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Satans Bruder

Satans Bruder

Titel: Satans Bruder
Autoren: Jonathan Kellerman
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über dem schwarzen Granitfußboden hingen riesige Kronleuchter. Im Vordergrund stand ein Banketttisch, voll gepackt mit Papayas, Mangos, Bananen, Trauben und dicken, saftigen Stücken orangegelber, honigsüßer, vollreifer Ananas, und alle zwei Meter stand eine massiv silberne, blau schimmernde Kaffeekanne.
    Im Saal verteilt standen runde Tische, jeweils mit zwölf Gedecken, an denen Hunderte von Männern und einige Frauen aßen, Kaffee tranken und zuhörten.
    Wir saßen in unserer Luxussuite und schauten es uns im Fernsehen an.
    »Da, es geht los«, sagte Robin.
    Hoffman erhob sich von seinem Stuhl in der Mitte des großen Tisches. Er trug einen mokkabraunen Anzug, ein weißes Hemd und eine gelbe Krawatte.
    Er stand vor einem Banner: Ein neuer Anfang im Pazifikraum.
    Er sprach, hielt inne, wartete den Applaus ab und sprach weiter. Ein kleiner Scherz, Gelächter, wieder ein paar Sätze, wieder Applaus.
    Und dann hörte er auf zu reden und lächelte nur noch. Etwas in seinen Augen veränderte sich.
    Die Kamera schwenkte zum Ende des Saales, von wo ein hoch gewachsener, dünner alter Mann in einem nagelneuen grauen Anzug auf den Tisch zukam.
    Neben ihm ging die Frau, die ich zuerst als Jo Picker kennen gelernt hatte und dann als Jane Bendig, hochoffiziell in marineblauem Kostüm und weißer Bluse mit hohem Kragen. Man sah ihr nicht an, dass sie die letzten zweiundsiebzig Stunden durchgearbeitet hatte.
    Der einfache Teil war gewesen, von Creedmans Computer aus gefälschte E-Mails abzusetzen. Viel schwerer war es gewesen, Moreland davon zu überzeugen, dass er sich rehabilitieren konnte.
    Auch die Ärzte und Psychologen der Klinik hatten dabei eine wichtige Rolle gespielt. Sie hatten die Kinder mit so viel Achtung und Mitgefühl behandelt, dass Moreland sicher sein konnte, es nicht mit Technokraten zu tun zu haben.
    Jane hatte mit ihm über ihre eigene Trauer gesprochen und über Schuld und Vergebung.
    Am Ende hatte er nicht mehr die Kraft gehabt, sich weiter zu sträuben.
    Und nun ging er voran, führte Jane in den Saal - sie und sechs blau gekleidete Männer, die, wie Sargträger, ein großes, schwarzes Etwas flankierten, zwölf dünne, schlurfende Beine unter einem schwarzen Tuch.
    Es wurde unruhig im Saal. Moreland und Jane gingen auf den langen Tisch zu. Das schwarze Tuch schien hinter ihnen zu schweben. Einige der Männer neben Hoffman rührten sich, doch andere hielten sie fest.
    Die Kamera schwenkte auf Hoffman, Großaufnahme. Er lächelte immer noch. Dann sagte er etwas zu einem Mann, der hinter ihm stand, doch auch der wurde festgehalten.
    Schließlich stand Moreland vor ihm. Hoffman öffnete den Mund, doch dann lächelte er nur.
    »Was soll das?«, rief jemand, und das schien Hoffman aus seiner Lähmung zu reißen.
    »Verzeihen Sie, meine Damen und Herren, der Mann hier ist sehr verstört. Er belästigt mich schon seit einiger Zeit ...«
    Die Männer in Blau schlugen mit einer Bewegung aus dem Handgelenk das schwarze Tuch zur Seite und sechs weiche, verkrüppelte Menschen wurden sichtbar, die Arme an die Seite gedrückt, friedlich wie satte Babys. Der Kronleuchter strahlte gnadenlos auf ihre vernarbte, schneeweiße Haut, doch die Ärzte hatten bestätigt, dass nur Sonnenlicht für sie schädlich war. Das schwarze Tuch hatte dazu gedient, sie vor Gaffern zu schützen.
     Der ganze Saal hielt den Atem an. »Mein Gott«, sagte jemand. Ein Glas zerschellte.
    Zwei Männer in blauen Anzügen ergriffen Hoffman und Moreland sagte laut: »Mein Name ist Woodrow Wilson Moreland. Ich bin Arzt. Ich habe eine Geschichte zu erzählen.«
    Hoffman lächelte nicht mehr.

40
    Wenige Tage später saßen wir im Flugzeug nach L. A., erste Klasse, Sitze wie Klubsessel, alles auf Kosten des Verteidigungsministeriums, selbst ein eigener Platz für Spike in seinem Reisekorb.
    Zum Abendessen hatte es mit Seezungenpastete gefüllten Lachs gegeben. Ich hatte eine halbe Flasche Chablis getrunken und war eingeschlafen. Robin hatte den Wein kaum angerührt, doch auch sie war eingeschlummert. Ihr Kopf lag auf der Wolldecke, die meine Schultern bedeckte.
    Ich erinnerte mich nicht, geträumt zu haben, doch als ich aufwachte, dachte ich an Haygood. Wie war er als Kind gewesen? Gab es irgendwo eine Mutter, die um ihn weinte?
    Dumme, aber unvermeidliche Gedanken, die ich schnell abschüttelte, indem ich an das Positive dachte, das wir erreicht hatten.
    Ben war frei und die Zukunft sah für Aruk nicht mehr ganz so hoffnungslos aus.
    Die »Kinder«
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