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Sag niemals STIRB

Sag niemals STIRB

Titel: Sag niemals STIRB
Autoren: Tess Gerritsen
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sich.
    Ihr Vater trug seinen Koffer ins Wohnzimmer. „Ich habe ein Taxi gerufen.“
    „Hast du alles? Das Kinderspielzeug? Die Bücher?“
    „Alles. Sie werden mich für den Weihnachtsmann halten.“
    „Du wirst nicht wiederkommen, nicht wahr, Dad?“, fragte sie.
    „Willy, du kannst mich mit Guy besuchen. Das nächste Mal wird es nett und ruhig und langweilig sein.“ Er lachte. „Guy wird das zu schätzen wissen.“
    Sie sprang auf. „Ach, Dad, es ist vorbei!“
    „Hat Guy das gesagt?“
    Sie blickte aus dem Fenster. „Das war nicht nötig.“
    Ihr Vater schwieg dazu. Nach einer Weile hörte sie ihn in sein Schlafzimmer gehen. Sie starrte weiterhinin den Regen und dachte an Guy. Fragte sich zum ersten Mal, ob vielleicht sie diejenige war, die weggelaufen war.
    Sie fühlte sich fast gegen ihren Willen zum Telefon gezogen. Sie wählte seine Nummer. Sie ließ es zwölfmal klingeln. Es war vier Uhr morgens in Honolulu. Er sollte zu Hause sein. Tränen standen in ihren Augen, als sie endlich auflegte.
    Bei dem Zischen von Reifen auf der nassen Straße blickte sie aus dem Fenster. Durch den strömenden Regen sah sie ein Taxi an den Straßenrand fahren.
    „Dad!“, rief sie. „Dein Taxi ist hier!“
    „Schon?“ Er sah sich noch einmal um. „Na schön, das war es dann wohl.“
    Es klingelte an der Tür. Willy sah nicht, wie er öffnete, aber sie hörte ihn sagen. „Ich glaube es nicht.“
    „Hallo, Maitland“, sagte Guy und schüttelte Regentropfen aus seinem Haar. „Haben Sie etwas dagegen, wenn ich reinkomme?“
    „Fragen Sie lieber den Boss.“ Maitland wandte sich an seine Tochter. „Was meinst du? Kann der Mann reinkommen?“
    Willy war zu benommen, um ein Wort herauszubekommen.
    „Schätze, das heißt ja“, sagte ihr Vater.
    Guy trat über die Schwelle und stellte seinen Koffer ab. Regen hatte sein Haar gegen seine Stirn geklebt, Erschöpfung zeichnete sein Gesicht, aber kein Mann hatte jemals so wunderbar ausgesehen.
    „Ich … äh … habe etwas vergessen“, murmelte Maitland und verschwand diskret im Schlafzimmer.
    Einen Moment war nur das Fallen der Wassertropfen von Guys Regenmantel auf den Holzfußboden zu hören.
    „Wie geht es deiner Mutter?“, fragte Guy.
    „Sie ist vor fünf Tagen gestorben.“
    Er schüttelte den Kopf. „Willy, es tut mir leid.“
    „Mir tut es auch leid.“
    „Wie geht es dir?“
    „Gut.“ Sie blickte weg. Ich liebe dich, dachte sie. „Ja, gut.“
    „Du siehst wirklich gut aus, wenn man bedenkt …“
    Sie zuckte die Schultern. „Du siehst schrecklich aus.“
    „Kein Wunder. Ich habe im Flugzeug kein Auge zugetan.“
    Wieder entstand eine Pause. Willy fühlte, wie er sie beobachtete und wartete.
    „Du hättest mich anrufen können“, sagte sie.
    „Ich wollte es.“
    „Aber du hast nie eine Gelegenheit gefunden, richtig?“
    „Ich hatte eine Menge Gelegenheiten.“
    „Aber du hast dir nicht die Mühe gemacht?“ Sie blickte hoch. Schmerz und Zorn kamen plötzlich an die Oberfläche. „Zwei Wochen ohne ein Wort von dir! Und dann hast du den Nerv, ohne Anmeldung durch diese Tür hereinzukommen und deinen verdammten Koffer in meinem Wohnzimmer …“
    Das letzte Wort erreichte ihre Lippen nicht. Aber Guy tat es. Sie wurde in eine regennasse Umarmung gezogen, und alles, was sie sagen wollte, aller Schmerz und aller Zorn wurden von diesem einen Kuss weggefegt. Sie brachte nur ein erstauntes Murmeln zustande, und dann wurde sie von einem wilden Strom des Verlangens mitgerissen. Sie wusste in diesem Moment nur, dass er sie nie wirklich verlassen hatte, dass er zeit ihres Lebens ein Teil von ihr sein würde. Selbst als er sich zurückzog, um sie anzusehen, war sie noch von seinem Geschmack berauscht.
    „Ich wollte dich anrufen, aber ich wusste nicht, was ich sagen sollte …“, murmelte Guy.
    „Ich habe auf deinen Anruf gewartet. Die ganze Zeit …“
    „Vielleicht hatte ich … ich weiß nicht … Angst.“
    „Wovor?“
    „Zu hören, dass es vorbei ist. Dass du entschieden hast, ich wäre nicht das Risiko wert. Aber nichts ist mehr wie früher ohne dich.“ Er seufzte.
    „Das hast du mir nie gesagt. Du bist einfach aus meinem Leben verschwunden.“
    „Es war nie der … der richtige Zeitpunkt.“
    „Der richtige Zeitpunkt wofür?“
    „Du weißt schon.“
    „Nein, ich weiß es nicht.“
    Er schüttelte gereizt den Kopf. „Du machst es einem nie leicht, nicht wahr?“
    Sie trat einen Schritt zurück und lächelte. „Das hatte ich auch nie
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