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Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe)

Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe)

Titel: Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe)
Autoren: Emil Sommer
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Schrift geschrieben, daß noch Niemand es zu lesen vermocht hat. Wenn aber einst Jemand das Buch wird lesen können, so wird sich das Schloß aus dem Berge auf den Gipfel desselben heben, und die Jungfer wird erlöst sein und ihren Erlöser zum Herrn des Schlosses und zu ihrem Gemahl machen. Ein Amtmann las einst schon einige Seiten: da begann sich das Schloß alsbald im Berge zu rütteln, und ein Schäfer, der grade über den Berg ging, sah die Thurmspitze schon daraus hervorragen. Doch weil der Amtmann nicht weiter lesen konnte, sank das Schloß in den Berg zurück. Noch jetzt gehen Leute aus den benachbarten Dörfern in der Johannisnacht auf den Hausberg um der grünen Jungfer zu begegnen.

     

13. Die Jungfernklippe.
     

      Mündlich aus Mansfeld.

      Deutsche Sagen der Brüder Grimm 1,227.

     

    Als noch die alte Staufenburg in Thüringen stand, schaute die Tochter eines Burgherrn einst viele Jahre lang von einem Felsen am Wallgraben hinaus in die Weite, um zu sehen ob ihr Geliebter nicht aus der Fremde wiederkehre. Und weil sie so lange dort stand, drückte sich ihr Fuß in den Stein, und die Vertiefung ist noch zu sehen. Noch jetzt erscheint das Fräulein bisweilen mit goldenen Pantoffeln und mit langem, gelben Haar auf dem Felsen, welcher darum die Jungfernklippe genannt wird.

     

14. Die Jungfer auf dem Schloßberge bei Ohrdruf.
     

      Joh. Bernh. Heller Sonderbare Merkwürdigkeiten aus der berühmten Landgrafschaft Thüringen (Jena und Leipzig 1731). S. 459 f.

     

    Auf dem Schloßberge bei Ohrdruf, am Fuße des Thüringerwaldes, läßt sich manchmal eine Jungfer mit einem großen Schlüsselbunde sehen. Sie kommt um die zwölfte Stunde zu Mittag vom Berge herab, geht in das Thal zum Herlingsbrunnen, badet sich darin und steigt dann wieder den Berg hinauf.

     

15. Die erlöste Jungfrau.
     

      Mündlich aus Halle.

     

    In einem Dorfe nicht weit von Halle wurde das Dienstmädchen des Pfarrers bei Nacht aus dem Schlafe geweckt, und als sie aufblickte, sah sie eine lange, weiße Gestalt, welche ihr winkte. Das Mädchen aber hüllte sich tief ins Bett ein und erzählte am Morgen dem Pfarrer was sie gesehen hatte. Der schalt sie um ihres Aberglaubens willen und meinte, sie sollte, ehe sie einschliefe, hübsch beten, dann würde sie nicht so unruhige Träume haben. In der folgenden Nacht aber sah das Mädchen dieselbe weiße Gestalt, und diesmal sprach sie und bat das Mädchen aufzustehen und mitzugehen. Doch auch diesmal fürchtete sich die Magd. Wie sie aber dem Pfarrer am Morgen wieder von ihrem Gesicht erzählte, da sprach er »Wenn die Erscheinung zum dritten Male kommt, so steh auf und thu in Gottes Namen was sie verlangt .« Und wirklich kam die weiße Gestalt auch in der dritten Nacht, und die Magd stand auf und folgte ihr. Sie wurde in des Pfarrers Keller hinabgeführt und durch eine Thür, welche sie nie zuvor gesehen hatte, in andre Keller und durch lange Gewölbe hindurch. Die Gestalt schritt mit einer Kerze voran und blieb in einem kleinen Gemache stehen, an dessen Boden viele goldene und silberne Ketten, Ringe, Armspangen und andere Kleinode aufgehäuft lagen. Und die Gestalt sprach zu dem Mädchen »Sieh, dies Alles ist dein: nimm es auf und lebe glücklich damit .« Das Mädchen aber glaubte zu träumen und konnte sich an den Kostbarkeiten nicht satt sehen; doch wagte sie nichts anzurühren. Da gab ihr die Gestalt die Zipfel der Schürze in die Hand und schüttete ihr das Geschmeide in die Schürze. Das Mädchen hielt die Schürze in Gedanken fest, und als Nichts von all den Herrlichkeiten mehr am Boden lag, da trat eine schöne, prachtvoll gekleidete Jungfrau ins Gemach; die weinte vor Freude und rief »Nun sei Gott gelobt, nun bin ich erlöst.« Damit eilte sie auf das Mädchen zu und wollte es umarmen; doch erschrocken ließ das Mädchen die Schürzenzipfel los, die Kleinode rollten über den Boden, und plötzlich war Alles verschwunden, die Jungfrau sammt der Gestalt, das Gold und die Edelsteine; und das Mädchen tappte im Finstern umher, bis sie in der Ferne Etwas schimmern sah. Sie ging darauf zu und fand eine Treppe, die sie hinaufstieg. Und als sie sich nun umsah, stand sie an dem einen Ende des großen Kirchhofes, an dessen anderer Seite, wohl mehrere hundert Schritte davon, das Pfarrhaus stand. Sie ging schnell ins Haus und erzählte dem Pfarrer Alles, wie es gekommen war. Der Pfarrer schüttelte ungläubig den Kopf: da bemerkte er daß eine Perlenschnur an dem
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