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Sag niemals STIRB

Sag niemals STIRB

Titel: Sag niemals STIRB
Autoren: Tess Gerritsen
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America. Von Dads alten Kameraden. Ich würde sie eine verlässliche Quelle nennen.“
    Kistner antwortete nicht gleich. Er betrachtete sie so sorgfältig wie einen Schlachtplan. „Ich könnte einen solchen Befehl erteilt haben“, räumte er ein.
    „Soll das heißen, dass Sie sich nicht erinnern?“
    „Es soll heißen, dass ich nicht befugt bin, darüber zu sprechen. Es handelt sich um geheime Informationen. Was in Laos geschah, ist ein äußerst heikles Thema.“
    „Wir sprechen hier nicht über militärische Geheimnisse. Der Krieg ist seit fünfzehn Jahren vorbei!“
    Kistner schwieg, von ihrer Heftigkeit überrascht, die angesichts ihrer wenig beeindruckenden Größe besonders verblüffend war. Offenbar konnte Willy Maitland mit ihren einsfünfundfünfzig genauso raubeinig sein wie jeder Marine von einsachtzig, und sie scheute keinen Kampf. Von dem Moment an, als sie seine Veranda betreten hatte, die Schultern gestrafft, das Kinn starrsinnig hochgereckt, hatte er gewusst, dass man diese Frau nicht ignorieren konnte. Kistner unterschätzte Wild Bill Maitlands Tochter nicht.
    Er lenkte den Blick über die breite Veranda zu den schimmernden grünen Bergen. In einem verschnörkelten Käfig kreischte ein Makao protestierend.
    Endlich begann Kistner zu sprechen. „Flug 5078 startete in Vietniane mit drei Besatzungsmitgliedern – ihrem Vater, einem Frachtmann und einem Copiloten. Unterwegs schwenkten sie auf nordvietnamesisches Gebiet ab, wo sie vermutlich durch feindliches Feuer abgeschossen wurden. Nur der Frachtmann, Luis Valdez, konnte aussteigen. Er wurde sofort von den Nordvietnamesen gefangen genommen. Ihr Vater wurde nicht gefunden.“
    „Das bedeutet nicht, dass er tot ist. Valdez überlebte …“
    Sie schwiegen im Andenken an Valdez, der fünf Jahre Kriegsgefangenschaft überlebt hatte und bei seiner Rückkehr in die Zivilisation ein zerstörter Mann war. Luis Valdez war an einem Samstag heimgekommen und hatte sich am Sonntag erschossen.
    „Sie haben etwas ausgelassen, General“, sagte Willy. „Ich habe gehört, dass es einen Passagier gab …“
    „Oh ja“, antwortete Kistner blitzartig. „Das hatte ich vergessen.“
    „Wer war das?“
    Kistner zuckte die Schultern. „Ein Laote. Sein Name ist nicht wichtig.“
    „War er beim Geheimdienst?“
    „Diese Information, Miss Maitland, ist geheim.“ Er blickte weg. „Nach dem Absturz starteten wir eine Suche, aber das Bodenfeuer war äußerst heftig. Und es wurde klar, dass sich jeder Überlebende in Feindeshand befinden musste.“
    „Und Sie haben die Leute da gelassen.“
    „Wir halten nichts davon, Menschenleben wegzuwerfen. Und darauf wäre eine Rettungsaktion in jedem Fall hinausgelaufen.“
    Ja, sie verstand seine Überlegungen. Er war ein militärischer Taktiker, der sich keine Sentimentalität leistete. Selbst jetzt saß er kerzengerade auf seinem Stuhl, und seine Augen betrachteten ruhig die grünen Hügel, die sein Haus umringten, als wäre er ewig auf der Suche nach irgendeinem Feind.
    „Wir haben die Absturzstelle nicht gefunden“, fuhr er fort. „Dieser Dschungel kann alles verschlingen. Dieser ganze Nebel und der Rauch, der über den Tälern hängt. Die Bäume sind so dicht, dass kein Tageslicht bis zum Erdboden dringt. Aber Sie werden selbst bald dafür ein Gefühl bekommen. Wann reisen Sie nach Saigon ab?“
    „Morgen früh.“
    „Und die Vietnamesen sind einverstanden, über diese Sache zu sprechen?“
    „Ich habe ihnen nicht den Grund für mein Kommengenannt. Ich hatte Angst, dann kein Visum ausgehändigt zu bekommen.“
    „Ein kluger Schritt. Diese Leute mögen keine Konflikte. Was haben Sie ihnen denn gesagt?“
    „Dass ich eine schlichte, gewöhnliche Touristin bin.“ Sie schüttelte lachend den Kopf. „Ich befinde mich auf einer exklusiven Privattour. Sechs Städte in zwei Wochen.“
    „So muss man in Asien vorgehen. Man präsentiert kein Thema direkt. Man tänzelt drum herum.“ Er sah auf seine Uhr als deutliches Zeichen, dass die Unterhaltung zu Ende war.
    Sie standen auf und gaben sich die Hände.
    „Viel Glück, Miss Maitland“, sagte er und nickte zum Abschied. „Ich hoffe, Sie finden, wonach Sie suchen.“
    Er wandte sich ab und blickte zu den Bergen. Und da sah sie zum ersten Mal, dass winzige Schweißtropfen auf seiner Stirn wie Diamanten glitzerten.
    General Kistner beobachtete die Frau, die in Begleitung eines Dieners ins Haus ging. Er fühlte sich unbehaglich. Er erinnerte sich an Wild Bill
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