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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke
Autoren: Heinrich Heine
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gespannt –
    Sieh da! mein eignes Lieb ich fand.
    Das war mein Täubchen, meine Braut,
    Ein fremder Mann umarmt sie traut –
    Nun, alter Schütze, treffe gut!
    Da lag der fremde Mann im Blut.
    Bald drauf ein Zug mit Henkersfron –
    Ich selbst dabei als Hauptperson –
    Den Wald durchzog. Vom Baum herab
    Der Rabe rief: ›Kopf – ab! Kopf – ab!‹«
    Da lachten die Geister im lustigen Chor;
    Da trat der Spielmann selber hervor:
    »Ich hab mal ein Liedchen gesungen,
    Das schöne Lied ist aus;
    Wenn das Herz im Leibe zersprungen,
    Dann gehen die Lieder nach Haus!«
    Und das tolle Gelächter sich doppelt erhebt,
    Und die bleiche Schar im Kreise schwebt.
    Da scholl vom Kirchturm »Eins« herab,
    Da stürzten die Geister sich heulend ins Grab.
9.
    Ich lag und schlief, und schlief recht mild,
    Verscheucht war Gram und Leid;
    Da kam zu mir ein Traumgebild’,
    Die allerschönste Maid.
    Sie war wie Marmelstein so bleich,
    Und heimlich wunderbar;
    Im Auge schwamm es perlengleich,
    Gar seltsam wallt’ ihr Haar.
    Und leise, leise sich bewegt
    Die marmorblasse Maid,
    Und an mein Herz sich niederlegt
    Die marmorblasse Maid.
    Wie bebt und pocht vor Weh und Lust
    Mein Herz, und brennet heiß!
    Nicht bebt, nicht pocht der Schönen Brust,
    Die ist so kalt wie Eis.
    »Nicht bebt, nicht pocht wohl meine Brust,
    Die ist wie Eis so kalt;
    Doch kenn auch ich der Liebe Lust,
    Der Liebe Allgewalt.
    Mir blüht kein Rot auf Mund und Wang’,
    Mein Herz duchströmt kein Blut;
    Doch sträube dich nicht schaudernd bang,
    Ich bin dir hold und gut.«
    Und wilder noch umschlang sie mich,
    Und tat mir fast ein Leid;
    Da kräht der Hahn – und stumm entwich
    Die marmorblasse Maid.
    10.
    Da hab ich viel blasse Leichen
    Beschworen mit Wortesmacht;
    Die wollen nun nicht mehr weichen
    Zurück in die alte Nacht.
    Das zähmende Sprüchlein vom Meister
    Vergaß ich vor Schauer und Graus;
    Nun ziehn die eignen Geister
    Mich selber ins neblichte Haus.
    Laßt ab, ihr finstern Dämonen!
    Laßt ab, und drängt mich nicht!
    Noch manche Freude mag wohnen
    Hier oben im Rosenlicht.
    Ich muß ja immer streben
    Nach der Blume wunderhold;
    Was bedeutet’ mein ganzes Leben,
    Wenn ich sie nicht lieben sollt?
    Ich möcht sie nur einmal umfangen
    Und pressen ans glühende Herz!
    Nur einmal auf Lippen und Wangen
    Küssen den seligsten Schmerz!
    Nur einmal aus ihrem Munde
    Möcht ich hören ein liebendes Wort –
    Alsdann wollt ich folgen zur Stunde
    Euch, Geister, zum finsteren Ort.
    Die Geister haben’s vernommen,
    Und nicken schauerlich.
    Feins Liebchen, nun bin ich gekommen;
    Feins Liebchen, liebst du mich?
Lieder
    ~
    1. Morgens steh ich auf und frage
    2. Es treibt mich hin, es treibt mich her!
    3. Ich wandelte unter den Bäumen
    4. Lieb Liebchen, leg’s Händchen aufs Herze mein
    5. Schöne Wiege meiner Leiden
    6. Warte, warte, wilder Schiffsmann
    7. Berg’ und Burgen schaun herunter
    8. Anfangs wollt ich fast verzagen
    9. Mit Rosen, Zypressen und Flittergold
    ~
    1.
    Morgens steh ich auf und frage:
    Kommt feins Liebchen heut?
    Abends sink ich hin und klage:
    Aus blieb sie auch heut.
    In der Nacht mit meinem Kummer
    Lieg ich schlaflos, wach;
    Träumend, wie im halben Schlummer,
    Wandle ich bei Tag.
    2.
    Es treibt mich hin, es treibt mich her!
    Noch wenige Stunden, dann soll ich sie schauen,
    Sie selber, die schönste der schönen Jungfrauen; –
    Du treues Herz, was pochst du so schwer!
    Die Stunden sind aber ein faules Volk!
    Schleppen sich behaglich träge,
    Schleichen gähnend ihre Wege; –
    Tummle dich, du faules Volk!
    Tobende Eile mich treibend erfaßt!
    Aber wohl niemals liebten die Horen; –
    Heimlich im grausamen Bunde verschworen,
    Spotten sie tückisch der Liebenden Hast.
    3.
    Ich wandelte unter den Bäumen
    Mit meinem Gram allein;
    Da kam das alte Träumen,
    Und schlich mir ins Herz hinein.
    Wer hat euch dies Wörtlein gelehret,
    Ihr Vöglein in luftiger Höh’?
    Schweigt still! wenn mein Herz es höret,
    Dann tut es noch einmal so weh.
    »Es kam ein Jungfräulein gegangen,
    Die sang es immerfort,
    Da haben wir Vöglein gefangen
    Das hübsche, goldne Wort.«
    Das sollt ihr mir nicht mehr erzählen,
    Ihr Vöglein wunderschlau;
    Ihr wollt meinen Kummer mir stehlen,
    Ich aber niemanden trau.
    4.
    Lieb Liebchen, leg’s Händchen aufs Herze mein; –
    Ach, hörst du, wie’s pochet im Kämmerlein?
    Da hauset ein Zimmermann schlimm und arg,
    Der zimmert mir einen Totensarg.
    Es hämmert und klopfet bei Tag und bei Nacht.
    Es hat mich schon längst um
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