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Satans Bruder

Satans Bruder

Titel: Satans Bruder
Autoren: Jonathan Kellerman
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herausgefunden?«
    »Das war nicht schwer. Ich war damals alles andere als diskret. Diskretion gehörte nicht zum Repertoire des großen Playboys. Hoffman oder jemand aus seinem Stab könnte ohne weiteres etwas gehört oder gar gesehen haben. An der Nordgrenze der Basis gab es einen leeren Hangar mit kleinen, unbenutzten Büros, wo sich Offiziere mit Mädchen aus dem Dorf trafen. ›Spielzimmer‹ nannten wir die. Es gab dort Matratzen, Alkohol und Kofferradios für die romantische Musik. Wir sahen uns immer noch als Kriegshelden und dachten, das stände uns zu.«
    »Hat sich auch Hoffman dort mit Mädchen getroffen?«
    »Nicht dass ich wüsste. Seine einzige Lust ist die Macht.«
    »Und als Jacqui ein blondes Baby zur Welt brachte, zählte er zwei und zwei zusammen.«
    »Es war ein wunderschönes Baby - von einer wunderschönen Frau.«
    »War es wirklich nur die Insel, in die Sie sich verliebt hatten, Bill?«
    Er lächelte. »Jacqui und ich ... Sie ist eine sehr starke Frau, sehr unabhängig. Im Laufe der Jahre wurden wir zu guten Freunden. Ich glaube, es war gut für uns beide.«
    Ich dachte an das Ölporträt über dem Kamin und sagte: »Eine starke Frau - ganz im Gegensatz zu Barbara. Litt sie schon lange an Depressionen?«
    Er nickte. »Es war chronisch, seit vielen Jahren. Sie hatte sich mehrmals der Schocktherapie unterzogen. Nach Hawaii ist sie auch nur gereist, um dort einen neuen Psychiater auszuprobieren, ich weiß nicht, den wievielten. Doch sie erschien nicht zu ihrem Termin. Wahrscheinlich verbrachte sie ihre Zeit lieber damit, sich mit Hoffman zu betrinken. Er spürte ihre Schwäche und dann erzählte er ihr, was ich getan hatte. Und am nächsten Morgen ging sie ins Wasser.«
    Er lag mit einem Teil seines Gewichts auf seinem verwundeten Arm und ich half ihm, eine bequemere Position zu finden.
    »Nun wissen Sie, was er gegen mich in der Hand hat: Er wollte es Pam erzählen. Für den Tod ihrer Mutter ist er ebenso verantwortlich wie ich. Wir haben sie gemeinsam umgebracht. Insofern sind wir wirklich Partner, zwei alte Hirsche in ewigem Kampf, die Geweihe hoffnungslos miteinander verhakt, genau wie Sie gesagt haben. Ein wunderbares Bild, mein Freund. Stört es Sie, wenn ich Sie als meinen Freund betrachte?«
    »Nein, Bill.«
    »All die Jahre habe ich mich danach gesehnt, ihn zu entlarven, und die ganze Zeit habe ich mir eingeredet, es ginge nicht, wegen der Kinder - um die Kinder nicht in Gefahr zu bringen. Doch heute Abend, als Sie Fragen zu stellen begannen, war ich gezwungen, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen. All die Jahre habe ich geschwiegen, weil ich wusste, es würde Pam vernichten. Ich habe sie fortgeschickt, weil mir alles zu viel wurde und weil ich mich schuldig fühlte, aber auch, weil ich nicht wollte, dass sie und Dennis ... Und was passiert? Sie kommt her und es geht sofort los.« Er klammerte sich an meinen Arm. »Was mache ich nur? Was soll ich nur tun?«
    »Erzählen Sie ihr alles.«
    »Wie könnte ich das?«
    »Sie werden es können, wenn die Zeit kommt.«
    »Sie ist nur deshalb von Männern so behandelt worden, weil ich sie im Stich gelassen habe! Sie wird mich hassen!« »Warum trauen Sie ihr nicht ein wenig mehr zu, Bill? Sie liebt Sie und würde Ihnen gern näher kommen. Dass das nicht möglich zu sein scheint, verursacht ihr den größten Schmerz.«
    Er hielt sich den gesunden Arm vors Gesicht. »Nimmt es denn nie ein Ende?«
    »Sie liebt Sie«, wiederholte ich. »Sobald sie einsieht, dass Sie auch Gutes getan haben, sobald sie das Gefühl hat, Sie wirklich zu kennen, wird Sie vielleicht bereit sein, den Preis zu zahlen.«
    »Den Preis«, sagte er matt. »Alles hat seinen Preis ...«
    Er nahm seinen Arm vom Gesicht und schaute mich an. »Gibt es noch etwas, das Sie wissen möchten?«
    »Nur wenn Sie mir noch etwas erzählen wollen.«
    Er blieb stumm. Seine Augen waren geschlossen, seine Lippen bewegten sich.
    »Ich kann Sie nicht hören, Bill.«
    »Schreckliche Dinge«, sagte er wenig lauter. »Die Zeit ... die Zeit trügt ...«
    »Sie haben Fehler gemacht, Bill, aber Sie haben auch Gutes geleistet.«
    Er verzog das Gesicht und ich ergriff seine kalte, schlaffe Hand.
    »Bill?«
    »Schreckliche Dinge ...«
    Dann schlief er ein.

39
    Es war ein großer, prächtiger Saal in einem großen, prächtigen Hotel. Eine der Wände war ganz aus Glas und bot eine Aussicht auf einen weißen Strand und eine schäumende Brandung.
    Die drei anderen Wände waren mit Akazienholz getäfelt.
    Hoch
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