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Sagen aus Schlesien

Sagen aus Schlesien

Titel: Sagen aus Schlesien
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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Berges. Immer wieder hört er den Ruf: »Gib mir auch eine Nebelkappe, daß ich kann nach Schwammelwitz zur Hochzeit gehen! Eine Nebelkappe, eine Nebelkappe!« Ei, denkt er, was ist denn das? Und der Hafer sticht ihn, daß er zum Loche hineinschreit: »Gib mir auch eine Nebelkappe, daß ich kann nach Schwammelwitz zur Hochzeit gehen! «
    Sofort reckt sich ein kleiner Arm zum Loch heraus, und eine Nebelkappe wird ihm gereicht. Die nimmt er, und da nun gerade an diesem Tage eine große Bauernhochzeit im Dorfe ist, setzt er die Kappe auf, geht ins Hochzeitshaus und setzt sich unter die vielen Gäste. Niemand sieht ihn, die Nebelkappe macht ihn ja unsichtbar.
    Aber jetzt staunt er: zwischen den Gästen, auf dem Tische, auf den Schüsselrändern, auf den Tunknäpfen sitzen die Fenixmänndel. Alle haben die Kappen auf wie er und essen und trinken tüchtig mit. Die Hochzeitgeher wundern sich schon, was an diesem Tage gar so viel gegessen und getrunken wird, es nimmt gar kein Ende mit Schüsseln und Krügen. Wenn eine neue Schüssel aufgetragen wird, da sitzen schon vier, fünf Fenixmänndel auf dem Rande. Eben kommt auch eine Schüssel bei dem Knecht an, eben will er in die Schüssel fassen, da faßt eins zur gleichen Zeit zu. Sie stoßen zusammen. Wütend schlägt es ihm die Kappe vom Kopfe, und er sitzt auf einmal da vor aller Blicken. Die Nachbarn schreien auf, und Bekannte rufen ihm zu: »Was willst du denn hier, Ignaz, du bist doch gar nicht eingeladen?«
    Da bleibt ihm nun nichts anderes übrig, als zu erklären, wie er hierher gekommen war. »Wenn ihr wüßtet«, fängt er an, »was ihr für eine Gesellschaft unter euch habt, ihr würdet euch noch ganz anders verwundern als über mich.« Und dann hat er das mit den Fenixmänndeln erzählt, so daß alle immer nur so zur Seite geschielt haben, aber niemand hat sie sehen können.

Die wiedergefundene Glocke von Glatz
    Vor vielen hundert Jahren gab es Krieg in Schlesien. Da vergruben die Bewohner von Glatz eine Kirchenglocke auf den Compturwiesen. Nach dem Krieg vergaß man sie.
    Auf diesen Wiesen hütete in späterer Zeit ein Hirt die Schweine. Als er eines Tages die Herde eintrieb, blieb, ohne daß er es beachtete, ein Schwein auf der Wiese zurück. Tags darauf führte der Hirt sein Borstenvieh auf den gleichen Weideplatz. Da bemerkte er, daß das zurückgebliebene Tier den Boden tief aufgewühlt hatte. In der dadurch entstandenen Vertiefung konnte man den oberen Teil einer Glocke erkennen. Nun erinnerte man sich an die seinerzeit vergrabene Glocke. Freudig gruben die Glatzer Bürger sie vollends aus und führten sie in die Stadt zurück. Aber kein anderes Zugtier als ein Stier vermochte den Wagen zu ziehen, der unter Jubel von der Bevölkerung empfangen wurde.
    Zur dankbaren Erinnerung an dieses freudige Begebnis hing man in der Pfarrkirche zu Glatz einen Ochsenkopf auf. Die Glocke aber sandte ihre Töne von nun an wieder von der Stelle ins Land, wo sie vor so vielen Jahren erklungen war.

Die Windsbraut
    Vor hundert Jahren gehörte das Haus Nr. 107 in Agnetendorf im Riesengebirge einem Manne namens Sommer, bei dem sich alljährlich stets um dieselbe Zeit ein schwarz und unheimlich aussehender, fast wie ein Geistlicher gekleideter Fremdling einstellte und Nachtquartier verlangte. Der Fremde gab sich für einen »Welschen aus Italien« aus und suchte den Sommer zu bereden, ihn zu begleiten, er wolle ihm mancherlei Schätze im Riesengebirge zeigen. Allein Sommer fürchtete sich vor ihm und ging nicht mit. Das eine Jahr blieb der Welsche aus, anstatt seiner aber erhob sich, wie Sommer beim Futtermachen gewahrte, das von einem Winde emporgewirbelte Heu in Form einer menschlichen Gestalt. Da schleuderte Sommer sein langes, scharfes Messer in den Wirbel, worauf die Gestalt, zugleich aber auch das Messer verschwanden.
    Drei Tage später tritt der Welsche, der jedoch etwas hinkt, wieder in Sommers Haus und redet ihm gütlich zu: er habe ihn nun ja schon öfters besucht, er möge doch nun auch einmal mit in seine, des Welschen, Heimat kommen, um zu sehen, wo und wie er wohne, und wie alles bei ihm eingerichtet sei. Da erwidert Sommer: »ja, ich will mit dir gehen, aber sehr weit kann ich nicht; ich bin schon zu alt.« Hierauf breitete der Welsche seinen Mantel aus, auf dem die beiden Platz nehmen. Der Mantel trägt sie alsbald durch die Lüfte bis zu einer großen, wunderschönen Stadt, zu einem prächtigen, sechsstöckigen Hause, dem Hause des Welschen. In fürstlich
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