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Salz der Hoffnung

Titel: Salz der Hoffnung
Autoren: Patricia Shaw
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steht.«
            »Gestorben? Davon weiß ich nichts. Der Kerl könnte ebensogut noch am Leben sein. Wie auch immer, mich kümmert es nicht. Wir hätten niemals zulassen dürfen, daß Polly mit Maria Proctor nach Halifax fuhr, aber während der Belagerung herrschte Typhus in Boston. Wir dachten, die Mädchen wären dort sicherer.«
            Regal saß völlig reglos und lauschte. Sie fand es unfair, daß er ihre Mutter verschlagen nannte, wo doch Ettie, seine Frau, eine Lügnerin gewesen war. Sie erinnerte sich ganz genau, daß Großmutter ihr einmal gesagt hatte, ihr Vater sei tot. Eines Tages würde sie dieser Sache auf den Grund gehen, doch im Augenblick waren ihre Gedanken so flüchtig wie die Schneeflocken vor dem Fenster und wirbelten ebenso durcheinander.
            »Du hast ihn nie zur Rede gestellt und gefragt, ob es wahr ist, Großvater? Um dir Gewißheit zu verschaffen?« Und mir, fügte sie im stillen hinzu.
            »Was hätte das genützt? Es heißt, er hat es mit allem Nachdruck bestritten, und es spielte auch gar keine Rolle. Deine Großmutter hatte auch so schon Last genug. Bis nach London mußte sie reisen, um dich zu holen.«
            »London?« Regal traute ihren Ohren kaum. »London? In England?«
            Er seufzte tief. »Ja. Du warst noch ein Baby. Nachdem deine Mutter gestorben war, kümmerte ihre Freundin sich um dich. Maria Proctor. Das heißt, zu dem Zeitpunkt war sie schon verheiratet, Maria Collins, sollte ich also sagen. Wir mußten nach London reisen, um dich heimzuholen. Außer uns kam ja niemand in Frage, verstehst du. Ettie wurde furchtbar seekrank auf beiden Überfahrten. Ich glaubte, ich würde auch sie verlieren, und dann wären nur wir zwei übrig gewesen.« Er atmete tief durch und lehnte sich mit halb geschlossenen Lidern in seinem Sessel zurück. »Und genauso ist es jetzt, nur wir beide sind übrig, Missy. Und wir müssen das Beste daraus machen.« Er nahm ihre Hand, und diese ungewohnte Zurschaustellung von Gefühlen war ihr unangenehm. »Ich weiß nicht, wie lange ich noch zu leben habe. Wenn ich tot bin, bist du ganz allein. Aber du wirst schon zurechtkommen, du bist ja ein kluges Mädchen, wenn du dich nicht gerade so aufführst, als wären wir alle gegen dich, und dich sträubst und schmollst, weil deine Großmutter dir nicht erlauben wollte, wie die anderen Mädchen in der Stadt herumzulaufen.«
            Regal wollte etwas sagen, wollte ihm erklären, daß ihre Tränen um Ettie alle Unstimmigkeiten zwischen ihnen hinweggeschwemmt hätten, doch er umklammerte ihre Hand noch fester und rüttelte sie, als wolle er sich ihrer ganzen Aufmerksamkeit versichern. »Deine Großmutter wußte, was ein guter Ruf bedeutet. Auf dem Heiratsmarkt bist du dank Polly schon sehr benachteiligt hier in Boston, Missy. Die besten Familien empfangen dich nicht, ihre Söhne flirten vielleicht mit dir, aber sie werden es niemals ernst meinen. Großmutter war womöglich ein wenig zu streng, aber es war der beste Weg, allem Gerede zuvorzukommen. ›Dieses Mädchen hat einen tadellosen Ruf, sie hat sich nie rumgetrieben‹, wollte sie damit sagen. Verstehst du?«
            Tränen traten in Regals Augen. »Warum hat sie mir das nie gesagt? Ich dachte, sie wäre einfach nur gemein.«
            »Es ist nicht die angenehmste Sache der Welt, seiner Enkeltochter erklären zu müssen, daß sie in gewissen Kreisen als nicht gesellschaftsfähig gilt. Wie fühlt es sich an, hm?« Seine Stimme klang jetzt fest, mit dieser Stimme hatte sie ihn mit Geschäftspartnern verhandeln hören.
            »Ist es denn wahr?« fragte sie, doch sie sah am unverwandten Blick seiner braunen Augen, daß es die Wahrheit war.
            »Dann weiß ich nicht, was ich fühlen soll«, gestand sie.
            »Das ist gut. Am besten fängst du gar nicht erst damit an, irgendwas zu fühlen. Deine Großmutter hatte ihre Methode, den Schaden wiedergutzumachen, ich habe meine. Und meine Methode, Missy, ist Geld. Wenn du Geld hast, kannst du es dir leisten, nach deinen eigenen Regeln zu leben. Aber eins darfst du nie vergessen, Kind: es ist kein leicht verdientes Geld. Ich habe hart dafür gearbeitet. Ich habe die Sägemühlen aufgebaut. Und während des Krieges hätte nicht viel gefehlt und wir wären als Loyalisten verschrien gewesen, Timothy Foy und ich. Wir haben mit allem gehandelt, das uns in die Hände fiel. Und als du plötzlich da warst,
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