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Sag niemals nie

Sag niemals nie

Titel: Sag niemals nie
Autoren: Cecily von Ziegesar
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Haare und Akne, und
keine der Lehrerinnen trug Chanel-Kostüme. Mit anderen Worten: Jenny hasste die
Schule schon jetzt.
    Das Erste, was sie sahen, als
sie die aus biodynamisch gewachsener Natureiche geschnitzte Tür aufstießen, war
ein monumentales Peace-Zeichen aus Birkenborke. Es hing im Foyer von der Decke
und drehte sich in der leichten Brise, die durch ein Wasserrad am Fuß der
Treppe erzeugt wurde. Reinstes Quellwasser plätscherte eine aus halbierten
Bambusrohren zusammengesteckte Rinne die Treppe herunter und trieb das Rad an.
    »Das Wasserrad haben unsere
Oberstufenschüler letzten Winter gebaut«, erläuterte die Schulleiterin
Calliope Trask kurz darauf, als sie ihre Besichtigungstour begannen. »Im Januar
findet bei uns immer eine Projektwoche statt, während der die Schülerinnen und
Schüler keinen regulären Unterricht haben, sondern eigenhändig etwas Sinnvolles
erschaffen sollen. Im Jahr davor hatten wir in der Turnhalle einen kleinen
Hühnerhof mit zwanzig frei laufenden Hennen. Die haben so viele Eier gelegt,
dass wir sie verkaufen und von den Einnahmen neue Hanfmatten anschaffen
konnten, auf denen unsere Vorschüler jetzt ihren Mittagsschlaf machen!«
    Toll!
    Calliope Trask hatte langes
graues Haar, das ihr in einem geflochtenen Zopf bis zum Po hing, und trug ein
mit Naturfarben senfgelb gefärbtes ärmelloses Kleid von Eileen Fisher, das
ihre schwarz behaarten Achselhöhlen wunderbar zur Geltung brachte. Auch ihre
Beine waren komplett naturbelassen und zwischen den Riemen ihrer schlammbraunen
Leinenschuhe von Earth quollen schwarze Krisselhärchen hervor.
    »Du hast da ja eine ganz tolle
Sonnenbrille.« Calliope zeigte auf die riesige schimmernde Gucci-Brille, die
Jennys schwarz umrandete Augen verdeckte. »Aber weißt du, wir im >Sloan
Center für Aufgeweckte< finden Designerkleidung und modischen Schnickschnack
mit Logos gar nicht gut.«
    Noch bevor Jenny »Was soll die
Sch...?!« sagen konnte, hatte Rufus ihr die Brille schon abgenommen und in die
Tasche seiner grauen Sweatshirt-Kapuzenjacke gesteckt.
    »Viel besser!«, jubelte
Calliope. »Jetzt kann man auch dein hübsches Gesicht sehen.« Jenny starrte sie
hasserfüllt an.
    Während sie hinter Calliope und
ihrem Vater die Treppe hinauftrottete, war sie stark versucht, den beiden zu
empfehlen, die blöden Hanfmatten in der Pfeife zu rauchen, weil sie nämlich
nach Tschechien abhauen und in Zukunft bei ihrer egoistischen Rabenmutter
leben würde. Die Raves könnten eine Osteuropa-Tour machen, und sie könnte sich
dort auf dem Schwarzmarkt Gucci-Sachen kaufen, so viel sie wollte - und zwar
zum halben Preis.
    Inzwischen waren sie im ersten
Stock angelangt und Calliope öffnete die Tür zu einem Klassenraum. »In unseren
Lerngruppen, die wir hier >Meuten< nennen, arbeiten Schüler
verschiedener Altersgruppen zusammen. Jede Meute trägt den Namen einer bedrohten
Tierart von den Galapagos-Inseln. Jennifer, du würdest zur Meute der Dreizehn-
bis Fünfzehnjährigen kommen - den Riesenschildkröten. Ich zeige dir jetzt den
Raum, in dem sich die Riesenschildkröten zur heutigen Unterrichtseinheit treffen,
und dann überlasse ich dich der Obhut einer Schülerin, die dir alles erklären
kann.«
    Der Boden des Raums war mit
Sand bedeckt, die Wände mit Bambus verkleidet, und von der Decke hingen
Palmwedel. Auf einem großen selbst gemalten Schild an der Wand stand: »RAUCHEN VERBOTEN«.
    Jenny war zwar keine so
begeisterte Raucherin, hätte sich in diesem Moment aber unheimlich gern eine
Zigarette angesteckt. Da sie keine hatte, zog sie wenigstens ihre weiße
Miss-Sixty-Strickjacke aus, damit man das kleine grüne Lacoste-Krokodil sah,
das über ihren linken Busen in dem süßen pinkfarbenen Polo marschierte, das ihr
Lloyd Collins von den Raves geschenkt hatte. Sie war bereit, alles zu tun, nur
um keine Riesenschildkröte werden zu müssen.
    Ein dickliches Mädchen, das
eine Art primitiven Zie- genleder-Bikini anhatte, näherte sich ihnen. »Hakuna
ma- tata, Miss Calliope.«
    »Hakuna matata, Cherisse«,
begrüßte Calliope das Mädchen lächelnd. »Die Riesenschildkrötenmeute beschäftigt
sich diese Woche mit Namibia in Afrika«, erläuterte sie Jenny und Rufus, als
wäre damit alles erklärt. Jenny starrte die restlichen Riesenschildkröten an:
fünf moppelige Mädchen mit schiefen Zähnen und fettigen Haaren und drei dürre
verpickelte Jungs mit Brille - alle in Klamotten aus Ziegenleder, die
vielleicht sogar cool hätten aussehen können, wären
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