Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Salz der Hoffnung

Titel: Salz der Hoffnung
Autoren: Patricia Shaw
Vom Netzwerk:
wußte ich, ich mußte mich noch mehr ins Zeug legen. Ich bin größere Risiken eingegangen, habe Geld geborgt, um Land und immer noch mehr Land zu kaufen.« Er lachte. »Risiken nenne ich es heute, aber mein Urteilsvermögen hat sich als untrüglich erwiesen. Ich wurde immer reicher. Geld macht Geld.«
            Endlich ließ er ihre Hand los, und Regal versuchte, gebührend beeindruckt von dieser Vorlesung über das Wesen des Geldes zu wirken, doch ihre Gedanken waren schon wieder in London. Was mochte ihre Mutter nur nach London verschlagen haben?
            Großvater erhob sich und blieb direkt vor ihr stehen. Sie mußte zu ihm aufschauen. »Eines Tages wirst du eine sehr reiche Frau sein, Regal. Und jetzt hör mir zu, selbst wenn du nie wieder auf mich hörst, tu’s jetzt: Honig zieht Fliegen an. Dir wird der Honig gehören. Vergiß nie, daß sie Fliegen sind. Wenn Frauen heiraten, fällt ihr Vermögen für gewöhnlich an ihre Männer. Hast du mich verstanden?«
            »Ja. Das habe ich nicht gewußt.«
            »So lautet das Gesetz. Aber du mußt dafür sorgen, daß du dein Geld behältst. Ich habe nicht all die Jahre geschuftet, nur damit du mein Vermögen irgendeinem Fremden in den Rachen wirfst. Was wäre, wenn die Ehe nicht glücklich würde? Was sollte dann aus dir werden, mein Kind?«
            »Aber wenn es Gesetz ist, was kann ich da tun? Unverheiratet bleiben?«
            »Unsinn. Es gibt immer Mittel und Wege. Halte dich nur an Abe Rosonom, er wird dir helfen.«
            »Oh«, sagte Regal verständnislos. Da sie nicht einmal ein eigenes Bankkonto besaß, schien ihr diese ganze Unterhaltung reichlich sinnlos. Später hätte sie immer noch Zeit genug, über solche Dinge nachzudenken.
            Erst als sie sich in ihr Zimmer zurückziehen durfte, fand sie Gelegenheit, ihre neuen Schätze in Augenschein zu nehmen. Sie stellte den Schmuckkasten einen Moment beiseite und studierte die Geburtsurkunde. Dort stand, daß sie am 22. März 1779 in Halifax geboren sei. Und daß ihr Vater der Ehrenwerte Basil Mulgrave sei. Sie starrte auf die fein geschwungenen Buchstaben. Da stand es schwarz auf weiß für jedermann zu lesen, ganz gleich, was ihr Großvater gesagt hatte. Es mußte stimmen, Großvater war verständlicherweise voreingenommen. Es war doch ganz offensichtlich, was passiert war: Polly war von diesem Mulgrave schwanger geworden, und er hatte sich geweigert, seinen Teil der Verantwortung dafür zu übernehmen. Nach den Klatschgeschichten, die die Dienerschaft sich erzählte, war das durchaus nichts Ungewöhnliches. Und warum auch nicht; wenn man als Mann nicht heiraten wollte, warum in aller Welt sollte man sich zwingen lassen?
            Für einen Moment war sie schockiert über diesen herzlosen Gedanken, doch man mußte schließlich immer beide Seiten sehen. Oder war das falsch? Schließlich war dieser Mann schuld am Tod ihrer Mutter.
            Sie sah wieder auf die Geburtsurkunde. Der ›Ehrenwerte‹. Ein englischer Titel – wie romantisch! Sie würde in die Bibliothek gehen und nachschlagen, was er bedeutete.
            Großmutter hatte ihr erzählt, Polly sei bei der Geburt gestorben. Aber wenn das stimmte, wäre Polly doch in Halifax gestorben. Und wie sollte dann das Baby – sie selbst – nach London gekommen sein? Warum hatten ihre Großeltern den Atlantik überqueren müssen, um sie zu holen? Was steckte dahinter?
            Sie ging zu Bett, nachdem sie den gesamten Schmuck anprobiert hatte, den ihre Großmutter ihr vermacht hatte. Sie lag wach und grübelte über diese Rätsel nach. In ihrem Kopf wirbelte alles durcheinander, was sie heute erfahren hatte. Sie war die Tochter eines englischen Gentleman, offenbar ein Mann von hoher Geburt und niederem Charakter.
             
            Großvater Hayes war felsenfest davon überzeugt, daß ihm nicht viel Zeit blieb, bis auch er vom lieben Gott abberufen würde, doch irgendwann wurde im Haus nur noch darüber gewitzelt. »Ich habe noch keinen gesünderen und kräftigeren Mann seines Alters gesehen«, meinte Mrs. Hobway. Jessie stimmte ihr zu. »Das ist kein Wunder. Schließlich wird er von drei Frauen umhegt.«
            Anfangs hatte es sie verärgert, daß Regal die Herrschaft über den Haushalt übertragen worden war, einem Kind ohne jegliche Erfahrung in diesen Dingen, doch als sie merkte, wie unglücklich Regal über das unfreiwillige
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher