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Sandra und das Haus in den Hügeln

Sandra und das Haus in den Hügeln

Titel: Sandra und das Haus in den Hügeln
Autoren: Margot Kreuter
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hing an der Garderobe im unteren Flur.
    Sandra öffnete vorsichtig die Schranktür und nahm ihren Pulli aus dem Wäschefach. Ein Kleiderbügel, den sie dabei berührte, fing an zu pendeln und klickte metallisch. Sandra hielt den Atem an. Doch außer Camilla rührte sich nichts im Zimmer. Sandra zog den Pulli über den Kopf, stieg in ihre Jeans und zog ihre Stiefel an.
    Auf Zehenspitzen tastete sie sich zu ihrem Bett, um ihre Umhängetasche zu holen, die sie über den Bettpfosten gehängt hatte. Doch sie tastete vergebens danach. Ihre Tasche war weg. Sie hing auch nicht an den anderen Pfosten ihres Bettes. Jemand hatte die Tasche an sich genommen, während Sandra schlief.
    Starr vor Überraschung stand Sandra vor dem Bett. Zorn stieg in ihr auf. Sie hatte die Tasche gar nicht mitnehmen wollen. Es war ihr zu gefährlich erschienen. Denn wenn sie mit der Tasche im Erdgeschoß angetroffen wurde, würde ihr Vorhaben sofort offenkundig werden. Ohne die Tasche konnte sie immer noch behaupten, aufgestanden zu sein, weil sie nicht schlafen konnte. Doch sie brauchte Telefongroschen. Zu dumm von ihr, daß sie ihre Geldbörse nicht herausgenommen und unter ihrem Kopfkissen versteckt hatte!
    Sandra überlegte fieberhaft.
    Camilla wälzte sich noch immer stöhnend in ihrem Bett.
    Und Sandra kam eine Idee: Sie würde jetzt Lärm schlagen, Camillas wegen. Und verlangen, daß man den Hausvater weckte und nach einem Arzt für Camilla schickte. Sie würde den Wirbel abwarten, der dann entstand. Die Sendboten würden zu sehr mit Camilla beschäftigt sein, um auf Sandra zu achten. Das könnte ihr die Möglichkeit verschaffen, das Weite zu suchen. Sie würde ins Dorf laufen und im ersten Haus um Hilfe anklopfen.
    Doch jemand kam ihr zuvor.
    Plötzlich ging das Licht an. Ein Mädchen stand bei der Tür, ohne daß Sandra bemerkt hatte, daß jemand aufgestanden war. In allen anderen Betten setzten sich jetzt wie auf ein Kommando die vermeintlich tief schlafenden Zimmergenossinnen ebenfalls auf und starrten Sandra an.
    „Wo willst du hin?“ fragte das Mädchen an der Tür.
    „Zum Hausvater. Camilla ist krank“, erwiderte Sandra forsch und ohne sich ihre Verwirrung anmerken zu lassen.
    „Es ist nicht deine Aufgabe, das zu entscheiden“, rügte die Türsteherin.
    „Aber seht ihr denn nicht, wie schlecht es ihr geht? Camilla braucht einen Arzt. Ihr könnt sie doch nicht so liegen lassen“, protestierte Sandra wütend.
    „Unsere Schwester hat versagt. Dafür muß sie jetzt leiden. Zieh dich aus und geh wieder zu Bett“, sagte das Mädchen an der Tür.
    Sandra stampfte mit dem Fuß auf. „Ich denke nicht daran! Wenn ihr nicht sofort den Hausvater verständigt und dafür sorgt, daß Camilla von einem Arzt behandelt wird, schreie ich so laut, daß man es bis in den Ort hört!“ drohte sie.
    Die Mädchen starrten sie mit offenen Mündern an. Sie verstanden, daß Sandra ihre Drohung ernst meinte.
    Das Mädchen an der Tür drehte sich um und lief in der Unterwäsche hinaus auf den Flur.
    Sandra folgte ihr rasch.
    Doch an der Tür wurde sie von Gefion, dem Mädchen, das im unteren Bett neben der Tür schlief, abgefangen. „Bleib hier!“ herrschte sie Sandra an.
    „Was fällt dir ein? Ich muß zum Klo“, erwiderte Sandra geistesgegenwärtig.
    Gefion ging schweigend neben Sandra her. Doch als Sandra sich zur Treppe wandte, zerrte Gefion sie am Arm nach rechts. „Dort ist das Klo.“
    Sandra blieb nichts anderes übrig, als sich zu fügen. Doch sie ließ sich Zeit im Waschraum. Sie hoffte, Gefion würde es mit ihren nackten Füßen und in ihrer spärlichen Bekleidung zu kalt auf dem ungeheizten Flur werden, so daß sie ins Bett zurückgehen würde.
    Doch als Sandra endlich geräuschlos die Waschraumtür öffnete, stand Gefion eisern wie ein Haremswächter davor.
    „Willst du nicht auch lieber vorsichtshalber? Sonst mußt du anschließend noch mal raus. Kalte Füße schlagen nämlich auf die Blase“, bemerkte Sandra ironisch.
    Gefion antwortete ihr nicht.
    Als sie in den Schlafsaal zurückkamen, kniete der Hausvater an Camillas Bett. Er schüttete aus einem kleinen weißen Papier ein Pulver in ein Glas Wasser — vielleicht war es ein schmerzstillendes Mittel? — , hielt Camilla das Glas an die Lippen und redete leise auf sie ein.
    Was er sagte, konnte Sandra nicht verstehen, denn es wurde ihr nicht gestattet, zu Camilla zu gehen. Gefion öffnete Sandras Schrank und forderte Sandra mit einer Handbewegung auf, sich auszuziehen und ihre
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