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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke
Autoren: Heinrich Heine
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gnädige Herrschaft meldet sich an,
    Gleich kommt sie gefahren im Drachengespann.«
    Du lieb grau Männchen, was ist dein Begehr?
    Mein toter Magister, was treibt dich her?
    Er schaut mich mit schweigend trübseligem Blick,
    Und schüttelt das Haupt, und wandelt zurück.
    Was winselt und wedelt der zott’ge Gesell?
    Was glimmert schwarz Katers Auge so hell?
    Was heulen die Weiber mit fliegendem Haar?
    Was lullt mir Frau Amme mein Wiegenlied gar?
    Frau Amme, bleib heut mit dem Singsang zu Haus,
    Das Eiapopeia ist lange schon aus;
    Ich feire ja heute mein Hochzeitsfest –
    Da schau mal, dort kommen schon zierliche Gäst’.
    Da schau mal! Ihr Herren, das nenn ich galant!
    Ihr tragt, statt der Hüte, die Köpf’ in der Hand!
    Ihr Zappelbeinleutchen im Galgenornat,
    Der Wind ist still, was kommt ihr so spat?
    Da kommt auch alt Besenstielmütterchen schon,
    Ach, segne mich, Mütterchen, bin ja dein Sohn.
    Da zittert der Mund im weißen Gesicht:
    »In Ewigkeit, Amen!« das Mütterchen spricht.
    Zwölf winddürre Musiker schlendern herein;
    Blind Fiedelweib holpert wohl hintendrein.
    Da schleppt der Hanswurst, in buntscheckiger Jack’,
    Den Totengräber huckepack.
    Es tanzen zwölf Klosterjungfrauen herein;
    Die schielende Kupplerin führet den Reihn.
    Es folgen zwölf lüsterne Pfäffelein schon,
    Und pfeifen ein Schandlied im Kirchenton.
    Herr Trödler, o schrei dir nicht blau das Gesicht,
    Im Fegfeuer nützt mir dein Pelzröckel nicht;
    Dort heizet man gratis jahraus, jahrein,
    Statt mit Holz, mit Fürsten- und Bettlergebein.
    Die Blumenmädchen sind bucklicht und krumm,
    Und purzeln kopfüber im Zimmer herum.
    Ihr Eulengesichter mit Heuschreckenbein,
    Hei! Laßt mir das Rippengeklapper nur sein!
    Die sämtliche Höll’ ist los fürwahr,
    Und lärmet und schwärmet in wachsender Schar.
    Sogar der Verdammniswalzer erschallt –
    Still, still! nun kommt mein feins Liebchen auch bald.
    Gesindel, sei still, oder trolle dich fort!
    Ich höre kaum selber mein leibliches Wort –
    Ei, rasselt nicht eben ein Wagen vor?
    Frau Köchin! wo bist du? Schnell öffne das Tor! –
    Willkommen, feins Liebchen, wie geht’s dir, mein Schatz?
    Willkommen, Herr Pastor, ach, nehmen Sie Platz!
    Herr Pastor mit Pferdefuß und Schwanz,
    Ich bin Eu’r Ehrwürden Diensteigener ganz!
    Lieb Bräutchen, was stehst du so stumm und bleich?
    Der Herr Pastor schreitet zur Trauung sogleich;
    Wohl zahl ich ihm teure, blutteure Gebühr,
    Doch dich zu besitzen, gilt’s Kinderspiel mir.
    Knie nieder, süß Bräutchen, knie hin mir zur Seit’! –
    Da kniet sie, da sinkt sie – o selige Freud’!
    Sie sinkt mir ans Herz, an die schwellende Brust,
    Ich halt sie umschlungen mit schauernder Lust.
    Die Goldlockenwellen umspielen uns beid’:
    An mein Herze pocht das Herze der Maid.
    Sie pochen wohl beide vor Lust und vor Weh,
    Und schweben hinauf in die Himmelshöh’.
    Die Herzlein schwimmen im Freudensee,
    Dort oben in Gottes heil’ger Höh’;
    Doch auf den Häuptern, wie Grausen und Brand,
    Da hat die Hölle gelegt die Hand.
    Das ist der finstre Sohn der Nacht,
    Der hier den segnenden Priester macht;
    Er murmelt die Formel aus blutigem Buch,
    Sein Beten ist Lästern, sein Segnen ist Fluch.
    Und es krächzet und zischet und heulet toll,
    Wie Wogengebrause, wie Donnergeroll; –
    Da blitzet auf einmal ein bläuliches Licht –
    »In Ewigkeit, Amen!« das Mütterchen spricht.
8.
    Ich kam von meiner Herrin Haus
    Und wandelt in Wahnsinn und Mitternachtsgraus.
    Und wie ich am Kirchhof vorübergehn will,
    Da winken die Gräber ernst und still.
    Da winkt’s von des Spielmanns Leichenstein;
    Da war der flimmernde Mondesschein.
    Da lispelt’s: »Lieb Bruder, ich komme gleich!«
    Da steigt’s aus dem Grabe nebelbleich.
    Der Spielmann war’s, der entstiegen jetzt,
    Und hoch auf den Leichenstein sich setzt.
    In die Saiten der Zither greift er schnell,
    Und singt dabei recht hohl und grell:
    »Ei! kennt ihr noch das alte Lied,
    Das einst so wild die Brust durchglüht,
    Ihr Saiten dumpf und trübe?
    Die Engel, die nennen es Himmelsfreud’,
    Die Teufel, die nennen es Höllenleid,
    Die Menschen, die nennen es: Liebe!«
    Kaum tönte des letzten Wortes Schall,
    Da taten sich auf die Gräber all;
    Viel Luftgestalten dringen hervor,
    Umschweben den Spielmann und schrillen im Chor:
    »Liebe! Liebe! deine Macht
    Hat uns hier zu Bett gebracht
    Und die Augen zugemacht –
    Ei, was rufst du in der Nacht?«
    So heult es verworren, und ächzet und girrt,
    Und brauset und
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