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Sarg niemals nie

Sarg niemals nie

Titel: Sarg niemals nie
Autoren: Dan Wells
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Leben«, sagte ich unwirsch, als ich ihm die letzte Schlinge von den Füßen löste. »Ineinem Sarg aufzuwachen, ist noch das Alltäglichste, was ich in letzter Zeit erlebt habe.«
    »Sie wollen mich doch nicht etwa töten!« Er rieb sich die Handgelenke, während wir die Treppe hinaufstiegen. »Ich verspreche auch, ein guter Gefolgsmann zu sein. Ich könnte Ihnen jede Menge Opfer bringen. Ich kenne viele, die würde keiner vermissen.«
    »Wir tun Ihnen nichts.« Ich half ihm hinauf. John und Percy bemühten sich bereits um den Deckel des leeren Sargs. »Sie sollen sich nur ganz ruhig in den Sarg legen und so tun, als wären Sie tot.«
    »Ich soll so tun, als wäre ich tot?«, fragte Gustav.
    »Sie sollen nur so tun«, besänftigte ich ihn. »Niemand verlangt von Ihnen, tatsächlich zu sterben.«
    »Versprechen Sie mir das?«, fragte er.
    »Ich verspreche es bei meiner Ehre als …« Mir fiel nichts Ehrenhaftes ein, worauf ich mich berufen könnte.
    »Ich entschuldige mich ausdrücklich bei Ihnen, Sir«, sagte Percy zu Gustav, »aber allmählich glaube ich, dass wir sowieso bald alle tot sind. Also spielt es keine große Rolle mehr, was man Ihnen antut.«
    »Wenn Sie bitte in den Sarg steigen wollen«, sagte ich. »Setzen Sie sich.« Gustav lächelte gequält und gehorchte.
    »Ich soll so tun, als wäre ich tot?«, fragte er noch einmal.
    »Ganz genau«, sagte ich. »Wir helfen Ihnen dabei, so gut wir können.«
    »Wie wollen Sie mir helfen?«
    »Mary?« Ich deutete auf Gustav. Sie zückte ihre Keule und drosch sie Gustav auf den Kopf. Es dauerte ein Weilchen, bis er ohnmächtig wurde und ich ihn sachte in den Sarg legen konnte.
    »Du!«, rief jemand hinter uns. Wir fuhren erschrocken herum. Inspector Herring war bis zum oberen Ende der Treppe gekrochen. »Du hast ihn getötet«, rief er, »aber du entkommst mir nicht noch einmal.«
    »Was ist da los?« Mister Gaddie riss die Tür zum Flur auf und schlug sie Herring ins Gesicht. Der Inspector kugelte die Treppe hinunter, und Mary trat rasch vor die offene Kellertür und verbarg die Keule hinter dem Rücken.
    Hinter Mister Gaddie tauchte Wachtmeister Barrow im Flur auf. Er starrte mich an, und ich verharrte wie ein Tier, das der Jäger im Visier hat.
    »Gwen«, sagte ich.
    »Kennen wir uns nicht irgendwoher?«, fragte der Wachtmeister.
    »Hier hat doch jemand gerufen«, sagte Mister Gaddie. »Ich habe es deutlich gehört.«
    »Gwen«, sagte ich etwas lauter. Sie zupfte den Wachtmeister am Ärmel, vermochte ihn jedoch nicht abzulenken und schnitt eine hilflose Grimasse.
    »Ich sagte Ihnen doch, Sie sollen auf die Zigeuner-Totengräber besser achtgeben.« Mister Gaddie trat einen Schritt auf mich zu.
    »Oh, darum haben wir uns schon gekümmert«, strahlte John.
    »Irgendwie kommen Sie mir sehr bekannt vor.« Der Wachtmeister legte den Kopf schief. »Haben Sie irgendwann einmal in Bath gelebt?«
    »Bitte, Gwen.« Ich wagte nicht, mich zu bewegen.
    »Na gut.« Sie holte tief Luft. »Wenn es schon sein muss, dann gibt es nur noch eins.«
    Ich zuckte zusammen, weil ich nicht wusste, was sie im Schilde führte.
    »So etwas habe ich noch nie getan, aber du lässt mir keine Wahl.« Sie leckte sich die Lippen.
    »Was denn, meine Liebe?«, fragte der Wachtmeister und wandte sich zu ihr um.
    Gwen schöpfte noch einmal tief Luft, schüttelte den Kopf, bleckte die Zähne und ging auf den Hals des Wachtmeisters los.
    »Aaah!«, rief Percy. Mary schlug rasch die Tür zu und riss die Augen weit auf.
    »Könnte mir jemand erklären, was hier los ist?«, verlangte Mister Gaddie. »Ich bin doch nicht gekommen, um mich mit einem Haufen tobsüchtiger Irrer abzugeben, die aus irgendeinem Heim entsprungen sind.«
    »Natürlich nicht, Sir«, pflichtete ich ihm rasch bei. »Wie Sie sehen, ist der Tote bereit.«
    Mister Gaddie betrachtete Gustav. Erfreut schien er nicht, aber das war bei ihm nichts Ungewöhnliches.
    »Sehr gut«, sagte er. »Und jetzt schaffen Sie ihn in die Kapelle, damit wir dies endlich hinter uns bringen.«
    »In die Kapelle?«, fragte ich.
    »Ich bin es leid, mich ständig zu wiederholen.« Er stürmte zur Flurtür.
    »Warten Sie!«, rief ich, doch er hatte sie schon geöffnet. Draußen standen Gwen und Wachtmeister Barrow, die sich leidenschaftlich küssten. Sie unterbrachen sich erschrocken und blickten uns schuldbewusst an.
    »Ich muss schon sagen, Herr Wachtmeister!« Mister Gaddie drängte sich rasch an den beiden vorbei. »Was ist denn heute bloß mit den Leuten
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