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Sag niemals nie

Sag niemals nie

Titel: Sag niemals nie
Autoren: Cecily von Ziegesar
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»Außer Atem«, einem extrem
coolen französischen Schwarz-weiß-Film, den sie vor ein paar Stunden im LK
Französisch angeschaut hatte. Die blonde Hauptdarstellerin hatte in jeder
Szene tres chic und fantastique ausgesehen und in allen Lebenslagen Lippenstift getragen. Alle im Film hatten
nichts anderes gemacht, als auf ihren Vespas herumzukurven, miteinander zu
schlafen, in Cafes rumzusitzen und zu rauchen und bei all dem natürlich immer
unschlagbar gut auszusehen. Aber wenn Blair jemals von der Warteliste runter
und nach Yale kommen wollte, musste sie ihren Top-Notendurchschnitt halten, weshalb
ihr nach dem Unterricht, den Hausaufgaben und dem nachmittäglichen Sex mit Nate
kaum mehr Zeit fürs Styling blieb. Ihre braunen Haare waren strähnig, ihre
Lippen von zu vielen Küssen und zu wenig Lipgloss aufgesprungen, und die
Augenbrauen hatte sie sich seit zwei Tagen nicht mehr gezupft. Was sie
allerdings nicht wirklich belastete. Ihr Sexleben war es absolut wert, ihm
etwas von der Zeit zu opfern, die sie normalerweise ihrer Körperpflege widmete.
Außerdem hatte sie irgendwo gelesen, dass eine Stunde Sex dreihundertsechzig
Kalorien verbrennt, also bitte. Vielleicht sah sie ein bisschen verlottert aus,
dafür war sie wenigstens schön dünn!
    Sie strich sich über die
Nasenwurzel und fühlte die Stoppeln zwischen den dunklen, elegant gebogenen
Augenbrauen. Na gut, ein ganz klein wenig belastete es sie vielleicht doch,
aber sie konnte ja jederzeit in ein Taxi hüpfen und zu Elizabeth Arden fahren,
um sich die Brauen machen zu lassen.
    Abgesehen von den Stoppeln war
Blair nie in ihrem Leben glücklicher gewesen. Seit sie sich vor zwei Wochen
endlich von Nate hatte entjungfern lassen, war sie eine ganz neue Frau
geworden. Die einzige Wolke, die ihren rosaroten Himmel verdüsterte, war die
ärgerliche Tatsache, dass sie in Yale immer noch auf der Warteliste stand. Wie
sollten sie und Nate sich auch weiterhin jeden Nachmittag zum Sex treffen,
wenn sie bald an der Georgetown University in Washington D.C. studieren musste
(der einzigen Uni, an der sie einen Platz bekommen hatte) und er meilenweit
entfernt in Yale oder an der Brown oder an einer der anderen tollen Elite-Unis,
die ihn ungerechtfertigterweise aufgenommen hatten? Nicht dass sie es ihm
missgönnte, aber es war nun mal Fakt, dass Nate bis zum Anschlag bekifft zum
College-Einstufungstest angetreten war, bloß Grundkurse belegt und mit knapper
Not einen Notendurchschnitt von gerade mal zwei geschafft hatte. Sie dagegen
war in jedem LK gewesen, den die Constance- Billard-Schule anbot, hatte im
Einstufungstest 1490 Punkte abgeräumt und einen Notendurchschnitt von fast 1,0.
    Na gut, vielleicht missgönnte
sie es ihm doch ein klitzekleines bisschen.
    »Wenn ich mich für zwei Jahre
freiwillig als Entwicklungshelferin verpflichte und Sickergruben schaufle und
hungernden Kindern in Rio oder sonst wo Brote schmiere, muss Yale mich doch aufnehmen,
oder?«, überlegte sie laut.
    Nate lächelte. Genau das war
es, was er an Blair so liebte. Sie war verwöhnt, aber faul war sie nicht. Sie
wusste sehr genau, was sie wollte, und weil sie fest daran glaubte, alles
bekommen zu können, wenn sie nur entschlossen genug darum kämpfte, gab sie
niemals auf.
    »Ich hab gehört, dass man sich
als Entwicklungshelfer leicht alle möglichen Krankheiten holt. Und außerdem
muss man die Landessprache sprechen.«
    »Dann mache ich eben
Entwicklungshilfe in Frankreich.« Blair blies Rauch an die Decke. »Oder in
einem französischsprachigen Land in Afrika.« Sie sah sich in einem von Dürre
geplagten afrikanischen Dorf mit den Eingeborenen reden - ein Tongefäß voll
frischer Ziegenmilch auf dem Kopf und in einem dieser wild gemusterten
Batikkaftane, die unheimlich sexy aussehen können, wenn man sie an den
richtigen Stellen knotet. Sie würde knackig braun sein und total sehnig und
muskulös von der anstrengenden Arbeit und den unaussprechlichen Durchfallerkrankungen.
Zu ihren Füßen würden sich die Dorfkinder um die
    Pralinen balgen, die sie extra
bei Godiva für sie bestellt hätte, während sie gütig auf sie herablächelte wie
Mutter Teresa, nur eben in schön und ohne Falten. Und bei ihrer Rückkehr in die
Heimat würde sie eine Auszeichnung als beste Entwicklungshelferin aller Zeiten
verliehen bekommen oder vielleicht sogar den Friedensnobelpreis. Sie wäre beim
Präsidenten zum Abendessen eingeladen, der ihr ein persönliches
Empfehlungsschreiben für Yale überreichen würde, und
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