die Werbung kümmern. Doch der arbeitete momentan neben seinem Studium an einem anderen wichtigen Projekt. Er befand, dass der Pecherhof gute Aussichten hätte, als UNESCO -Kulturerbe anerkannt zu werden, und werkte in jeder freien Minute an den Unterlagen. Was Mario bisher nebenbei an Vorschlägen für die Werbung präsentiert hatte, davon war Karl nicht gerade angetan:
    Für immer jung und schön,
    mit Kinaskis Propolis-Creme.
    Igitt!
    Jung, gesund und schön,
    durch Kinaskis Propolis-Creme.
    Nicht viel besser.
    Du musst richtig ran?
    Kinaskis Kiefern-Balsam!
    Da kriegte man ja Bauchweh!
    Dein Nacken schmerzt bis in den Arm,
    da hilft dir Kinaskis Kiefern-Balsam.
    Na ja, vielleicht.
    Von der Hexe geschossen? Kinaski weiß Rat:
    Unser Kiefern-Balsam hilft akkurat.
    Schaute noch am besten aus.
    Ein Date? Doch Pickel und Akne quälen dich?
    Kinaskis Waschperlen retten dein Gesicht.
    Mumpf! Wahrscheinlich war er einfach zu alt für solche Sprüche. Blöd nur, dass ihm auch nichts Besseres einfiel.
    Karl rollte das letzte Fass auf die linke Seite, wo die anderen leeren Fässer auf ihren Abtransport warteten. Etwas schepperte dumpf gegen die Blechwand. Das war doch gar nicht möglich! Was sollte denn in einem leeren Pechfass herumkullern? Karl Kinaski stemmte das Fass in die Höhe. Selbst leer war das keine Kleinigkeit. Dann holte er ein Stemmeisen und hebelte den Deckel auf. Und traute seinen Augen nicht. Im Fass lag ein Kopf. Da hatte sich sicher jemand einen blöden Scherz erlaubt und eine Faschingsmaske über einen Holzkopf gezogen!
    »Oh mein Gott.« Sein Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen, als ihm bewusst wurde, dass der Schädel echt sein musste. Von einem Menschen stammte. Er war gut erhalten, eigentlich unversehrt, sah man von der gelben Gesichtsfarbe ab und davon, dass er jemandem abgesäbelt worden war, lange bevor er hierhergelangt war. Wenigstens niemand, den er kannte.
    »Was zum Kuckuck …?«, murmelte er. Was sollte er jetzt tun? Voll Panik blickte er sich um. Beobachtete ihn jemand? War der Mörder noch in der
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