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Saftschubse - Lies, A: Saftschubse

Saftschubse - Lies, A: Saftschubse

Titel: Saftschubse - Lies, A: Saftschubse
Autoren: Annette Lies
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gefüllt, sie ihm gereicht und jede Stunde ausgetauscht, was ihm die Reise sichtlich erleichtert hatte.
    Zwar war dem ein heftiger Streit mit einer Kollegin vorausgegangen, die mir sagte, falls die Flasche Risse bekäme, der Gast sich verbrühen und uns verklagen würde, würde sie gegen mich aussagen und ganz Unrecht hatte sie damit nicht, aber am Ende hatte ich mich entschieden, es trotz des Risikos zu tun, und der Gast war äußerst dankbar.
    Es war das kleine Quentchen Extra-Service, das man selber mitbestimmen und variieren kann.
    Nach einer halben Stunde Vorstellungsgespräch überreichte sie mir strahlend einen Aktenordner, den es zu lernen galt, meinen Termin für den dreitägigen Skyline First Skies-Zusatzlehrgang, in dem ich zu meiner abgeprüften Servicehaltung noch entscheidende Hard Facts lernen würde, wie zum Beispiel das Anrichten von Antwerpener Nuss-Nougat-Pralinés auf einem quadratischen Untersetzer aus Fine Bone China.
    Sie gratulierte mir herzlich: »Mir hat gut gefallen, auf welch kreative Weise sie sich des Kindes annehmen und mit ihm spielen.«
    Ich war ziemlich verblüfft und fragte, was, jenseits meiner naheliegenden Lösung, andere Flugbegleiter denn so mit Vierjährigen täten.
    Sie lachte. »Unter uns, die meisten schicken das lebhafte Kind zu den Kollegen in die Eco.«
    Drei Wochen nach diesem Termin ging ich auf meinen ersten Erster-Klasse-Flug und war nahezu wie elektrisiert. Der Adrenalinschub war auch bitter nötig, denn kaum dass wir einsteigen, beginnt für uns ein kaum zu bewältigender Countdown: In der First Class agieren wir zu zweit, das bedeutet, dass eine Kollegin die Küche übernimmt und die andere die Kabine.
    Die Küchenfee checkt das Catering und versorgt das verdurstende und verhungernde Cockpit, während die andere eine zweiseitige Checkliste abarbeitet und, nachdem sichergestellt ist, dass Feuerlöscher und Erste-Hilfe-Set an ihrem Platz sind, sich daranmacht, die Bar aufzubauen.
    Verhältnismäßig schnell hatte ich eine kleine Eisskulptur in Form von Kerosinchen geschnitzt, auf der später die Butterwürfel Platz finden würden. Dann prüfte ich, ob alles für die »Special Skies« vorhanden war. Eine besondere Aktion, die alle zwei Monate thematisch wechselt.
    Im Sommer gibt es aufwendige Eisbecher wie den »Boeing Split«, im Herbst meines ersten First-Class-Fluges gab es ein Whisky-Tasting, zu dem ich Short Bread reichen und dem Gast eine CD mit Dudelsackmusik aus dem schottischen Hochmoor einlegen musste.
    Wenige Stunden später verglich Herr Dr. Mertens, mittlerweile in Hochstimmung, den dritten Single Malt mit dem zweiten Pinnchen Bushmills. »Es kann nur eine geben!«, prostete er mir zu, und ich spürte die »Unternehmen Sie was«-Blicke der anderen sieben First-Class-Gäste auf jeder Faser meines Körpers.
    Doch unverhofft sackte Herr Dr. Mertens über Goose Bay gottlob in seinem Sitz zusammen und schnarchte, bis wir Los Angeles erreichten. Ich versuchte, wenigstens seinen Sitz in eine waagerechte Position zu fahren, auch, um seine Fernbedienung zum Runterpegeln der Dudelsackpfeifen zu erreichen. Vergebens. Sie hatte sich in seinen Hosenträgern verheddert. Frau Mertens vertiefte sich in die BUNTE , ungeachtet dessen, dass ich dabei quasi auf ihrem Mann lag, und ließ sich nicht daran hindern, ihm daraus vorzulesen. Immer wieder tätschelte sie ihm über den Gang hinweg den Arm, ganz ohne hinzusehen, und merkte laut an:
    »Ach kumma, Rüdiger, datt siehse der Berben aber au nich an, datt die über vierzich is … Hömma, da muss sich der Matthäus nich wundern, wenna ’ne Schülerin heiratet und die dann mit zwanzich ’nen janz andern doll findet … Ach, is die Schöneberger jetzt verheiratet?«
    Die Küchenfee warf mir einen mahnenden Blick durch den Vorhang zu und legte den Zeigefinger an die Lippen.
    Ich zuckte verzweifelt die Schultern, deckte Herrn Dr. Mertens mit dunkelblauer Bettwäsche zu so gut es ging und flüsterte nahe an Frau Mertens Ohr, ob sie noch etwas bräuchte. In der Hoffnung, dass sich ihre Stimmlage meiner anpasste. Doch sie winkte nur ab, während sie weiterhin gut hörbar einen Artikel über den in wäldlicher Abgeschiedenheit lebenden Sascha Hehn studierte.
    Zurück in der Küche seufzte meine Kollegin, sie habe seit vier Stunden nicht einen Schluck getrunken, weil das Cockpit noch immer nicht mit dem Braunton des von ihr servierten Milchkaffees zufrieden sei. Ich ermunterte sie, doch jetzt das Versäumte nachzuholen, als auch
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