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Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Helene Luise Köppel
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gemeint. Wehret den Anfängen. Nun, kein Tag verging ohne Prüfung. Doch alle anderen im Heer konnten irgendwann gehen. Er musste ausharren. Verzichten. Kämpfen. Wie satt er das manchmal hatte. Wie satt ...
    Ruckartig fiel ihm sein Kopf in den Nacken. Er schrak auf. War er noch einmal eingeschlafen? Hatte den Weckruf überhört?
    Das Kohlenbecken glühte, der Knappe war verschwunden. Verwundert schüttelte Montfort den Kopf. Noch immer schien alles ruhig draußen, bis auf das blökende Vieh ...
    Wo war er stehengeblieben in seinen Gedanken? Beim Kampf? Beim Krieg gegen die große Ketzerei?
    Er lachte bitter auf. Da behaupteten ausgerechnet die Tempelritter, dass derjenige umkäme, der das Schwert gegen Christen statt gegen Mauren nehme. Nun nannten sich die Katharer zwar frech „die besseren oder die guten Christen“, aber das waren sie nicht. Denn sie beteten den Teufel an, den Demiurgen, den angeblichen Schöpfer der Welt und aller sichtbaren Dinge, wie sie behaupteten. Andererseits … andererseits konnte das mit dem „Anbeten“ auch gelogen sein. Keiner wusste genau, was sie glaubten. Nicht einmal Rom.
    Montfort bekreuzigte sich. Aber war denn nicht jedweder Krieg, der im Namen Gottes für Rom geführt wurde, gut und gerecht? Hatte nicht selbst der Heilige Augustinus gemeint, dass ein Soldat, der den Feind tötete, wie auch ein Richter und ein Henker, die einen Verbrecher richteten, keine Sünde begingen? Indem sie so handelten, befolgten sie das Gesetz. Das Gesetz. Punktum.
    Endlich ertönte die Fanfare. Montfort erhob sich zu voller Länge, stellte den Scherenstuhl beiseite, dehnte und streckte sich, um vollends wach zu werden. Seine Bewegungen warfen zuckende Schatten auf die Zeltplanen.
    Streiten ließe sich allenfalls darüber, dachte er bei sich, als er am Krug mit dem schalen Rest Wein roch, der noch vom Vorabend auf dem Tisch stand, streiten ließe sich allenfalls, ob man an Feiertagen kämpfte und ob ein solcher Krieg mit angemessenen Mitteln zu führen sei. Über das, was für Kreuzfahrer angemessen war und was nicht, hatte Rom leider versäumt zu reden. Gleichwie, auch ein barmherziger Krieg konnte nicht ohne ausreichende Truppen geführt werden. Und diese fehlten derzeit!
    Mit einem Mal vernahm er aufgeregte Stimmen von draußen. Die Stoffplane am Zelteingang bewegte sich.
    „Sire ...“ Noch ehe der Knappe sich aus seinem Kniefall erhoben hatte, stakste Amaury, der Abt von Citeaux an ihm vorbei, gefolgt vom Tolosanerbischof Fulco, beide bereits in ihren geistlichen Gewändern, die sie, geziert wie Weiber, hochrafften, denn das Lager war inzwischen die reinste Schlammwüste.
    „In diesem Lavaur“, ergriff Fulco mit matter Stimme das Wort, „hat der Teufel seine Wohnung aufgeschlagen. Es ist nun wirklich an der Zeit, Graf, dem ein Ende zu bereiten.“
    Montfort nickte bloß. Fulco, von dem es hieß, er verberge Pfeffer unter seinen Fingernägeln, um jederzeit falsche Tränen weinen zu können, erinnerte ihn nicht nur aufgrund seiner Glatze an Paulus von Tarsus: Fulco hatte frivole Lieder gesungen, bevor er von einem Herzschlag auf den anderen seine Laute zerbrach und die Kutte nahm.
    „Es stümmt, Euer Missgeschick ist mehr als ärgerlich, Graf von Montfort“, setzte Amaury nach und malte mit dem Zeigefinger seiner behandschuhten Rechten ein Kreuz auf seine Lippen. Ungefragt nahm er im Scherenstuhl Platz, nicht ohne mit spitzen Fingern seine mit Brokat besetzte Soutane anzuheben. Um dem soeben Gescholtenen die vom Lehm ruinierten roten Stiefelchen zu präsentieren, streckte er die ebenfalls rot bestrumpften Beine weit von sich und rümpfte zugleich die Nase.
    Montforts Laune verdüsterte sich. Je länger er mit Amaury und Fulco zu tun hatte, desto mehr wurden sie ihm zuwider. Vor allem dieses ständige "Es stümmt!"
    Zugegeben, Amaury war als geistlicher Führer auch ein guter Stratege, doch derart eitel, dass ihn der Tross mit einer Biene verglich, die ständig bewundert und für ihren Fleiß gelobt werden wollte.
    Sich fragend, was die beiden so früh von ihm wollten, nahm Montfort neben Fulco auf der Besucherbank Platz.
    „Also, wir verstehen wirklich nicht, weshalb Ihr so erfolglos seid, Graf“, sagte Fulco, hinter vorgehaltener Hand gähnend. „Nun gut, das Wetter ... Aber eigentlich müsstet Ihr Lavaur doch längst erobert haben. Weshalb zögert Ihr den Hauptangriff hinaus?“
    „Weshalb?“ Montfort sprang auf. Gemeinhin kümmerten sich die beiden nicht um seine Waffengänge.
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