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Samstags, wenn Krieg ist

Samstags, wenn Krieg ist

Titel: Samstags, wenn Krieg ist
Autoren: K Wolf
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dann nur in Begleitung einer Freundin. Nicht einmal zu Kim, ihrem Heilpraktiker, geht sie dann. Misstrauen ist ihre alles beherrschende Grundstimmung.
    Sie hat nie gegen diese Gefühle angekämpft, sondern ihnen lieber nachgegeben.
    Vielleicht, denkt sie heute, hat mich das bis jetzt vor so einem Verbrechen geschützt, dass ich mich von meinen Gefühlen habe leiten lassen.
    Schmidtmüller weiß all das über Petra Freitag. Beim Gruppentreffen, als er zum ersten Mal öffentlich weinte und sich dafür entsetzlich schämte, hat sie es erzählt. Sie wollte damit aufzeigen, dass man sich seiner Gefühle nicht zu schämen braucht, auch als Mann nicht, wenn man weint.
    Damals tat ihm das gut, aber jetzt macht es ihm Angst. Petra versucht nicht, Renates Mörder zu fangen. Sie sucht ein Mittel gegen ihre Angst. Dabei erscheint sie ihm rücksichtslos. Es könnte auf Yogis Kosten gehen. Sinnlos und brutal. Trotzdem schwankt er zwischen dem Drang, Johannes beschützen zu müssen und dem Willen, den Mörder seiner Tochter zu überführen. Er gönnt ihm die Todesstrafe, obwohl er weiß, dass er selbst sie nicht vollstrecken könnte.
    Solche Menschen, denkt er, sollten gar nicht erst geboren werden, damit sie keine Möglichkeit haben, so viel Leid über die Menschheit zu bringen.
    In den letzten Tagen hat er oft darüber nachgedacht und sich dabei in gefährliche Nähe von Siggis Weltanschauung begeben. Rassenreinheit. Sauberes Erbgut. Minderwertiges Leben.
    Es klingelt. Siggi geht zur Tür. Wolf ist da. Sie gehen gleich in Siggis Zimmer durch.
    Wolf legt zwei Plastiktüten auf Siggis Bett.
    „Äi, bist du bescheuert?“, fragt Siggi, der genau weiß, was darin ist. „Was soll das Zeug hier?“
    „Nur bis Samstag. Ich weiß nicht länger wohin damit.“
    „Eure Bude ist doch schon durchsucht worden.“
    „Ja, klar, vor den Bullen sind wir erst mal sicher. Aber der neue Typ von meiner Mutter ist ein Arsch. Der schnüffelt überall rum. Der sucht heimlich in meinem Zimmer nach Beweisen gegen mich.“
    Als könne er damit weitere Fragen beantworten, zieht Wolf die Sprengladungen aus der Tüte. Sie sind fertig montiert. Micky-Maus-Wecker als Zeitzünder. Insgesamt vier.
    „Damit kann nichts schiefgehen.“
    „Und wohin damit?“, fragt Siggi. „Wohin?“
    „Bei deinem Bruder. Da guckt doch keiner nach. Für seine Spielsachen interessieren die Bullen sich nicht.“
    Siggi will antworten, aber da ruft seine Mutter ihn. Siggi zeigt Wolf doof und geht ins Wohnzimmer.
    „Siggi, du musst heute Abend noch einmal auf Johannes aufpassen. Dein Vater und ich fahren zum Elternabend“, stellt Elke Schmidtmüller ohne Einleitung fest.
    Siggi protestiert: „Oh nein. Heute nicht. Warum bleibt nicht einer von euch hier?“
    „Weil wir zusammen gehen“, antwortet Schmidtmüller knapp und hofft, damit alle Diskussionen aus der Welt zu schaffen.
    „Ich hab jedenfalls was vor“, grollt Siggi.
    Seine Mutter sieht ein, dass es so nicht geht. Sie zieht Siggi zu sich. Schaut ihm in die Augen, hofft auf sein Verständnis. Sucht freundliche Worte.

65
    Wolf kennt sich aus im Haus. Er handelt einem plötzlichen Impuls folgend. Er geht in Yogis Zimmer, stellt einen Sprengsatz auf 22 Uhr und legt ihn unter Yogis Bett. Er will die Sache ein für alle Mal beenden. So oder so. Kein Komma setzen, sondern einen Punkt.
    Anders wäre es besser gewesen. Eine der Dynamitstangen, die mit Siggis Zustimmung im Zimmer seines Bruders versteckt wurde, ist losgegangen. Ein Unfall. Mehr nicht. Nie käme jemand auf das Gegenteil. Jetzt gleicht es mehr einer Hinrichtung, aber es muss sein.
    Es ist auch besser für Siggi. Er wird es verstehen. Der Mörderbruder muss weg. Er kann es nicht selber tun. Dafür ist er zu weich.
    Wenn der Idiot tot ist, bist du sicher. Schnell, beeil dich! flüstert die Stimme, die im Moment die Herrschaft über ihn hat. Nur ganz von fern, wie ein Hintergrundrauschen, meckert die andere: Feigling! Feigling!
    Schon ist er raus aus Yogis Zimmer, setzt sich, die Plastiktüten unterm Arm, auf Siggis Bett. Er muss gehen, bevor Siggi sich die Tüten genauer anguckt und merkt, dass eine Sprengladung fehlt.
    Keine übertriebene Eile. Aber sorg dafür, dass Siggi nicht im Haus ist, wenn es knallt.
    Was ist mit den Eltern? Die wissen doch nichts.
    Egal. Scheiß auf die Alten. Lass sie mit draufgehen und Siggi auch. Ein sauberer Schnitt.
    Die Stimmen streiten. Die, die seiner Mutter ähnlich klingt, dringt in den Vordergrund.
    Siggi betritt wieder den
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