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Salz der Hoffnung

Titel: Salz der Hoffnung
Autoren: Patricia Shaw
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Ende ihrer Schullaufbahn war, überwand sie ihren Groll und wurde Regals Vertraute und Lehrerin. Und es war gut, daß sie sich zusammentaten, denn mit zunehmendem Alter wurde Jasper Hayes immer geiziger und ließ keinerlei ›Sonderausgaben‹ zu, ohne daß zuvor ein heftiger Streit darüber entbrannt wäre. So ließ es sich nicht verhindern, daß das große Haus irgendwann heruntergekommen wirkte. Die Frauen mußten sich verschwören und ihren ganzen Einfallsreichtum aufbieten, damit Regal wenigstens dann und wann Stoff für ein neues Kleid bekam. Nicht daß sie viel ausgegangen wäre. Ihr gesellschaftliches Leben beschränkte sich auf den Kirchgang und gelegentliche Kirchenfeste.
            An ihrem achtzehnten Geburtstag fuhr ihr Großvater mit ihr nach New York, und eine Woche lang wohnten sie im vornehmen Hotel Mayfair. Regal nutzte diese Gelegenheit, um ihn zur Rede zu stellen. »Immerzu sagst du mir, wir müssen sparen. Aber wenn wir so arm sind, wie können wir uns dann ein Hotel wie dieses leisten?«
            »Die Zeiten sind schlecht«, brummelte er. »Aber ich muß den Schein wahren.«
            »Das glaube ich dir nicht! Und ich erinnere mich, daß Großmutter gesagt hat, es sei wichtig, daß ich mich gut kleide. Wie soll ich in New York ausgehen in diesen scheußlichen Lumpen? Ich brauche neue Kleider.«
            »Ich kenne niemanden, der so hartnäckig nörgeln kann wie du«, knurrte er. »Immerzu beschwerst du dich wegen des Geldes. Wenn ich tot bin, wirst du endlich genug Geld haben.«
            »Wenn du tot bist?« erwiderte sie höhnisch. »Bis dahin bin ich selber eine alte Frau, eingesperrt in diesem verdammten alten Haus. Du willst eine alte Jungfer aus mir machen, damit immer jemand da ist, der sich um dich kümmert!«
            Offenbar gab ihm dieser Ausbruch zu denken, denn als sie einige Zeit später die Fifth Avenue entlanggingen, blieb er plötzlich stehen. »Ist das wahr? Deine Großmutter hat gesagt, es sei wichtig, sich gut zu kleiden?«
            »Natürlich ist das wahr. Sie selbst war doch stets ausgesprochen elegant, hast du das etwa schon vergessen?«
            Darauf ging er nicht ein. »Es heißt, hier machen sie ganz anständige Damenkleider. Und nicht zu teuer.« Er stand vor einem Schaufenster, dessen Auslage jedoch von einem Vorhang verdeckt war. »Du kannst hineingehen und etwas kaufen.«
            »Ich brauche zwei neue Kleider.« Regal wollte ihr Eisen schmieden, solange es heiß war. »Eines für tagsüber, eines für abends. Die Gäste im Hotel ziehen sich zum Dinner immer um.«
            »Dann kauf sie eben«, gab er brüsk zurück. »Ich frage mich nur, zu welcher Gelegenheit du sie je wieder tragen willst.«
            Regal betrat eilig das Geschäft, ehe er seine Meinung ändern konnte. Am Nachmittag wurden zwei wundervolle Kleider komplett mit Hüten und Handschuhen ins Hotel geliefert. Regal hatte nicht gewagt, sich nach dem Preis zu erkundigen, hatte nur gebeten, man möge die Rechnung an Mr. Hayes im Hotel Mayfair schicken. Als sie sich zum Essen umzog, wartete sie auf neuerliche Beschimpfungen wegen ihrer Extravaganz, aber er verlor kein Wort darüber. Für diese Woche schien er die Sparsamkeit vergessen zu haben.
            Sie genoß die Tage in New York und zehrte noch lange davon, als sie wieder zu Hause war. Jede Einzelheit ihrer Reise erzählte sie Jessie und Mrs. Hobway immer wieder. Nach und nach verblaßte ihre Erinnerung jedoch, der Alltag kehrte zurück mit den Pflichten im Haus und langen Spaziergängen am Fluß entlang, und sie träumte von einem Leben im Kreis der eleganten Gesellschaft, die sie im Mayfair gesehen hatte.
            Eines Tages kam Jessie ihr über die Felder nachgerannt. »Regal!« rief sie ganz außer Atem. »Komm nach Hause. Es hat einen Unfall gegeben.«
            »Was für einen Unfall?«
            »In der Sägemühle. Dein Großvater ist verletzt. Sie sagen, ein Baumstamm habe ihn überrollt. Oder mehrere, ich weiß es nicht. Sie haben ihn zu Dr. Dunshea gebracht.«
             
            Sie eilten nach Hause und stiegen in den wartenden Einspänner, doch als sie die Straße entlangfuhren, sahen sie einen Arbeiter aus der Mühle auf sich zurennen, der ihnen bedeutete anzuhalten.
            »Miss Hayes!« Er nahm eilig den Hut ab. »Miss Hayes, der Doktor schickt mich. Es tut mir leid, Miss, aber der Boß … ich
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