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Salz und Asche - Roman

Salz und Asche - Roman

Titel: Salz und Asche - Roman
Autoren: PeP eBooks
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waren seine Halbgeschwister. Um ihretwillen hatte er seine Stiefmutter immer wieder unterstützt, wenn sie ihn darum gebeten hatte. Nachdem er von ihrem Tod gehört hatte, war er ohne Zögern ins Wasserviertel gegangen, um sie zu suchen, doch ohne Erfolg. »Wenn sie in guten Händen wären, Jan«, sagte er, »dann hätte ich sie gefunden. Ich weiß, dass es eine große Bitte ist, aber wenn sie mich einsperren … Wirst du die beiden für mich suchen?«
    »Der Rat wird sich doch darum kümmern. Außerdem wüsste ich nicht, wo ich sie noch suchen sollte«, entgegnete Jan. Doch Albert wiederholte seine Bitte so eindringlich, dass Jan ihm schließlich versprach, die Augen offen zu
halten und sich darum zu bemühen, dass die Kinder nicht vergessen wurden.
    Er versuchte noch, aus Albert mehr darüber herauszubekommen, warum er sich für Mariannes Tod verantwortlich fühlte und ob er sie gar tatsächlich umgebracht hatte. Albert schüttelte nur den Kopf. »Ich habe grauenhafte Sachen zu ihr gesagt.«
    Was er davon halten sollte, wusste Jan nicht, aber er hatte genug Erfahrung mit skrupellosen Totschlägern, um zu wissen, dass Albert keiner war.
    Je näher er dem Böttcherhaus kam, desto mehr wandten seine Gedanken sich von Albert und dem Verbrechen ab. Er fragte sich, ob er den Frauen des Hauses begegnen würde. Unwillkürlich hielt er mit der Schubkarre an, bückte sich, um seine Strümpfe glattzuziehen, und rückte das graue Wams zurecht, das er über sein Arbeitshemd gezogen hatte. Nicht, dass er sich etwas erhoffte, aber unangenehm auffallen wollte er auf keinen Fall.
     
    Susanne war auf den Hof gegangen, um Liebhild anzubieten, ihr nun die neuen Haare für ihre Puppe zu knüpfen. Sie fand ihre kleine Schwester an der Ecke zum Gemüsegärtchen, wo sie auf einem Stein an der Regentonne stand und hineinsah. Susanne erinnerte sich, dass sie selbst früher darin gern die grazilen Mückenlarven beobachtet hatte, die vor jedem Schatten davonflitzten. »Sind Fische drin?«, neckte sie ihre kleine Schwester.
    Liebhild zuckte schuldbewusst zusammen und sprang vom Stein. »Nein, nein. Ich … ich wollte gießen, guck.« Sie griff nach einem kleinen Holzeimer, der gefüllt neben der Tonne stand, ging zum Möhrenbeet und begann geflissentlich, die Pflänzchen zu bewässern.

    Susanne lächelte. »Wir könnten uns jetzt um deine Puppe kümmern, ich hätte Zeit. Wo hast du sie denn?«
    Liebhild ließ die Hände mit dem Eimer sinken und sah sie mit so entsetzten großen Augen an, dass Susanne misstrauisch wurde. »Liebchen! Hast du etwa …?« Mit wenigen Schritten erreichte sie die Regentonne und sah hinein. Sie war dreiviertel voll Wasser, und am Grund war es dunkel, trotzdem konnte sie ganz unten schemenhaft die Puppe erkennen. Sie seufzte. »Hol die Harke!«
    Liebhild gehorchte und kam mit traurig gesenktem Kopf näher geschlichen. Susanne sah sie tadelnd an. »Warum machst du das immer? Erzähl mir nicht wieder, dass du sie waschen willst. Du weißt, dass sie sich auflöst.«
    Liebhild schniefte und zog die Schultern hoch. »Gestern lag ein toter Spatz in der Tonne. Der schwamm oben. Tote Katzen und Leute gehen erst unter und kommen dann wieder hoch, sagt Thomas. Ich wollte mal sehen, ob Lina wieder hochkommt. Tut sie aber nicht.«
    »Aber Liebchen, Lina ist doch ohnehin ein totes Ding«, sagte Susanne.
    »Wer tot ist, ist doch auch ein totes Ding und kommt trotzdem wieder hoch«, erwiderte Liebhild.
    »Was du für Zeug redest.« Susanne beugte sich über die Tonne und fischte die Puppe mit der Harke heraus. Der mit Kleie gefüllte Körper würde lange brauchen, um zu trocknen, doch sonst hatte das Wasser keinen Schaden angerichtet. Sämtlicher Leim, samt der langen Wollhaare, war schon fortgespült worden, als Liebhild die Puppe zum ersten Mal auf diese Art gebadet hatte. Auch die Bemalung des Holzgesichtes war schon lange verblasst.
    »Kleid ausziehen und in die Sonne legen«, wies sie Liebhild schroff an. »Die Haare müssen nun warten.«

    Liebhild nahm ihr kleinlaut die Puppe ab. Susanne bedachte sie noch mit einem finsteren Blick, bevor sie sich abwandte. Sie schrak zusammen. Vor ihr stand Jan Niehus. Er hatte seine Kappe in der Hand und sah aus, als wolle er sich gerade wieder davonschleichen.
    »Verzeihung«, sagte er. »Ich bringe nur … Ich dachte … Aber ich wollte nicht stören.«
    Susanne fragte sich, warum er so rot im Gesicht war. Seine Schweigsamkeit ihr gegenüber war sie gewöhnt, aber verunsichert hatte er
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