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Satt Sauber Sicher

Titel: Satt Sauber Sicher
Autoren: Dirk Bernemann
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und Karla. Das Nebeneinander, die Gewohnheit, das schlimme Böse zwischendurch. Die alles durchflutende Druckluftleere, die Männer impotent und Frauen putzsüchtig macht. Das alles wohnt in diesem Einfamilienreihenhaus mit Garten. Der Rasen grünt, als gäbe es morgen kein Grün mehr. Vor dem Haus der gewaschene Wagen. Der muss da stehen, Hubert parkt ihn gern da ein. Jeder soll ihn sehen. Hubert hat ein Markenauto aus Deutschland. Vorne ein Stern. Endlich nach all diesen gebrauchten Opels und Mobilen ohne Seele und Anerkennung steht da dieses Ding rum. Vorne vor dem Haus. Vorne in dem Wagen ist ein Navigationssystem. Da drin wohnt eine kleine Frau, die sagt, wo man hinfährt. Die würde Hubert gern kennenlernen, die kleine, serienmäßige Benzschlampe, aber er ist zu doof, das Navigationsding korrekt zu bedienen, und die kleine Frau sagt immer nur: "Guten Tag, bitte geben Sie Ihr Fahrziel ein ..." Damit ist der Hubert dann überfordert und wohin man auch fährt, sagt sie nur diesen einen Satz.
    Karla hasst Autofahren. Sie hat selbst keinen Führerschein, den hat nur Hubert. Dieser Zweckfahrmann ist in ihren Augen ein nichtsnutziger Totalversager. Sein Auto der Ersatz für einen kleinen Penis und weitere Minderwertigkeitskomplexe aller Art. Ach ja, Huberts Penis. So kurz geraten und so lange nicht mehr gesehen. Sexuelle Frustration wohin die Gedanken auch schweifen. Karlas Vagina vereinsamt zusehends. So sieht die Sache für Karla aus. Ein Typ voller Krankheiten und Lähmungen, der sich an Sachen aufgeilt, die so unnütz sind wie eine Karaokemaschine für Analphabeten und nicht an ihr. So gern wäre sie wieder erfüllt von seiner, nein, lieber irgendeiner Männlichkeit.
    Man hat Es versehentlich geheiratet. Man hat dann wegen dieser Traditionsehe Kinder gezeugt und groß gemacht. Das war eigentlich eine gute Zeit, weil die Familienzucht keine Zeit für Zwischengedankenließ. Hubert und Karla als Hengst und Stute. Sie waren überfordert mit der Aufzucht ihrer Brut. Da kamen Kinder aus Karlas Schoß geblutet, die man sich anders gewünscht hätte. Viel zu laut diese Zwerge, viel zu individuell, viel zu dumm, viel zu beweglich. Schrecklich dieses Zusehen in Kombination mit dem eigenen Verwelken. Die Kinder. Das Heranwachsen. Das Lernen. Und die Idiotie der Kinder passte Karla und Hubert nicht. Die Zucht so schwer, die Nahrung so teuer, die Abende zu müde zum Sein. So dämmerten sie dahin. Und beide wussten sie nicht, was da eigentlich passiert war, das große "Warum?" über ihren mit schweren Gedanken beladenen Köpfen. Aber so war es nun einmal, der Ist-Stand dieser Ehe.
    Nach der Geburt der beiden Kinder, als sie so sechs oder acht Jahre alt waren, war Hubert so genervt von seinem Zuhause, von seinem nicht vorhandenen Leben, dass er es immer mehr mied, wirklich zu Hause Ansprechpartner für Frau und Kinder zu sein. Lieber unterwegs sein und die Wichtigkeit des Geldverdienens vortäuschen. Unterwegs sein mit beschissenen Autos. Daheim dann die Frau. Die Frau, die alles gut machen wollte, die Familie zusammenhalten, die Kinder gut behandeln, nicht schlagen die Kinder, bloß nicht schlagen, obwohl man ihnen gerne Socken in die vorlauten Münder gesteckt hätte, wenn sie mal wieder die Welt erklärt haben wollten. Manchmal hat sie sie aber geschlagen und die Wirksamkeit einer flachen Hand auf einem Kinderpo, die man im Vollrausch der Gefühlsüberforderung niedersausen lässt, hat Karlas Erziehungsstrategie vervollständigt. Aber sie fand sie auch so süß, diese beiden Jungs, wie sie sich in ihren Pullovern einrollten, die sie strickte, die Karla. Jeden Winter strickte sie den kleinen Kerlen einen viel zu bunten und viel zu süßen Pullover und jedes Jahr verbrauchte sie mehr Wolle, als sie wollte. Ebenso süß fand sie die Schokoladenmünder ihrer Kinder.
    Sie aßen so unkompliziert und frei, wie Kinder eben essen, und häufig gab es eben diese Schokolade als Besänftigung für die Kleinen. Manchmal auch in völlig unbedachten Situationen. Ein Kind warf zum Beispiel etwas runter, das auf der Erde Scherben verursachte, das andere Kind kroch durch den Scherbenhaufen und verletzte sich an der kleinen Hand und am Ende aßen alle friedlich Schokolade. Erziehung ist halt auch Gefühlssache, sagte sich Karla immer.
    Zwischendurch schleicht sich purer Hass durch alle Poren des Denkens. Irgendwann erkennt man sich dann doch als Individuum in der Ehe wieder. Die Zweckgemeinschaft, in der man sich dumm und fett fühlt und
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