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Salz der Hoffnung

Titel: Salz der Hoffnung
Autoren: Patricia Shaw
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Und dann war auf einmal Jorgensen da, nahm mit seiner Höhe den gesamten Türrahmen ein. William starrte ihn ungläubig an. Das war doch wieder typisch für diesen Kerl, dachte er, er trat niemals einfach nur irgendwo ein, er tauchte plötzlich wie aus dem Nichts auf. Da stand er nun in einer schweren, schwarzen Seemannsjacke und ledernen Hosen, auf dem Kopf eine einfache Schirmmütze, die er nicht abnahm. Natürlich war er älter geworden, aber er sah so gut aus wie eh und je, sein glattrasiertes Gesicht von vollendeter Symmetrie, wie gemeißelt. Er erfaßte die Szene mit einem einzigen Blick aus seinen scharfen, blauen Augen und ging ohne ein Wort an ihnen vorbei.
            William konnte die Kraft dieses Mannes beinah körperlich fühlen. Er sprang auf, um ihm den Weg zu zeigen, aber Jorge ging mit langen Schritten voraus, zielstrebig auf Regals Tür zu, als habe er dieses Labyrinth von Krankenzimmern schon hundertmal durchkämmt.
            Selbst Flaherty bedurfte keiner Vorstellung. Kein Wort wurde gesprochen, er winkte ihn lediglich hinein, und als William hinzutrat, hörte er ihn murmeln: »Das also ist der Däne.«
            Als Regal ihn sah, schöpften alle Hoffnung aus ihrer Reaktion. Ihr Gesicht erstrahlte, und sie versuchte, die Arme nach ihm auszustrecken. »Oh Jorge, mein Liebster. Ich wußte, du würdest kommen.«
            »Hätten sich alle Götter gegen mich verschworen, sie hätten mich nicht fernhalten können«, antwortete er, seine tiefe Stimme eine klare Absage an das ängstliche Krankenhausgeflüster.
            William beobachtete entsetzt, wie er sie hochhob, während er sich auf die Bettkante setzte. Er drückte sie behutsam an sich und zog die Decke hoch, um sie zu wärmen.
            William wollte protestieren und trat hinzu, aber Flaherty hielt ihn zurück: »Nein, lassen Sie sie.« Er half Jorge, sie in die Decke zu hüllen und lächelte, als er sah, wie Regal glückselig den Kopf an die breite Schulter des Captains bettete.
            »Denken Sie, sie ist über den Berg?« fragte William, aber Flaherty schüttelte den Kopf.
             
            Sie warteten stundenlang – so kam es ihnen zumindest vor. Niemand machte Anstalten zu gehen oder das Krankenzimmer zu betreten. Maria schien tief gebeugt von der Last ihres zweifachen Kummers, Edwina machte belanglose Konversation, Leonard ging auf und ab.
            William wandte sich an Caroline. »Sie waren dort, als Regal Reynolds erschossen hat. Warum hat sie es getan?« Caroline sah nervös zu Leonard hinüber. »Ich weiß es nicht. Das habe ich ihnen schon dutzendmal gesagt, ich weiß es nicht.«
            »Dies ist ein furchtbarer Ort«, sagte Edwina vorwurfsvoll zu Leonard. »Warum konnten Sie sie nicht in ein passenderes Sanatorium bringen?«
            »Es war unmöglich«, erwiderte Leonard.
            »Dann hätten Sie wenigstens einen besseren Arzt engagieren müssen. Wer ist dieser Mann eigentlich?«
            »Ein Spezialist auf dem Gebiet der Infektionskrankheiten«, erklärte Caroline. »Er hat sich zur Ruhe gesetzt, aber er wird noch häufig in den feinen Praxen auf der Harley Street als Ratgeber hinzugezogen. Einen besseren Arzt hätten Sie nicht finden können. Regal wird sich erholen, jetzt da der Captain hier ist, Sie werden sehen.«
            Flaherty schloß sich ihnen an und sagte, Regal schlafe, endlich finde sie etwas Ruhe. William wollte nach ihr sehen, aber an der Tür hielt er inne. Jorgensen hielt sie immer noch in den Armen, ihr Kopf ruhte an seiner rauhen Jacke.
            »Meint ihr, wir sollten gehen?« fragte Edwina.
            »Ich kann sie jetzt nicht verlassen«, entgegnete Maria.
            »Ich muß dringend mit Captain Jorgensen sprechen«, meldete sich Miss Smythe zu Wort.
            »Das wollen wir wohl alle«, gab Leonard bitter zurück.
             
            Als der Nachmittag sich dem Ende zuneigte, kam Dr. Flaherty schließlich wieder. »Es tut mir furchtbar leid, aber sie ist von uns gegangen«, sagte er leise. »Ich habe getan, was ich konnte, aber wir haben sie zu spät gefunden. Doch ich kann Ihnen sagen, Sie starb friedvoll, in seinen Armen. Sie ist einfach im Traum hinübergeglitten.«
            Maria fiel auf die Knie und betete, Regal Hayes möge in Frieden ruhen. Als William die Sprache schließlich wiederfand, fragte er den Doktor: »Wo ist
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