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Sanchas Hofnarr (German Edition)

Sanchas Hofnarr (German Edition)

Titel: Sanchas Hofnarr (German Edition)
Autoren: Helene Luise Köppel
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„mein Tod hätte dich immerhin reich gemacht.“
    Sie zöbelte ihn an den Haaren. „Ich will dein Gold nicht, Honigmann. Ich will dich. Denn ich habe noch nie einen so klugen Mann getroffen, der obendrein lustig ist und fein singen kann.“
    Hagelstein räusperte sich verlegen und wechselte erneut die Sache. „Und was suchen die Templer dort oben?“
    „Na, was wohl? Das Gold von Bug und Arach.“ Sie bekreuzigte sich.
    „Buch und Arach? Gibt es den zwei Berge?“
    „ Aie , woher! Bug und Arach, das sind Zwerge. Ihnen gehört der Berg.“
    „Donner und Blitz“, entfuhr es Hagelstein erneut. „Und wie sehen diese aus?“
    „Na, wie Zwerge eben – hast du noch nie einen Zwerg gesehen?“ Grazide kicherte und zog ihn wieder zu sich hinunter aufs Stroh. Sie legte sich auf ihn, stützte sich auf die Ellbogen und fuhr mit ihrem rechten Zeigefinger zärtlich die Umrisse seiner Lippen nach. Ihre Augen blitzten belustigt.
    „Nicht halb so schön wie du sind sie! Und natürlich auch nur halb so groß. Dafür sind sie listig und haben übermenschliche Kräfte. Einer wie der andere. Ich rate dir“, flüsterte sie, „lass dich besser nicht mit ihnen ein. Bug und Arach sind boshaft. Sie treiben schlimmen Unfug mit Leuten, die unerlaubt auf ihren Berg steigen. Uns Dörfler lassen sie für gewöhnlich in Ruhe. Die Templer auch. Mit denen scheinen sie sogar gut Freund zu sein, denn wie sonst ist es zu erklären, dass die Ritter ständig …“
    „Das ist wirklich merkwürdig. Und wie verhaltet ihr euch, wenn ihr den Zwergen begegnet? Ich frage nur für den Fall, dass sie mir über den Weg laufen.“
    „Das Vieh wird unruhig, wenn sie in der Nähe sind. Dann wissen wir Bescheid. Wir tun dann so, als ob sie unsichtbar wären. Schauen durch sie hindurch und laufen weiter. Aber …“
    „Was?“
    Grazide wurde ernst. „Nun, als mein Mann Pathau noch lebte, da hat er sie einmal heimlich verfolgt. Ich sag dir, Honigmann, die haben ihm einen Mordsschrecken eingejagt.“
    „Was ist passiert?“
    „Pathau war fast bis zum obersten Grat hinaufgeklettert. Er spähte um einen Felsbrocken herum – und da sah er sie, wie sie um das Feuer tanzten. Riesige Talgschalen in den winzigen Händen, deren Licht rot wie Blut leuchtete. Die Luft roch streng nach Myrrhe. Und plötzlich …“
    Hagelstein setzte sich auf, denn er hatte mit einem Mal den Eindruck, dass es Grazide bitterernst war. „Ja?“
    „Und plötzlich haben die Lichter zu schweben begonnen. Sind in die Luft gestiegen. Höher und immer höher. Rund um den Puèg sind sie gesegelt, die halbe Nacht, während die Zwerge ausgelassen tanzten. Ich sag dir, mein Mann Pathau – die Dörfler nannten ihn daraufhin Pathau, der Spitzel – ist fast verrückt geworden vor Angst. Also, wenn Gott das zulässt, hat er bei seiner Heimkehr gesagt, versteht er die Welt nicht mehr. Und fortan, Honigmann, da hat er nicht mehr gelacht. Wirklich. Wenn ich es dir sage. Und ein Jahr später war er tot.“
    „Pah“, meinte Hagelstein, mit einer abfälligen Handbewegung, obwohl er an Toulouse dachte, wo angeblich Kreuze durch die Luft segelten, wie ihm Sancha erzählt hatte. „Dass Gott etwas mit Erd- oder Hausgeistern zu schaffen hätte, ist mir nicht bekannt.“
    Grazide zuckte die Achseln. Dann jedoch schlang sie erneut die Arme um seinen Hals, überzog seine rechte Schulter mit vielen kleinen Küssen.
    Hagelstein, der sich im Geiste bereits auf eine Begegnung mit Bug und Arach vorbereitete, genoss abermals ihre Zärtlichkeit. Doch plötzlich zog sie seinen Kopf zu sich herunter, um ihm in die Augen zu sehen. Ihr Blick verschleierte sich. „Hör mir gut zu, Falk von Hagelstein“, flüsterte sie, „du bist ein Fremder. Kommst aus tiutschen Landen, wo immer die sind. Gut möglich, dass dort Gott mit den Erd- und Hausgeistern nichts zu tun hat. Der Bugarach jedoch wird mit dem Heiligen Berg Sinai gleichgesetzt. Verstehst du? Wie sollte da Gott nichts mit unseren Zwergen zu schaffen haben?“
    Dieser Logik hatte Hagelstein nichts entgegenzusetzen gehabt.

    Wem über unsre Erd` nichts kund,
    der halt` vom Himmelreich den Mund.
    (Freidanks Bescheidenheit, 71,19)

IV.
    FALK VON HAGELSTEIN
    trifft auf den Böhmen Boleslâv

    Ort: Gipfel des Berges Bugarach

    „Lug und Trug sind so verbreitet,
    dass sie der Schein des Rechts begleitet.“
    (Freidanks Bescheidenheit, 166,3)

D er Wind pfiff ihm um die Ohren. Falk keuchte. Endlich. Der Bugarach war erklommen. Und es bestand kein Zweifel, Blitz
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