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Saftschubse - Lies, A: Saftschubse

Saftschubse - Lies, A: Saftschubse

Titel: Saftschubse - Lies, A: Saftschubse
Autoren: Annette Lies
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Stimme einen Klang verleihen, die diesen Rückschluss ohne weiteres zulässt: Eine sehr gelungene C-Dur-Mischung aus Philadelphia-Wolke-Bewohnerin und der deutschen Synchronstimme von Michelle Pfeiffer.
    Erst habe ich erwogen, mich ganz locker nur mit Vornamen zu melden, so wie die amerikanischen Geschäftspartner des Milky-Way-Mannes, die nur aus » Jeffs und Cassandras from Marketing « bestehen. Doch dann erschien mir das zu unseriös und nur der Nachname wiederum zu distanziert.
    Leider lässt ein so kurzes Wort wie »Loos« auch keinerlei Spielraum, damit ich meine grenzenlose Freundlichkeit in die Intonation legen kann, was für eine Stelle als Stewardess ja wohl ziemlich entscheidend ist. Und bedauerlicherweise kann ich auch noch kein klangvolles »Willkommen an Bord von Skyline – was möchten Sie gerne trinken?« hinzufügen.
    Also habe ich mich für die Nennung meines vollen Namens entschieden: Charlotte Madeleine Loos . Und damit mir das flüssig über die Lippen geht, habe ich es bei jeder Gelegenheit geübt, zum Beispiel an der Supermarktkasse: »Macht 39,95«. »Hallo, Charlotte Madeleine Loos – 39,95 sagten Sie? Kommt sofort!«
    Es klingelt. Pünktlich auf die Minute. In der Luftfahrt ist es offenbar Standard, Termine so minuziös einzuhalten wie Abflugzeiten.
    Mit einer eleganten Handbewegung meiner ebenfalls thematisch passend in »tomato-juice-red« lackierten Nägel nehme ich ab. »Charlotte Madeleine Loos«, flöte ich nervös und klinge dabei, als begrüßte ich ankommende Touristen auf Hawaii, nämlich »Charloleilo«, oder so ähnlich.
    Eine Männerstimme am anderen Ende lacht sympathisch und stellt sich souverän als »Erich Wildberger von Skyline« vor.
    Ich atme tief ein, konzentriere mich auf den melodiösen Gleichklang meiner oberen Stimmpartituren, und wir plaudern über den Eingang meiner Bewerbung, die Farbe meines ehemaligen Fernlenkdrachens und das Wetter in Norddeutschland, im Vergleich zu Offenbach am Main, wo Erich in einem Callcenter sitzt.
    »So, Frau Loos. Dann starten wir mal das Interview.«
    Moment, hat er bis hierhin etwa nur Smalltalk gemacht, um mir die Nervosität zu nehmen?! Leider habe ich meinen Kehlkopf in den ersten Minuten unserer Konversation schon derart beansprucht, dass ich keine Kapazität für weitere Ton-Eskapaden besitze und unvermittelt in ein sehr dunkles A-Moll wechsele.
    »Alles in Ordnung, Frau Loos?«
    »Frosch im Hals«, quake ich verhalten.
    »Sie sind ja bereits einige Jahre in der Werbung tätig«, eröffnet er. »Warum glauben Sie denn jetzt, Sie wären eine Bereicherung für Skyline?«
    Ach, du meine Güte! Was Lobeshymnen auf mich selbst angeht, bin ich sonst eher zurückhaltend. Außerdem soll ja Skyline eher eine Bereicherung für mich sein als umgekehrt.
    In dem Moment steckt Julian seinen Kopf zur Tür herein.
    Mit einer wedelnden Geste winke ich ihn hinaus, als vertriebe ich eine Killerbiene, und antworte parallel Erich:
    »Ich arbeite gerne mit Menschen!«
    Leider lässt er sich von dieser Phrase nicht so einfach blenden und hakt freundlich nach: »Inwiefern?«
    »Nun ja, mein jetziger Job ist eher eine introvertierte Arbeit, bei der man viel am Schreibtisch sitzt – ich vermisse Kundenkontakt.« In Wahrheit versuche ich diesen zu vermeiden, seit eine sehr undankbare Konzernleitung meine innovativen Ideen als »zu aggressiv« abgetan hatte. Damals fand ich, man könnte die Tiefpreise eines Billigfliegers auf der Reeperbahn durchaus mit folgender Headline bewerben: Rein, raus ab 20 Euro. Rauf, runter schon ab 19 Euro. Germaniawings.
    Zur Vermeidung dieser bürgerkriegsähnlichen Begegnungen gibt es seither den »Kontakt«, der den Wunsch des Kunden schriftlich formuliert und mir schön anonym auf den Schreibtisch legt. Da steht dann beispielsweise, der Kunde wünsche sich für seine Inkontinenzunterlagen »genauso eine lustige Werbung wie bei Sixt« oder mehr »Out-of-the-box-thinking« für seine Umzugskartons.
    »Können Sie sich denn auch negative Seiten am Beruf der Flugbegleiterin vorstellen?« Erich macht sich hörbar Notizen.
    Kann ich nicht. In einer superschicken Uniform wie in der Drei-Wetter-Taft-Werbung nonstop von München nach Paris, London oder Mailand zu jetten – was soll daran negativ sein? Außer, dass die Frisur beim Aussteigen dann doch nicht hält, wenn ein A380 vorbeirollt.
    Natürlich ist mir aber bewusst, dass eine derart eintönige Sicht bei Erich sicher nicht gut ankommt, und so sage ich vorsichtshalber: »Na
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