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Saubande: Ein Schweinekrimi (German Edition)

Saubande: Ein Schweinekrimi (German Edition)

Titel: Saubande: Ein Schweinekrimi (German Edition)
Autoren: Arne Blum
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einmal mit dem Fuß aus. »Steh auf, faule Sau!«, knurrte er.
    Kim blickte sich um. Sie hatte verschlafen, verdammt, der Stall war leer, die anderen waren schon auf die Wiese hinausgelaufen. Eilig schwang sie sich auf die Beine und trabte hinaus, nicht ohne Haderer jedoch mit einem gegrunzten Fluch zu bedenken. Er wirkte genauso missgelaunt wie immer, und auch sonst schien sich nichts geändert zu haben. War Dörthe gar nicht abgeführt worden? Hatte sie das alles vielleicht nur geträumt? Che und die anderen beachteten sie gar nicht, als sie an ihnen vorbeitrottete. Wieder gab es nur altes Brot, ein wenig Salat und Kartoffelschalen. Mochte der Himmel wissen, wo Haderer ständig diese Kartoffelschalen herbekam. Kim stellte fest, dass sie immer noch keinen rechten Hunger hatte. Sie warf einen Blick zum Hof hinüber. Da war niemand – keine weißen Menschen, keine Autos, nicht einmal den dicken Kommissar Ebersbach konnte sie entdecken. Doch als sie ihre Augen zum anderen Ende ihrer Wiese wandte, sah sie es – selbst auf diese Entfernung. Sie hatte sich nicht getäuscht. Als würde sie nach besonders saftigen Grasbüscheln suchen, die es allerdings nirgendwo mehr gab, weil Brunst sie längst gefressen hatte, schlenderte sie hinüber.
    Es war ein richtiges Loch im Zaun, wo Lunke in der Nacht hindurchgeprescht sein musste. Er hatte den Zaun einfach niedergetreten, an zwei Metallstacheln hingen dunkle Borsten und an einem zwei, drei Tropfen Blut. Er hatte also das Risiko nicht gescheut, sich zu verletzen, um zu ihr zu gelangen. Kim spürte, wie sie ein seltsames Gefühl durchflutete – ein Gefühl, das sie nicht kannte und das sich irgendwie heiß in ihr ausbreitete.
    »Er ist heute Nacht da gewesen, nicht wahr?«, sagte Doktor Pik neben ihr. »Er ist ein wilder Schwarzer. Weshalb ist er gekommen? Langweilt er sich? Will er dir schöne Augen machen?«
    Kim bemühte sich, teilnahmslos zu klingen. »Ich weiß nicht«, antwortete sie. Sollte sie Doktor Pik sagen, dass sie Lunke zu Kaltmann geschickt hatte, um herauszufinden, ob dem Schlächter das Messer gehörte?
    »Wir könnten ausbrechen – ja, theoretisch könnten wir das«, erklärte Doktor Pik nachdenklich.
    Plötzlich standen auch Brunst, Cecile und Che hinter ihnen und starrten den ramponierten Zaun an.
    »Und dann?«, fragte Brunst, der wieder mal an etwas kaute. »Finden wir da draußen genug zu fressen? Hier geht es uns doch gut. Außerdem ist es heute viel zu heiß, um sich groß zu bewegen.« Er blickte zum Himmel, der schon seit über einer Woche von keiner Wolke getrübt wurde.
    »Vielleicht könnten wir einen Spaziergang machen«, quiekte Cecile. »Aber auf keinen Fall möchte ich wieder in einem Schaufenster enden, wo Menschenkinder mich begaffen und wo ich mich kaum drehen und wenden kann und Sägemehl fressen muss.« Für einen Augenblick malte sich der Schrecken in ihrem Gesicht ab.
    Che trat mit wichtiger Miene ein paar Schritte vor und schnüffelte an den Borsten von Lunke herum. »Ich wette, das ist eine Falle. Sie wollen, dass wir ausbrechen, und dann stürzen sie sich auf uns. So einfach sollten wir es ihnen aber nicht machen.«
    Wen meinte er mit »sie«? fragte Kim sich. Wilde Schwarze wie Lunke oder Menschen? Aber warum sollten sich Menschen auf sie stürzen? Das ergab keinen Sinn.
    Eher ängstlich denn sehnsuchtsvoll blickte Che in den Wald auf die andere Seite des Zauns. Regte sich da etwas? Wartete Lunke vielleicht auf sie?
    Kim bemerkte, dass Doktor Pik sie ansah, als erwartete er, dass auch sie etwas sagte. »Wir könnten die Gelegenheit nutzen und zu Kaltmann gehen«, erklärte sie leise. »Uns ein wenig umschauen, ob er tatsächlich als Mörder in Frage kommt …«
    Che schnaufte verächtlich. »Das ist das Verrückteste, was ich je gehört habe. Ein Schwein, das am helllichten Tag zu einem Schlächter läuft …« Er schüttelte sich und trabte davon. »So etwas kann auch nur Kim einfallen.«
    Nachdem Che sich entfernt hatte, wobei er unaufhörlich vor sich hin murmelte, liefen auch Brunst und Cecile davon. Einzig Doktor Pik blieb zurück.
    »Ich bin zu alt«, sagte er und deutete auf das Loch, »aber du könntest es versuchen. Du musst dich nur vor Wanderzirkussen und Schlächtern in Acht nehmen.«
    Kim schüttelte den Kopf. Sie würde auf Lunke warten, sagte sie sich. »Gibt es das?«, fragte sie, weil ihr plötzlich einfiel, was Dörthe in der Nacht gesagt hatte, »ein Land, wo die Menschen Schweinen nichts tun, sondern sie
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